Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.
[Spaltenumbruch] Fis Erlen oder Weiden, unter denenFlut-Betten, Teich-Ständern und verborgenen Löchern, wo aller- hand Reiß verworffen. Sie ran- tzen im Februario, da sie denn des Nachts beym Ausgang mit einem solchen hell-lautenden Pfiffe einan- der zusammen ruffen, nicht anderst als wie ein Mensch zu pfeiffen pfleget. Jm Majo aber setzen sie ihre Jungen, und zwar gemeinig- lich drey bis viere, welche neun Tage blind liegen, ehe sie sehen können, und von der Alten, wie andere vierfüßige Thiere, mit Säugen ernehret werden, bis sie vier bis fünff Wochen alt worden, und also in dem Stand sind, mit der Mutter auszugehen, und klei- ne Fischgen fangen zu lernen. Wenn die Jungen zwey Jahr alt, so sind sie zu ihrer vollkommenen Grösse gelanget. Sie fischen un- ter dem Wasser gegen den Strom weit weg, und wenn sie satt wor- den, lassen sie sich den Strom all- mählich zurücke treiben; wird es ihnen zu lange unter dem Wasser, so stecken sie die Schnautzen her- aus, und holen mit grossen Brau- sen Athem, daß man es ziemlich weit hören kan, worüber sie auch öffters von den Jägern oder Fi- schern erwischet und todt gemacht werden. Sie sollen die grossen Wasser-Güsse voraus mercken, und haben die Fischer ihre Marqve da- her, wenn sie finden, daß die Fisch- Ottern ihre Lager oder Gebäude erhoben, und sich also ausser der Gefahr gesetzet, bey der voraus gesehenen, oder aus einem natür- lichen Antrieb vorher verspürten Uiberschwemmung der Lufft ent- behren zu müssen, und folglich zu ersticken. Sonst ist sich auch zu verwundern, daß sie die offenen [Spaltenumbruch] Fis Löcher im Eiß also wissen in achtzu nehmen, daß wo das Wasser einen grossen Stück Weges zu, und gefroren ist, sie unter dem Wasser nicht weit wegfahren, um eine andere offene Stätte zu su- chen, sondern sie kommen allezeit an dem Ort, wo sie hinein paßi- ret, wieder heraus, weil sie dar- unter möchten ersticken; da aber auf hundert Schritte ohngefehr ein Loch vorhanden, das wissen sie richtig zu treffen, und daselbst heraus zu kommen, im übrigen gehet ihr Weg über das Eiß fort, daß sie suchen, wo etwan ein offe- nes Loch befindlich, da man sie denn in dem Schnee spüren, und ihre Fährte leichtlich erkennen kan. Sie werden mit besonders darzu abgerichteten Hunden, so man Fisch-Otter-Hunde, oder auch nur Otter-Hunde nennet, gehetzet, ge- schossen, oder mit Fisch-Otter-Ne- tzen gefangen; bisweilen aber pfle- gen sie sich auch selbsten in denen grossen im Wasser liegenden Fisch- Reusen zu fangen, denn wenn sie Fische darinnen mercken, kriechen sie ihnen nach hinein, weil sie aber alsdenn nicht mit der Schnautze wieder in die Höhe kommen und Lufft schöpffen, vielweniger aber zu- rücke heraus kommen können, müssen sie also darinnen ersti- cken. Fisch-Otter-Hunde, Sind besonders auf den Fisch- etwas
[Spaltenumbruch] Fiſ Erlen oder Weiden, unter denenFlut-Betten, Teich-Staͤndern und verborgenen Loͤchern, wo aller- hand Reiß verworffen. Sie ran- tzen im Februario, da ſie denn des Nachts beym Ausgang mit einem ſolchen hell-lautenden Pfiffe einan- der zuſammen ruffen, nicht anderſt als wie ein Menſch zu pfeiffen pfleget. Jm Majo aber ſetzen ſie ihre Jungen, und zwar gemeinig- lich drey bis viere, welche neun Tage blind liegen, ehe ſie ſehen koͤnnen, und von der Alten, wie andere vierfuͤßige Thiere, mit Saͤugen ernehret werden, bis ſie vier bis fuͤnff Wochen