Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Mit mächtigem Gefieder Er in die Luft sich schwang. Da wollten seine Brüder Ihm rauben den goldnen Fang. Doch keiner gewann's von allen, Das Ringlein fiel aus der Höh'. Der Ritter sah es fallen In einen tiefen See. Die Fischlein hüpften munter, Zu haschen den goldnen Tand; Das Ringlein sank hinunter, Bis es den Blicken schwand. "O Ringlein! auf den Triften, Da äffen dich Gras und Blum'; O Ringlein! in den Lüften, Da tragen die Vögel dich um. O Ringlein! in Wassers Grunde, Da haschen die Fische dich frei. Mein Ringlein! ist das die Kunde, Die Kunde von Liebchens Treu?" Mit mächtigem Gefieder Er in die Luft ſich ſchwang. Da wollten ſeine Brüder Ihm rauben den goldnen Fang. Doch keiner gewann’s von allen, Das Ringlein fiel aus der Höh’. Der Ritter ſah es fallen In einen tiefen See. Die Fiſchlein hüpften munter, Zu haſchen den goldnen Tand; Das Ringlein ſank hinunter, Bis es den Blicken ſchwand. „O Ringlein! auf den Triften, Da äffen dich Gras und Blum’; O Ringlein! in den Lüften, Da tragen die Vögel dich um. O Ringlein! in Waſſers Grunde, Da haſchen die Fiſche dich frei. Mein Ringlein! iſt das die Kunde, Die Kunde von Liebchens Treu?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0265" n="259"/> <lg n="6"> <l>Mit mächtigem Gefieder</l><lb/> <l>Er in die Luft ſich ſchwang.</l><lb/> <l>Da wollten ſeine Brüder</l><lb/> <l>Ihm rauben den goldnen Fang.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Doch keiner gewann’s von allen,</l><lb/> <l>Das Ringlein fiel aus der Höh’.</l><lb/> <l>Der Ritter ſah es fallen</l><lb/> <l>In einen tiefen See.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Die Fiſchlein hüpften munter,</l><lb/> <l>Zu haſchen den goldnen Tand;</l><lb/> <l>Das Ringlein ſank hinunter,</l><lb/> <l>Bis es den Blicken ſchwand.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>„O Ringlein! auf den Triften,</l><lb/> <l>Da äffen dich Gras und Blum’;</l><lb/> <l>O Ringlein! in den Lüften,</l><lb/> <l>Da tragen die Vögel dich um.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>O Ringlein! in Waſſers Grunde,</l><lb/> <l>Da haſchen die Fiſche dich frei.</l><lb/> <l>Mein Ringlein! iſt das die Kunde,</l><lb/> <l>Die Kunde von Liebchens Treu?“</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [259/0265]
Mit mächtigem Gefieder
Er in die Luft ſich ſchwang.
Da wollten ſeine Brüder
Ihm rauben den goldnen Fang.
Doch keiner gewann’s von allen,
Das Ringlein fiel aus der Höh’.
Der Ritter ſah es fallen
In einen tiefen See.
Die Fiſchlein hüpften munter,
Zu haſchen den goldnen Tand;
Das Ringlein ſank hinunter,
Bis es den Blicken ſchwand.
„O Ringlein! auf den Triften,
Da äffen dich Gras und Blum’;
O Ringlein! in den Lüften,
Da tragen die Vögel dich um.
O Ringlein! in Waſſers Grunde,
Da haſchen die Fiſche dich frei.
Mein Ringlein! iſt das die Kunde,
Die Kunde von Liebchens Treu?“
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Zitationshilfe: | Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/265>, abgerufen am 15.06.2024. |