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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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Vorrede.
mehren sollen. Daher hat jener kluge Jtaliener, wie
Chytraeus in Deliciis Europae p. 65 meldet, in einer Gar-
ten-Mauer zu Neapolis nicht unbillig einhauen lassen:
Die Uibung des Leibes ist des menschlichen Lebens Er-"
haltung: eine Vermehrung der natürlichen Wärme:"
eine Aufmunterung des faulen und schläfrigen Gemüths:"
der natürlichen Kräfte Verstärckung: aller überflüßi-"
gen bösen Feuchtigkeiten Verzehrung: ein Feind des"
Müßigganges: ein Gewinn der Zeit: der Jugend"
Gebühr, und des Alters Freude. Derowegen nur"
allein derjenige die Exercitia verachtet, der sowol der Ge-"
sundheit des Leibes, als des Gemüths, ermangeln will."
Verdienen die Exercitia ein so herrliches Lob, so hat der
Verfasser seine Zeit nicht übel angewendet in Verferti-
gung eines Exercitien-Lexici. Und da er seine Absicht
auf die Ritter, das ist, diejenigen gerichtet, welchen die Ge-
burt vor dem bürgerlichen Stande einen Vorzug verlie-
hen hat, zu hohen und wichtigen Aemtern und Bedie-
nungen sowol im Kriege als bey Hofe zu gelangen; so
nennet er sein Buch ein Ritter-Exercitien-Lexicon.

Exercitia equestria sind diejenigen Uibungen, welche
auf Ritter-Academien gelehrt und getrieben werden. Mit
dem Tantzen wird der Anfang billig gemacht, weil es
nicht so schwer und arbeitsam, als die andern, und solches
auch bey zarter Jugend kan geübet werden; ferner weil
es die Gliedmassen zu allen andern schweren Uibungen,
als Fechten, Reiten, zubereitet, und fertig und geschickt
macht; und endlich weil sie eine äusserliche Sitten-Lehre
ist, und nebst der zierlichen Leibes-Stellung zu einer ge-
fälligmachenden Aufführung anweiset. Weil nun die
Music die Seele des Tantzens ist, so findet selbige auch
hier ihren Platz. Die Fecht-Kunst machet die Bosheit
der Menschen nothwendig. Denn sie weiset an, wie
man den Degen geschickt führen, und die sich an uns
nöthigenden Feinde abtreiben solle, daß sie uns nicht scha-
den. Die Reit-Kunst, welche lehret, wie man zierlich

und

Vorrede.
mehren ſollen. Daher hat jener kluge Jtaliener, wie
Chytræus in Deliciis Europæ p. 65 meldet, in einer Gar-
ten-Mauer zu Neapolis nicht unbillig einhauen laſſen:
Die Uibung des Leibes iſt des menſchlichen Lebens Er-„
haltung: eine Vermehrung der natuͤrlichen Waͤrme:„
eine Aufmunterung des faulen und ſchlaͤfrigen Gemuͤths:„
der natuͤrlichen Kraͤfte Verſtaͤrckung: aller uͤberfluͤßi-„
gen boͤſen Feuchtigkeiten Verzehrung: ein Feind des„
Muͤßigganges: ein Gewinn der Zeit: der Jugend„
Gebuͤhr, und des Alters Freude. Derowegen nur„
allein derjenige die Exercitia verachtet, der ſowol der Ge-„
ſundheit des Leibes, als des Gemuͤths, ermangeln will.„
Verdienen die Exercitia ein ſo herrliches Lob, ſo hat der
Verfaſſer ſeine Zeit nicht uͤbel angewendet in Verferti-
gung eines Exercitien-Lexici. Und da er ſeine Abſicht
auf die Ritter, das iſt, diejenigen gerichtet, welchen die Ge-
burt vor dem buͤrgerlichen Stande einen Vorzug verlie-
hen hat, zu hohen und wichtigen Aemtern und Bedie-
nungen ſowol im Kriege als bey Hofe zu gelangen; ſo
nennet er ſein Buch ein Ritter-Exercitien-Lexicon.

Exercitia equeſtria ſind diejenigen Uibungen, welche
auf Ritter-Academien gelehrt und getrieben werden. Mit
dem Tantzen wird der Anfang billig gemacht, weil es
nicht ſo ſchwer und arbeitſam, als die andern, und ſolches
auch bey zarter Jugend kan geuͤbet werden; ferner weil
es die Gliedmaſſen zu allen andern ſchweren Uibungen,
als Fechten, Reiten, zubereitet, und fertig und geſchickt
macht; und endlich weil ſie eine aͤuſſerliche Sitten-Lehre
iſt, und nebſt der zierlichen Leibes-Stellung zu einer ge-
faͤlligmachenden Auffuͤhrung anweiſet. Weil nun die
Muſic die Seele des Tantzens iſt, ſo findet ſelbige auch
hier ihren Platz. Die Fecht-Kunſt machet die Bosheit
der Menſchen nothwendig. Denn ſie weiſet an, wie
man den Degen geſchickt fuͤhren, und die ſich an uns
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den. Die Reit-Kunſt, welche lehret, wie man zierlich

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/19>, abgerufen am 21.11.2024.