Süsse Liebe denkt in Tönen, Denn Gedanken stehn zu fern; Nur in Tönen mag sie gern Alles, was sie will, verschönen. Tieck.
Schönste! du hast mir befohlen, Dieses Thema zu glossiren; Doch ich sag' es unverhohlen: Dieses heißt die Zeit verlieren, Und ich sitze wie auf Kohlen. Liebtet ihr nicht, stolze Schönen! Selbst die Logik zu verhöhnen, Würd' ich zu beweisen wagen, Daß es Unsinn ist, zu sagen: Süsse Liebe denkt in Tönen.
Zwar versteh' ich wohl das Schema Dieser abgeschmackten Glossen, Aber solch verzwicktes Thema, Solche räthselhafte Possen Sind ein gordisches Problema. Dennoch macht' ich dir, mein Stern! Diese Freude gar zu gern. Hoffnunglos reib' ich die Hände, Nimmer bring' ich es zu Ende, Denn Gedanken stehn zu fern.
Gloſſen.
1. Der Recenſent.
Süſſe Liebe denkt in Tönen, Denn Gedanken ſtehn zu fern; Nur in Tönen mag ſie gern Alles, was ſie will, verſchönen. Tieck.
Schönſte! du haſt mir befohlen, Dieſes Thema zu gloſſiren; Doch ich ſag’ es unverhohlen: Dieſes heißt die Zeit verlieren, Und ich ſitze wie auf Kohlen. Liebtet ihr nicht, ſtolze Schönen! Selbſt die Logik zu verhöhnen, Würd’ ich zu beweiſen wagen, Daß es Unſinn iſt, zu ſagen: Süſſe Liebe denkt in Tönen.
Zwar verſteh’ ich wohl das Schema Dieſer abgeſchmackten Gloſſen, Aber ſolch verzwicktes Thema, Solche räthſelhafte Poſſen Sind ein gordiſches Problema. Dennoch macht’ ich dir, mein Stern! Dieſe Freude gar zu gern. Hoffnunglos reib’ ich die Hände, Nimmer bring’ ich es zu Ende, Denn Gedanken ſtehn zu fern.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0129"n="123"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Gloſſen</hi>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head>1. <hirendition="#g">Der Recenſent</hi>.</head><lb/><cit><quote><hirendition="#g">Süſſe Liebe denkt in Tönen,<lb/>
Denn Gedanken ſtehn zu fern;<lb/>
Nur in Tönen mag ſie gern<lb/>
Alles, was ſie will, verſchönen</hi>.</quote><lb/><bibl><hirendition="#et"><hirendition="#g">Tieck</hi>.</hi></bibl></cit><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Schönſte! du haſt mir befohlen,</l><lb/><l>Dieſes Thema zu gloſſiren;</l><lb/><l>Doch ich ſag’ es unverhohlen:</l><lb/><l>Dieſes heißt die Zeit verlieren,</l><lb/><l>Und ich ſitze wie auf Kohlen.</l><lb/><l>Liebtet ihr nicht, ſtolze Schönen!</l><lb/><l>Selbſt die Logik zu verhöhnen,</l><lb/><l>Würd’ ich zu beweiſen wagen,</l><lb/><l>Daß es Unſinn iſt, zu ſagen:</l><lb/><l><hirendition="#g">Süſſe Liebe denkt in Tönen</hi>.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Zwar verſteh’ ich wohl das Schema</l><lb/><l>Dieſer abgeſchmackten Gloſſen,</l><lb/><l>Aber ſolch verzwicktes Thema,</l><lb/><l>Solche räthſelhafte Poſſen</l><lb/><l>Sind ein gordiſches Problema.</l><lb/><l>Dennoch macht’ ich dir, mein Stern!</l><lb/><l>Dieſe Freude gar zu gern.</l><lb/><l>Hoffnunglos reib’ ich die Hände,</l><lb/><l>Nimmer bring’ ich es zu Ende,</l><lb/><l><hirendition="#g">Denn Gedanken ſtehn zu fern</hi>.</l></lg><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[123/0129]
Gloſſen.
1. Der Recenſent.
Süſſe Liebe denkt in Tönen,
Denn Gedanken ſtehn zu fern;
Nur in Tönen mag ſie gern
Alles, was ſie will, verſchönen.
Tieck.
Schönſte! du haſt mir befohlen,
Dieſes Thema zu gloſſiren;
Doch ich ſag’ es unverhohlen:
Dieſes heißt die Zeit verlieren,
Und ich ſitze wie auf Kohlen.
Liebtet ihr nicht, ſtolze Schönen!
Selbſt die Logik zu verhöhnen,
Würd’ ich zu beweiſen wagen,
Daß es Unſinn iſt, zu ſagen:
Süſſe Liebe denkt in Tönen.
Zwar verſteh’ ich wohl das Schema
Dieſer abgeſchmackten Gloſſen,
Aber ſolch verzwicktes Thema,
Solche räthſelhafte Poſſen
Sind ein gordiſches Problema.
Dennoch macht’ ich dir, mein Stern!
Dieſe Freude gar zu gern.
Hoffnunglos reib’ ich die Hände,
Nimmer bring’ ich es zu Ende,
Denn Gedanken ſtehn zu fern.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/129>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.