Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Der Wald. Was je mir spielt' um Sinnen und Gemüthe Von frischem Grün, von kühlen Dämmerungen, Das hat noch eben mich bedeckt, umschlungen, Als eines Maienwaldes Lustgebiete. Was je in Traum und Wachen mich umglühte Von Blumenschein, von Knospen, kaum gesprungen, Das kam durch die Gebüsche hergedrungen, Als leichte Jägerin, des Waldes Blüthe. Sie floh dahin, ich eilte nach, mit Flehen, Bald hätten meine Arme sie gebunden, Da mußte schnell der Morgentraum verwehen. O Schicksal, das mir selbst nicht Hoffnung gönnte! Mir ist die Schönste nicht allein verschwunden, Der Wald sogar, drin ich sie suchen könnte. Der Wald. Was je mir ſpielt’ um Sinnen und Gemüthe Von friſchem Grün, von kühlen Dämmerungen, Das hat noch eben mich bedeckt, umſchlungen, Als eines Maienwaldes Luſtgebiete. Was je in Traum und Wachen mich umglühte Von Blumenſchein, von Knoſpen, kaum geſprungen, Das kam durch die Gebüſche hergedrungen, Als leichte Jägerin, des Waldes Blüthe. Sie floh dahin, ich eilte nach, mit Flehen, Bald hätten meine Arme ſie gebunden, Da mußte ſchnell der Morgentraum verwehen. O Schickſal, das mir ſelbſt nicht Hoffnung gönnte! Mir iſt die Schönſte nicht allein verſchwunden, Der Wald ſogar, drin ich ſie ſuchen könnte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0117" n="111"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Der Wald</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Was je mir ſpielt’ um Sinnen und Gemüthe</l><lb/> <l>Von friſchem Grün, von kühlen Dämmerungen,</l><lb/> <l>Das hat noch eben mich bedeckt, umſchlungen,</l><lb/> <l>Als eines Maienwaldes Luſtgebiete.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Was je in Traum und Wachen mich umglühte</l><lb/> <l>Von Blumenſchein, von Knoſpen, kaum geſprungen,</l><lb/> <l>Das kam durch die Gebüſche hergedrungen,</l><lb/> <l>Als leichte Jägerin, des Waldes Blüthe.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Sie floh dahin, ich eilte nach, mit Flehen,</l><lb/> <l>Bald hätten meine Arme ſie gebunden,</l><lb/> <l>Da mußte ſchnell der Morgentraum verwehen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>O Schickſal, das mir ſelbſt nicht Hoffnung gönnte!</l><lb/> <l>Mir iſt die Schönſte nicht allein verſchwunden,</l><lb/> <l>Der Wald ſogar, drin ich ſie ſuchen könnte.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [111/0117]
Der Wald.
Was je mir ſpielt’ um Sinnen und Gemüthe
Von friſchem Grün, von kühlen Dämmerungen,
Das hat noch eben mich bedeckt, umſchlungen,
Als eines Maienwaldes Luſtgebiete.
Was je in Traum und Wachen mich umglühte
Von Blumenſchein, von Knoſpen, kaum geſprungen,
Das kam durch die Gebüſche hergedrungen,
Als leichte Jägerin, des Waldes Blüthe.
Sie floh dahin, ich eilte nach, mit Flehen,
Bald hätten meine Arme ſie gebunden,
Da mußte ſchnell der Morgentraum verwehen.
O Schickſal, das mir ſelbſt nicht Hoffnung gönnte!
Mir iſt die Schönſte nicht allein verſchwunden,
Der Wald ſogar, drin ich ſie ſuchen könnte.
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