Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.In heißer Mittagsstunde bergunter und bergauf! Schon muß der Graf sich lehnen auf seines Schwerdtes Knauf. Darob erbarmt's den Hirten des alten, hohen Herrn, Er nimmt ihn auf den Rücken: "ich thu's von Herzen gern." Da denkt der alte Greiner: "es thut doch wahrlich gut, So sänftlich seyn getragen von einem treuen Blut; In Fährden und in Nöthen zeigt erst das Volk sich ächt, Drum soll man nie zertreten sein altes, gutes Recht." Als drauf der Graf gerettet zu Stuttgart sitzt im Saal, Heißt er 'ne Münze prägen als ein Gedächtnißmal, Er gibt dem treuen Hirten manch blankes Stück davon, Auch manchem Herrn vom Schlegel verehrt er eins zum Hohn. Dann schickt er tücht'ge Maurer in's Wildbad alsofort, Die sollen Mauern führen rings um den offnen Ort, Damit in künft'gen Sommern sich jeder greise Mann, Von Feinden ungefährdet, im Bade jüngen kann. 2. Die drei Könige zu Heimsen. Drei Könige zu Heimsen, wer hätt' es je gedacht! Mit Rittern und mit Rossen, in Herrlichkeit und Pracht! Es sind die hohen Häupter der Schlegelbrüderschaft, Sich Könige zu nennen, das gibt der Sache Kraft. Da thronen sie beisammen und halten eifrig Rath, Bedenken und besprechen gewalt'ge Waffenthat: Wie man den stolzen Greiner mit Kriegsheer überfällt Und, besser als im Bade, ihm jeden Schlich verstellt. In heißer Mittagsſtunde bergunter und bergauf! Schon muß der Graf ſich lehnen auf ſeines Schwerdtes Knauf. Darob erbarmt’s den Hirten des alten, hohen Herrn, Er nimmt ihn auf den Rücken: „ich thu’s von Herzen gern.“ Da denkt der alte Greiner: „es thut doch wahrlich gut, So ſänftlich ſeyn getragen von einem treuen Blut; In Fährden und in Nöthen zeigt erſt das Volk ſich ächt, Drum ſoll man nie zertreten ſein altes, gutes Recht.“ Als drauf der Graf gerettet zu Stuttgart ſitzt im Saal, Heißt er ’ne Münze prägen als ein Gedächtnißmal, Er gibt dem treuen Hirten manch blankes Stück davon, Auch manchem Herrn vom Schlegel verehrt er eins zum Hohn. Dann ſchickt er tücht’ge Maurer in’s Wildbad alſofort, Die ſollen Mauern führen rings um den offnen Ort, Damit in künft’gen Sommern ſich jeder greiſe Mann, Von Feinden ungefährdet, im Bade jüngen kann. 2. Die drei Könige zu Heimſen. Drei Könige zu Heimſen, wer hätt’ es je gedacht! Mit Rittern und mit Roſſen, in Herrlichkeit und Pracht! Es ſind die hohen Häupter der Schlegelbrüderſchaft, Sich Könige zu nennen, das gibt der Sache Kraft. Da thronen ſie beiſammen und halten eifrig Rath, Bedenken und beſprechen gewalt’ge Waffenthat: Wie man den ſtolzen Greiner mit Kriegsheer überfällt Und, beſſer als im Bade, ihm jeden Schlich verſtellt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0322" n="316"/> <lg n="14"> <l>In heißer Mittagsſtunde bergunter und bergauf!</l><lb/> <l>Schon muß der Graf ſich lehnen auf ſeines Schwerdtes Knauf.</l><lb/> <l>Darob erbarmt’s den Hirten des alten, hohen Herrn,</l><lb/> <l>Er nimmt ihn auf den Rücken: „ich thu’s von Herzen gern.“</l> </lg><lb/> <lg n="15"> <l>Da denkt der alte Greiner: „es thut doch wahrlich gut,</l><lb/> <l>So ſänftlich ſeyn getragen von einem treuen Blut;</l><lb/> <l>In Fährden und in Nöthen zeigt erſt das Volk ſich ächt,</l><lb/> <l>Drum ſoll man nie zertreten ſein altes, gutes Recht.“</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>Als drauf der Graf gerettet zu Stuttgart ſitzt im Saal,</l><lb/> <l>Heißt er ’ne Münze prägen als ein Gedächtnißmal,</l><lb/> <l>Er gibt dem treuen Hirten manch blankes Stück davon,</l><lb/> <l>Auch manchem Herrn vom Schlegel verehrt er eins zum Hohn.</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <l>Dann ſchickt er tücht’ge Maurer in’s Wildbad alſofort,</l><lb/> <l>Die ſollen Mauern führen rings um den offnen Ort,</l><lb/> <l>Damit in künft’gen Sommern ſich jeder greiſe Mann,</l><lb/> <l>Von Feinden ungefährdet, im Bade jüngen kann.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head>2. <hi rendition="#g">Die drei Könige zu Heimſen</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Drei Könige zu Heimſen, wer hätt’ es je gedacht!</l><lb/> <l>Mit Rittern und mit Roſſen, in Herrlichkeit und Pracht!</l><lb/> <l>Es ſind die hohen Häupter der Schlegelbrüderſchaft,</l><lb/> <l>Sich Könige zu nennen, das gibt der Sache Kraft.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Da thronen ſie beiſammen und halten eifrig Rath,</l><lb/> <l>Bedenken und beſprechen gewalt’ge Waffenthat:</l><lb/> <l>Wie man den ſtolzen Greiner mit Kriegsheer überfällt</l><lb/> <l>Und, beſſer als im Bade, ihm jeden Schlich verſtellt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [316/0322]
In heißer Mittagsſtunde bergunter und bergauf!
Schon muß der Graf ſich lehnen auf ſeines Schwerdtes Knauf.
Darob erbarmt’s den Hirten des alten, hohen Herrn,
Er nimmt ihn auf den Rücken: „ich thu’s von Herzen gern.“
Da denkt der alte Greiner: „es thut doch wahrlich gut,
So ſänftlich ſeyn getragen von einem treuen Blut;
In Fährden und in Nöthen zeigt erſt das Volk ſich ächt,
Drum ſoll man nie zertreten ſein altes, gutes Recht.“
Als drauf der Graf gerettet zu Stuttgart ſitzt im Saal,
Heißt er ’ne Münze prägen als ein Gedächtnißmal,
Er gibt dem treuen Hirten manch blankes Stück davon,
Auch manchem Herrn vom Schlegel verehrt er eins zum Hohn.
Dann ſchickt er tücht’ge Maurer in’s Wildbad alſofort,
Die ſollen Mauern führen rings um den offnen Ort,
Damit in künft’gen Sommern ſich jeder greiſe Mann,
Von Feinden ungefährdet, im Bade jüngen kann.
2. Die drei Könige zu Heimſen.
Drei Könige zu Heimſen, wer hätt’ es je gedacht!
Mit Rittern und mit Roſſen, in Herrlichkeit und Pracht!
Es ſind die hohen Häupter der Schlegelbrüderſchaft,
Sich Könige zu nennen, das gibt der Sache Kraft.
Da thronen ſie beiſammen und halten eifrig Rath,
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Und, beſſer als im Bade, ihm jeden Schlich verſtellt.
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Zitationshilfe: | Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/322>, abgerufen am 29.06.2024. |