Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Der König Karl zur Tafel saß Im goldnen Rittersaal. Die Diener liefen ohn' Unterlaß Mit Schüssel und Pokal. Von Flöten, Saitenspiel, Gesang Ward jedes Herz erfreut, Doch reichte nicht der helle Klang Zu Berta's Einsamkeit. Und draußen in des Hofes Kreis, Da saßen der Bettler viel, Die labten sich an Trank und Speis' Mehr, als am Saitenspiel. Der König schaut in ihr Gedräng Wohl durch die offne Thür, Da drückt sich durch die dichte Meng' Ein feiner Knab herfür. Des Knaben Kleid ist wunderbar, Vierfarb zusammengestückt; Doch weilt er nicht bei der Bettlerschaar, Herauf zum Saal er blickt. Herein zum Saal klein Roland tritt, Als wär's sein eigen Haus. Er hebt eine Schüssel von Tisches Mitt' Und trägt sie stumm hinaus. Der König Karl zur Tafel ſaß Im goldnen Ritterſaal. Die Diener liefen ohn’ Unterlaß Mit Schüſſel und Pokal. Von Flöten, Saitenſpiel, Geſang Ward jedes Herz erfreut, Doch reichte nicht der helle Klang Zu Berta’s Einſamkeit. Und draußen in des Hofes Kreis, Da ſaßen der Bettler viel, Die labten ſich an Trank und Speiſ’ Mehr, als am Saitenſpiel. Der König ſchaut in ihr Gedräng Wohl durch die offne Thür, Da drückt ſich durch die dichte Meng’ Ein feiner Knab herfür. Des Knaben Kleid iſt wunderbar, Vierfarb zuſammengeſtückt; Doch weilt er nicht bei der Bettlerſchaar, Herauf zum Saal er blickt. Herein zum Saal klein Roland tritt, Als wär’s ſein eigen Haus. Er hebt eine Schüſſel von Tiſches Mitt’ Und trägt ſie ſtumm hinaus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0300" n="294"/> <lg n="6"> <l>Der König Karl zur Tafel ſaß</l><lb/> <l>Im goldnen Ritterſaal.</l><lb/> <l>Die Diener liefen ohn’ Unterlaß</l><lb/> <l>Mit Schüſſel und Pokal.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Von Flöten, Saitenſpiel, Geſang</l><lb/> <l>Ward jedes Herz erfreut,</l><lb/> <l>Doch reichte nicht der helle Klang</l><lb/> <l>Zu Berta’s Einſamkeit.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Und draußen in des Hofes Kreis,</l><lb/> <l>Da ſaßen der Bettler viel,</l><lb/> <l>Die labten ſich an Trank und Speiſ’</l><lb/> <l>Mehr, als am Saitenſpiel.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Der König ſchaut in ihr Gedräng</l><lb/> <l>Wohl durch die offne Thür,</l><lb/> <l>Da drückt ſich durch die dichte Meng’</l><lb/> <l>Ein feiner Knab herfür.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Des Knaben Kleid iſt wunderbar,</l><lb/> <l>Vierfarb zuſammengeſtückt;</l><lb/> <l>Doch weilt er nicht bei der Bettlerſchaar,</l><lb/> <l>Herauf zum Saal er blickt.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Herein zum Saal klein Roland tritt,</l><lb/> <l>Als wär’s ſein eigen Haus.</l><lb/> <l>Er hebt eine Schüſſel von Tiſches Mitt’</l><lb/> <l>Und trägt ſie ſtumm hinaus.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [294/0300]
Der König Karl zur Tafel ſaß
Im goldnen Ritterſaal.
Die Diener liefen ohn’ Unterlaß
Mit Schüſſel und Pokal.
Von Flöten, Saitenſpiel, Geſang
Ward jedes Herz erfreut,
Doch reichte nicht der helle Klang
Zu Berta’s Einſamkeit.
Und draußen in des Hofes Kreis,
Da ſaßen der Bettler viel,
Die labten ſich an Trank und Speiſ’
Mehr, als am Saitenſpiel.
Der König ſchaut in ihr Gedräng
Wohl durch die offne Thür,
Da drückt ſich durch die dichte Meng’
Ein feiner Knab herfür.
Des Knaben Kleid iſt wunderbar,
Vierfarb zuſammengeſtückt;
Doch weilt er nicht bei der Bettlerſchaar,
Herauf zum Saal er blickt.
Herein zum Saal klein Roland tritt,
Als wär’s ſein eigen Haus.
Er hebt eine Schüſſel von Tiſches Mitt’
Und trägt ſie ſtumm hinaus.
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