Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Reu Aeste zu Lobenstein und Ebersdorfabgestammet, und aus dem Loben- steinischen Ast ist wiederum der Zweig zu Selbitz hervorgesprosset. Diese Reichs-Grafen haben ihre Güter im Osterlande und im Vogtlande, werden zu der Wet- terauischen Grafen-Banck gerech- net, und schrieben sich vor Alters nur Vögte. Nachdem aber im 17 Jahrhundert ihr Grafen-Stand von einigen in Zweifel gezogen, und viele, welche nur kurtz vor- hero in den Grafen-Stand erho- ben worden, dem uralten Herren- Stande und hohen herrlichen Häusern im Reiche vorgezogen werden wollten: So haben die sämmtlichen Grafen Reussen bey dem Kayser Leopoldo um Erneue- rung des Gräflichen Prädicats angehalten; womit ihnen auch ohne Bedencken gewillfahret, und denselben in dem Kayserlichen Patente vom 26 Aug. 1673 der Titel und Nahmen derer Reussen, Grafen und Herren von Plauen, Herren zu Graitz, Cranichfeld, Gera, Schlaitz und Lobenstein etc. gegeben, und daß sie ieder im gan- tzen Römischen Reiche also nen- nen und schreiben, auch sie für rechtgebohrne Grafen halten solle. Sie führen im Wappen im schwartzen Felde einen güldenen Löwen als ihr Geschlechts-Wap- pen, einen güldenen Kranich im silbernen Felde, wegen der erkauff- ten Herrschafft Kranichfeld. Auf diesem Wappen sind 2offene Hel- me, der eine präsentiret einen schwartzen und weissen Hunde- Kopf; der andere aber hat einen Kranich von Gold, Silber und Roth Bandweise gestreifft. Reut-Kunst, Jst eine solche edle Kunst, die Reu zugleich den Reuter und das Pferdunterrichtet. Denn wie sie den Reuter unterweiset wohl zu sitzen mit einer freyen und ungezwun- genen Positur, und ihm Mittel an die Hand giebt, Faust und Schenckel wohl zu führen, so se- tzet sie auch, so viel möglich, ein Pferd in einen solchen Stand, daß es eine sonderbare Geschick- lichkeit erweiset, die Hülffe wohl annimmt, die Strafe fürchtet, den Schritt, Trab und Galop wohl erlernet, und hernach alle Lectiones und Schulen mit so guter Art machet, daß man sich dessen in Gefahr des Krieges, bey nothwendigem Gebrauch, und un- terweilen auch zur Parade, präch- tigen Aufzügen und öffentlichen Schauspielen bedienen kan. Reut-Page, Wird an Fürstlichen Höfen der- Reut-Schule, Reut-Haus, Reut-Bahne, Jst ein wohl aptirter Ort, auf den.
[Spaltenumbruch] Reu Aeſte zu Lobenſtein und Ebersdorfabgeſtammet, und aus dem Loben- ſteiniſchen Aſt iſt wiederum der Zweig zu Selbitz hervorgeſproſſet. Dieſe Reichs-Grafen haben ihre Guͤter im Oſterlande und im Vogtlande, werden zu der Wet- terauiſchen Grafen-Banck gerech- net, und ſchrieben ſich vor Alters nur Voͤgte. Nachdem aber im 17 Jahrhundert ihr Grafen-Stand von einigen in Zweifel gezogen, und viele, welche nur kurtz vor- hero in den Grafen-Stand erho- ben worden, dem uralten Herren- Stande und hohen herrlichen Haͤuſern im Reiche vorgezogen werden wollten: So haben die ſaͤmmtlichen Grafen Reuſſen bey dem Kayſer Leopoldo um Erneue- rung des Graͤflichen Praͤdicats angehalten; womit ihnen auch ohne Bedencken gewillfahret, und denſelben in dem Kayſerlichen Patente vom 26 Aug. 1673 der Titel und Nahmen derer Reuſſen, Grafen und Herren von Plauen, Herren zu Graitz, Cranichfeld, Gera, Schlaitz und Lobenſtein ꝛc. gegeben, und daß ſie ieder im gan- tzen Roͤmiſchen Reiche alſo nen- nen und ſchreiben, auch ſie fuͤr rechtgebohrne Grafen halten ſolle. Sie fuͤhren im Wappen im ſchwartzen Felde einen guͤldenen Loͤwen als ihr Geſchlechts-Wap- pen, einen guͤldenen Kranich im ſilbernen Felde, wegen der erkauff- ten Herrſchafft Kranichfeld. Auf dieſem Wappen ſind 2offene Hel- me, der eine praͤſentiret einen ſchwartzen und weiſſen Hunde- Kopf; der andere aber hat einen Kranich von Gold, Silber und Roth Bandweiſe geſtreifft. Reut-Kunſt, Jſt eine ſolche edle Kunſt, die Reu zugleich den Reuter und das Pferdunterrichtet. Denn wie ſie den Reuter unterweiſet wohl zu ſitzen mit einer freyen und ungezwun- genen Poſitur, und ihm Mittel an die Hand giebt, Fauſt und Schenckel wohl zu fuͤhren, ſo ſe- tzet ſie auch, ſo viel moͤglich, ein Pferd in einen ſolchen Stand, daß es eine ſonderbare Geſchick- lichkeit erweiſet, die Huͤlffe wohl annimmt, die Strafe fuͤrchtet, den Schritt, Trab und Galop wohl erlernet, und hernach alle Lectiones und Schulen mit ſo guter Art machet, daß man ſich deſſen in Gefahr des Krieges, bey nothwendigem Gebrauch, und un- terweilen auch zur Parade, praͤch- tigen Aufzuͤgen und oͤffentlichen Schauſpielen bedienen kan. Reut-Page, Wird an Fuͤrſtlichen Hoͤfen der- Reut-Schule, Reut-Haus, Reut-Bahne, Jſt ein wohl aptirter Ort, auf den.
