Der Vorwurf seiner Arbeit betrift nicht solche Sa- chen, welche eigentlich zur Gelehrsamkeit gehören; Denn diese hat vornemlich mit der Ausbesserung der Seele, des Verstandes, des Willens etc. zu thun. Dahingegen er hier vielmehr auf die Ausbesserung des Leibes seine Ab- sicht gerichtet. Es wird wol niemand zweifeln, ob diese Beschäftigung nützlich und nöthig seyn, und ob unser Leib einer Pflege, ihn geschickter zu machen, bedürfe. Die alltägliche Erfahrung zeiget uns ja, wie wenig Men- schen gefunden werden, die, ob sie zwar gesunde und wohlgebildete Gliedmassen haben, eine zierliche und zu dieser und jener Verrichtung geschickte Leibes-Stellung von sich blicken lassen, wofern sie nicht durch Kunst und Unterweisung gehörig darzu vorbereitet worden. We- gen dieser natürlichen allgemeinen Plumpheit und Un- geschicklichkeit des menschlichen Leibes haben schon in den alleraltesten Zeiten fast alle Völcker, wie die Geschichte bezeugen, mit ihrer Jugend gewisse besondere Leibes-Ui- bungen vorgenommen. Der alten Griechen ihre 5 Ar- ten solcher Uibungen sind bekannt genug, nemlich das Lauffen, Springen, Tellerwerfen, Spießwerfen und Rin- gen. Von den alten Deutschen sagt Tacitus de M. G. c. XXIV: "Sie haben unter ihnen bey allen Versammlun- "gen nur einerley Art der Schauspiele. Junge Leute, "die das Spiel treiben, springen nacket herum, zwischen "ausgereckten Spiessen und Schwerdtern. Die Uibung "hat ihnen eine Geschicklichkeit, und diese einen Wohlstand "erworben; wiewol sie es nicht um Gewinns oder Lohns "willen gebrauchen, wo sie nicht dieses für eine Beloh- "nung ihres verwegenen Kitzels achten, daß sie die Zu- "schauer belustiget." Aus eben der Ursache sind die bey uns gewöhnlichen Leibes-Uibungen eingeführet worden, daß sie den Menschen nicht allein ansehnlich, und seine von Natur plumpe und gleichsam höltzerne Gliedmassen fertig, belebt und geschicklich machen, sondern auch die Gesundheit befördern und erhalten, und die Kräfte ver-
meh-
Vorrede.
Der Vorwurf ſeiner Arbeit betrift nicht ſolche Sa- chen, welche eigentlich zur Gelehrſamkeit gehoͤren; Denn dieſe hat vornemlich mit der Ausbeſſerung der Seele, des Verſtandes, des Willens ꝛc. zu thun. Dahingegen er hier vielmehr auf die Ausbeſſerung des Leibes ſeine Ab- ſicht gerichtet. Es wird wol niemand zweifeln, ob dieſe Beſchaͤftigung nuͤtzlich und noͤthig ſeyn, und ob unſer Leib einer Pflege, ihn geſchickter zu machen, beduͤrfe. Die alltaͤgliche Erfahrung zeiget uns ja, wie wenig Men- ſchen gefunden werden, die, ob ſie zwar geſunde und wohlgebildete Gliedmaſſen haben, eine zierliche und zu dieſer und jener Verrichtung geſchickte Leibes-Stellung von ſich blicken laſſen, wofern ſie nicht durch Kunſt und Unterweiſung gehoͤrig darzu vorbereitet worden. We- gen dieſer natuͤrlichen allgemeinen Plumpheit und Un- geſchicklichkeit des menſchlichen Leibes haben ſchon in den alleralteſten Zeiten faſt alle Voͤlcker, wie die Geſchichte bezeugen, mit ihrer Jugend gewiſſe beſondere Leibes-Ui- bungen vorgenommen. Der alten Griechen ihre 5 Ar- ten ſolcher Uibungen ſind bekannt genug, nemlich das Lauffen, Springen, Tellerwerfen, Spießwerfen und Rin- gen. Von den alten Deutſchen ſagt Tacitus de M. G. c. XXIV: “Sie haben unter ihnen bey allen Verſammlun- „gen nur einerley Art der Schauſpiele. Junge Leute, „die das Spiel treiben, ſpringen nacket herum, zwiſchen „ausgereckten Spieſſen und Schwerdtern. Die Uibung „hat ihnen eine Geſchicklichkeit, und dieſe einen Wohlſtand „erworben; wiewol ſie es nicht um Gewinns oder Lohns „willen gebrauchen, wo ſie nicht dieſes fuͤr eine Beloh- „nung ihres verwegenen Kitzels achten, daß ſie die Zu- „ſchauer beluſtiget.„ Aus eben der Urſache ſind die bey uns gewoͤhnlichen Leibes-Uibungen eingefuͤhret worden, daß ſie den Menſchen nicht allein anſehnlich, und ſeine von Natur plumpe und gleichſam hoͤltzerne Gliedmaſſen fertig, belebt und geſchicklich machen, ſondern auch die Geſundheit befoͤrdern und erhalten, und die Kraͤfte ver-
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[0018]
Vorrede.