alt worden, und alſo in dem Stand ſind, mit der Mutter auszugehen, und klei- ne Fiſchgen fangen zu lernen. Wenn die Jungen zwey Jahr alt, ſo ſind ſie zu ihrer vollkommenen Groͤſſe gelanget. Sie fiſchen un- ter dem Waſſer gegen den Strom weit weg, und wenn ſie ſatt wor- den, laſſen ſie ſich den Strom all- maͤhlich zuruͤcke treiben; wird es ihnen zu lange unter dem Waſſer, ſo ſtecken ſie die Schnautzen her- aus, und holen mit groſſen Brau- ſen Athem, daß man es ziemlich weit hoͤren kan, woruͤber ſie auch oͤffters von den Jaͤgern oder Fi- ſchern erwiſchet und todt gemacht werden. Sie ſollen die groſſen Waſſer-Guͤſſe voraus mercken, und haben die Fiſcher ihre Marqve da- her, wenn ſie finden, daß die Fiſch- Ottern ihre Lager oder Gebaͤude erhoben, und ſich alſo auſſer der Gefahr geſetzet, bey der voraus geſehenen, oder aus einem natuͤr- lichen Antrieb vorher verſpuͤrten Uiberſchwemmung der Lufft ent- behren zu muͤſſen, und folglich zu erſticken. Sonſt iſt ſich auch zu verwundern, daß ſie die offenen [Spaltenumbruch] Fiſ Loͤcher im Eiß alſo wiſſen in achtzu nehmen, daß wo das Waſſer einen groſſen Stuͤck Weges zu, und gefroren iſt, ſie unter dem Waſſer nicht weit wegfahren, um eine andere offene Staͤtte zu ſu- chen, ſondern ſie kommen allezeit an dem Ort, wo ſie hinein paßi- ret, wieder heraus, weil ſie dar- unter moͤchten erſticken; da aber auf hundert Schritte ohngefehr ein Loch vorhanden, das wiſſen ſie richtig zu treffen, und daſelbſt heraus zu kommen, im uͤbrigen gehet ihr Weg uͤber das Eiß fort, daß ſie ſuchen, wo etwan ein offe- nes Loch befindlich, da man ſie denn in dem Schnee ſpuͤren, und ihre Faͤhrte leichtlich erkennen kan. Sie werden mit beſonders darzu abgerichteten Hunden, ſo man Fiſch-Otter-Hunde, oder auch nur Otter-Hunde nennet, gehetzet, ge- ſchoſſen, oder mit Fiſch-Otter-Ne- tzen gefangen; bisweilen aber pfle- gen ſie ſich auch ſelbſten in denen groſſen im Waſſer liegenden Fiſch- Reuſen zu fangen, denn wenn ſie Fiſche darinnen mercken, kriechen ſie ihnen nach hinein, weil ſie aber alsdenn nicht mit der Schnautze wieder in die Hoͤhe kommen und Lufft ſchoͤpffen, vielweniger aber zu- ruͤcke heraus kommen koͤnnen, muͤſſen ſie alſo darinnen erſti- cken. Fiſch-Otter-Hunde, Sind beſonders auf den Fiſch- etwas
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0412"/><cb n="783"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Fiſ</hi></hi></fw><lb/> Erlen oder Weiden, unter denen<lb/> Flut-Betten, Teich-Staͤndern<lb/> und verborgenen Loͤchern, wo aller-<lb/> hand Reiß verworffen. Sie ran-<lb/> tzen im Februario, da ſie denn des<lb/> Nachts beym Ausgang mit einem<lb/> ſolchen hell-lautenden Pfiffe einan-<lb/> der zuſammen ruffen, nicht anderſt<lb/> als wie ein Menſch zu pfeiffen<lb/> pfleget. Jm Majo aber ſetzen ſie<lb/> ihre Jungen, und zwar gemeinig-<lb/> lich drey bis viere, welche neun<lb/> Tage blind liegen, ehe ſie ſehen<lb/> koͤnnen, und von der Alten, wie<lb/> andere vierfuͤßige Thiere, mit<lb/> Saͤugen ernehret werden, bis ſie<lb/> vier bis fuͤnff Wochen alt worden,<lb/> und alſo in dem Stand ſind, mit<lb/> der Mutter auszugehen, und klei-<lb/> ne Fiſchgen fangen zu lernen.