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Reu
Reu
Aeſte zu Lobenſtein und Ebersdorf
abgeſtammet, und aus dem Loben-
ſteiniſchen Aſt iſt wiederum der
Zweig zu Selbitz hervorgeſproſſet.
Dieſe Reichs-Grafen haben ihre
Guͤter im Oſterlande und im
Vogtlande, werden zu der Wet-
terauiſchen Grafen-Banck gerech-
net, und ſchrieben ſich vor Alters
nur Voͤgte. Nachdem aber im
17 Jahrhundert ihr Grafen-Stand
von einigen in Zweifel gezogen,
und viele, welche nur kurtz vor-
hero in den Grafen-Stand erho-
ben worden, dem uralten Herren-
Stande und hohen herrlichen
Haͤuſern im Reiche vorgezogen
werden wollten: So haben die
ſaͤmmtlichen Grafen Reuſſen bey
dem Kayſer Leopoldo um Erneue-
rung des Graͤflichen Praͤdicats
angehalten; womit ihnen auch
ohne Bedencken gewillfahret, und
denſelben in dem Kayſerlichen
Patente vom 26 Aug. 1673 der
Titel und Nahmen derer Reuſſen,
Grafen und Herren von Plauen,
Herren zu Graitz, Cranichfeld,
Gera, Schlaitz und Lobenſtein ꝛc.
gegeben, und daß ſie ieder im gan-
tzen Roͤmiſchen Reiche alſo nen-
nen und ſchreiben, auch ſie fuͤr
rechtgebohrne Grafen halten ſolle.
Sie fuͤhren im Wappen im
ſchwartzen Felde einen guͤldenen
Loͤwen als ihr Geſchlechts-Wap-
pen, einen guͤldenen Kranich im
ſilbernen Felde, wegen der erkauff-
ten Herrſchafft Kranichfeld. Auf
dieſem Wappen ſind 2offene Hel-
me, der eine praͤſentiret einen
ſchwartzen und weiſſen Hunde-
Kopf; der andere aber hat einen
Kranich von Gold, Silber und
Roth Bandweiſe geſtreifft.
Reut-Kunſt,
Jſt eine ſolche edle Kunſt, die
zugleich den Reuter und das Pferd
unterrichtet. Denn wie ſie den
Reuter unterweiſet wohl zu ſitzen
mit einer freyen und ungezwun-
genen Poſitur, und ihm Mittel
an die Hand giebt, Fauſt und
Schenckel wohl zu fuͤhren, ſo ſe-
tzet ſie auch, ſo viel moͤglich, ein
Pferd in einen ſolchen Stand,
daß es eine ſonderbare Geſchick-
lichkeit erweiſet, die Huͤlffe wohl
annimmt, die Strafe fuͤrchtet,
den Schritt, Trab und Galop
wohl erlernet, und hernach alle
Lectiones und Schulen mit ſo
guter Art machet, daß man ſich
deſſen in Gefahr des Krieges, bey
nothwendigem Gebrauch, und un-
terweilen auch zur Parade, praͤch-
tigen Aufzuͤgen und oͤffentlichen
Schauſpielen bedienen kan.
Reut-Page,
Wird an Fuͤrſtlichen Hoͤfen der-
jenige genannt, welcher von der
Herrſchafft auf der Reut-Schule,
die Reut-Kunſt ex profeſſo zu
erlernen, gehalten, und folglich,
wenn ihm das Gluͤck favoriſiret,
gar zum Stallmeiſter gemacht,
oder doch mit einem Officiers-
Platz bey der Cavallerie accom-
modiret wird. Er muß an eini-
gen Hoͤfen immer zu Pferde um
und bey der Herrſchafft ſeyn, wenn
dieſelbe ausfaͤhret, ausreutet oder
auf die Jagd gehet, hat am Trac-
tament ſchon etwas mehr als
andere Edel-Knaben zu genieſ-
ſen.
Reut-Schule, Reut-Haus,
Reut-Bahne,
Jſt ein wohl aptirter Ort, auf
welchem die Pferde zugeritten,
und diejenigen, welche das Reu-
ten lernen wollen, abgerichtet wer-
den.
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