Der Vorwurf ſeiner Arbeit betrift nicht ſolche Sa-
chen, welche eigentlich zur Gelehrſamkeit gehoͤren; Denn
dieſe hat vornemlich mit der Ausbeſſerung der Seele, des
Verſtandes, des Willens ꝛc. zu thun. Dahingegen er
hier vielmehr auf die Ausbeſſerung des Leibes ſeine Ab-
ſicht gerichtet. Es wird wol niemand zweifeln, ob dieſe
Beſchaͤftigung nuͤtzlich und noͤthig ſeyn, und ob unſer
Leib einer Pflege, ihn geſchickter zu machen, beduͤrfe. Die
alltaͤgliche Erfahrung zeiget uns ja, wie wenig Men-
ſchen gefunden werden, die, ob ſie zwar geſunde und
wohlgebildete Gliedmaſſen haben, eine zierliche und zu
dieſer und jener Verrichtung geſchickte Leibes-Stellung
von ſich blicken laſſen, wofern ſie nicht durch Kunſt und
Unterweiſung gehoͤrig darzu vorbereitet worden. We-
gen dieſer natuͤrlichen allgemeinen Plumpheit und Un-
geſchicklichkeit des menſchlichen Leibes haben ſchon in den
alleralteſten Zeiten faſt alle Voͤlcker, wie die Geſchichte
bezeugen, mit ihrer Jugend gewiſſe beſondere Leibes-Ui-
bungen vorgenommen. Der alten Griechen ihre 5 Ar-
ten ſolcher Uibungen ſind bekannt genug, nemlich das
Lauffen, Springen, Tellerwerfen, Spießwerfen und Rin-
gen. Von den alten Deutſchen ſagt Tacitus de M. G. c.
XXIV: “Sie haben unter ihnen bey allen Verſammlun-
„gen nur einerley Art der Schauſpiele. Junge Leute,
„die das Spiel treiben, ſpringen nacket herum, zwiſchen
„ausgereckten Spieſſen und Schwerdtern. Die Uibung
„hat ihnen eine Geſchicklichkeit, und dieſe einen Wohlſtand
„erworben; wiewol ſie es nicht um Gewinns oder Lohns
„willen gebrauchen, wo ſie nicht dieſes fuͤr eine Beloh-
„nung ihres verwegenen Kitzels achten, daß ſie die Zu-
„ſchauer beluſtiget.„ Aus eben der Urſache ſind die bey
uns gewoͤhnlichen Leibes-Uibungen eingefuͤhret worden,
daß ſie den Menſchen nicht allein anſehnlich, und ſeine
von Natur plumpe und gleichſam hoͤltzerne Gliedmaſſen
fertig, belebt und geſchicklich machen, ſondern auch die
Geſundheit befoͤrdern und erhalten, und die Kraͤfte ver-
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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/18>, abgerufen am 21.11.2024.
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