<lb/> Wenn die Jungen zwey Jahr alt,<lb/> ſo ſind ſie zu ihrer vollkommenen<lb/> Groͤſſe gelanget. Sie fiſchen un-<lb/> ter dem Waſſer gegen den Strom<lb/> weit weg, und wenn ſie ſatt wor-<lb/> den, laſſen ſie ſich den Strom all-<lb/> maͤhlich zuruͤcke treiben; wird es<lb/> ihnen zu lange unter dem Waſſer,<lb/> ſo ſtecken ſie die Schnautzen her-<lb/> aus, und holen mit groſſen Brau-<lb/> ſen Athem, daß man es ziemlich<lb/> weit hoͤren kan, woruͤber ſie auch<lb/> oͤffters von den Jaͤgern oder Fi-<lb/> ſchern erwiſchet und todt gemacht<lb/> werden. Sie ſollen die groſſen<lb/> Waſſer-Guͤſſe voraus mercken, und<lb/> haben die Fiſcher ihre Marqve da-<lb/> her, wenn ſie finden, daß die Fiſch-<lb/> Ottern ihre Lager oder Gebaͤude<lb/> erhoben, und ſich alſo auſſer der<lb/> Gefahr geſetzet, bey der voraus<lb/> geſehenen, oder aus einem natuͤr-<lb/> lichen Antrieb vorher verſpuͤrten<lb/> Uiberſchwemmung der Lufft ent-<lb/> behren zu muͤſſen, und folglich zu<lb/> erſticken. Sonſt iſt ſich auch zu<lb/> verwundern, daß ſie die offenen<lb/><cb n="784"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Fiſ</hi></hi></fw><lb/> Loͤcher im Eiß alſo wiſſen in acht<lb/> zu nehmen, daß wo das Waſſer<lb/> einen groſſen Stuͤck Weges zu,<lb/> und gefroren iſt, ſie unter dem<lb/> Waſſer nicht weit wegfahren, um<lb/> eine andere offene Staͤtte zu ſu-<lb/> chen, ſondern ſie kommen allezeit<lb/> an dem Ort, wo ſie hinein paßi-<lb/> ret, wieder heraus, weil ſie dar-<lb/> unter moͤchten erſticken; da aber<lb/> auf hundert Schritte ohngefehr<lb/> ein Loch vorhanden, das wiſſen ſie<lb/> richtig zu treffen, und daſelbſt<lb/> heraus zu kommen, im uͤbrigen<lb/> gehet ihr Weg uͤber das Eiß fort,<lb/> daß ſie ſuchen, wo etwan ein offe-<lb/> nes Loch befindlich, da man ſie<lb/> denn in dem Schnee ſpuͤren, und<lb/> ihre Faͤhrte leichtlich erkennen kan.<lb/> Sie werden mit beſonders darzu<lb/> abgerichteten Hunden, ſo man<lb/> Fiſch-Otter-Hunde, oder auch nur<lb/> Otter-Hunde nennet, gehetzet, ge-<lb/> ſchoſſen, oder mit Fiſch-Otter-Ne-<lb/> tzen gefangen; bisweilen aber pfle-<lb/> gen ſie ſich auch ſelbſten in denen<lb/> groſſen im Waſſer liegenden Fiſch-<lb/> Reuſen zu fangen, denn wenn ſie<lb/> Fiſche darinnen mercken, kriechen<lb/> ſie ihnen nach hinein, weil ſie aber<lb/> alsdenn nicht mit der Schnautze<lb/> wieder in die Hoͤhe kommen und<lb/> Lufft ſchoͤpffen, vielweniger aber zu-<lb/> ruͤcke heraus kommen koͤnnen,<lb/> muͤſſen ſie alſo darinnen erſti-<lb/> cken.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#fr">Fiſch-Otter-Hunde,</hi> </head><lb/> <p>Sind beſonders auf den Fiſch-<lb/> Otter-Fang abgerichtete Hunde,<lb/> deren man eine groͤſſere und eine<lb/> kleinere Art hat: Die groͤſſere, ſo<lb/> einer Daͤniſchen Art, und als<lb/> kleine Blendlinge ſcharff von Ge-<lb/> biſſe ſind, werden nur zum Anpa-<lb/> cken, die kleinern aber, welche faſt<lb/> wie Dachskriecher ausſehen, doch<lb/> <fw place="bottom" type="catch">etwas</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0412]
Fiſ
Fiſ
Erlen oder Weiden, unter denen
Flut-Betten, Teich-Staͤndern
und verborgenen Loͤchern, wo aller-
hand Reiß verworffen. Sie ran-
tzen im Februario, da ſie denn des
Nachts beym Ausgang mit einem
ſolchen hell-lautenden Pfiffe einan-
der zuſammen ruffen, nicht anderſt
als wie ein Menſch zu pfeiffen
pfleget. Jm Majo aber ſetzen ſie
ihre Jungen, und zwar gemeinig-
lich drey bis viere, welche neun
Tage blind liegen, ehe ſie ſehen
koͤnnen, und von der Alten, wie
andere vierfuͤßige Thiere, mit
Saͤugen ernehret werden, bis ſie
vier bis fuͤnff Wochen alt worden,
und alſo in dem Stand ſind, mit
der Mutter auszugehen, und klei-
ne Fiſchgen fangen zu lernen.
Wenn die Jungen zwey Jahr alt,
ſo ſind ſie zu ihrer vollkommenen
Groͤſſe gelanget. Sie fiſchen un-
ter dem Waſſer gegen den Strom
weit weg, und wenn ſie ſatt wor-
den, laſſen ſie ſich den Strom all-
maͤhlich zuruͤcke treiben; wird es
ihnen zu lange unter dem Waſſer,
ſo ſtecken ſie die Schnautzen her-
aus, und holen mit groſſen Brau-
ſen Athem, daß man es ziemlich
weit hoͤren kan, woruͤber ſie auch
oͤffters von den Jaͤgern oder Fi-
ſchern erwiſchet und todt gemacht
werden. Sie ſollen die groſſen
Waſſer-Guͤſſe voraus mercken, und
haben die Fiſcher ihre Marqve da-
her, wenn ſie finden, daß die Fiſch-
Ottern ihre Lager oder Gebaͤude
erhoben, und ſich alſo auſſer der
Gefahr geſetzet, bey der voraus
geſehenen, oder aus einem natuͤr-
lichen Antrieb vorher verſpuͤrten
Uiberſchwemmung der Lufft ent-
behren zu muͤſſen, und folglich zu
erſticken. Sonſt iſt ſich auch zu
verwundern, daß ſie die offenen
Loͤcher im Eiß alſo wiſſen in acht
zu nehmen, daß wo das Waſſer
einen groſſen Stuͤck Weges zu,
und gefroren iſt, ſie unter dem
Waſſer nicht weit wegfahren, um
eine andere offene Staͤtte zu ſu-
chen, ſondern ſie kommen allezeit
an dem Ort, wo ſie hinein paßi-
ret, wieder heraus, weil ſie dar-
unter moͤchten erſticken; da aber
auf hundert Schritte ohngefehr
ein Loch vorhanden, das wiſſen ſie
richtig zu treffen, und daſelbſt
heraus zu kommen, im uͤbrigen
gehet ihr Weg uͤber das Eiß fort,
daß ſie ſuchen, wo etwan ein offe-
nes Loch befindlich, da man ſie
denn in dem Schnee ſpuͤren, und
ihre Faͤhrte leichtlich erkennen kan.
Sie werden mit beſonders darzu
abgerichteten Hunden, ſo man
Fiſch-Otter-Hunde, oder auch nur
Otter-Hunde nennet, gehetzet, ge-
ſchoſſen, oder mit Fiſch-Otter-Ne-
tzen gefangen; bisweilen aber pfle-
gen ſie ſich auch ſelbſten in denen
groſſen im Waſſer liegenden Fiſch-
Reuſen zu fangen, denn wenn ſie
Fiſche darinnen mercken, kriechen
ſie ihnen nach hinein, weil ſie aber
alsdenn nicht mit der Schnautze
wieder in die Hoͤhe kommen und
Lufft ſchoͤpffen, vielweniger aber zu-
ruͤcke heraus kommen koͤnnen,
muͤſſen ſie alſo darinnen erſti-
cken.
Fiſch-Otter-Hunde,
Sind beſonders auf den Fiſch-
Otter-Fang abgerichtete Hunde,
deren man eine groͤſſere und eine
kleinere Art hat: Die groͤſſere, ſo
einer Daͤniſchen Art, und als
kleine Blendlinge ſcharff von Ge-
biſſe ſind, werden nur zum Anpa-
cken, die kleinern aber, welche faſt
wie Dachskriecher ausſehen, doch
etwas
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/412 |
| Zitationshilfe: | Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/412>, abgerufen am 22.11.2024. |
