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Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

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Wie man ihn dann verwahret und seine Burgen bricht,
Bis er von allem Zwange die Edeln ledig spricht.
Dann fahre wohl, Landfriede! dann, Lehndienst, gute Nacht!
Dann ist's der freie Ritter, der alle Welt verlacht.
Schon sank die Nacht hernieder, die Kön'ge sind zur Ruh,
Schon krähen jetzt die Hähne dem nahen Morgen zu,
Da schallt mit scharfem Stoße das Wächterhorn vom Thurm,
Wohlauf, wohlauf, ihr Schläfer! das Horn verkündet Sturm.
In Nacht und Nebel draußen, da wogt es wie ein Meer
Und zieht von allen Seiten sich um das Städtlein her;
Verhaltne Männerstimmen, verworrner Gang und Drang,
Hufschlag und Rossesschnauben und dumpfer Waffenklang!
Und als das Frühroth leuchtet und als der Nebel sinkt,
Hei! wie es da von Speeren, von Morgensternen blinkt!
Des ganzen Gaues Bauern stehn um den Ort geschaart,
Und mitten hält zu Rosse der alte Rauschebart.
Die Schlegler möchten schirmen das Städtlein und das Schloß,
Sie werfen von den Thürmen mit Steinen und Geschoß.
"Nur sachte! -- ruft der Greiner -- euch wird das Bad geheitzt,
Aufdampfen soll's und qualmen, daß euch's die Augen beitzt!"
Rings um die alten mauern ist Holz und Stroh gehäuft,
In dunkler Nacht geschichtet und wohl mit Theer beträuft,
Drein schießt man glüh'nde Pfeile, wie raschelt's da im Stroh!
Drein wirft man feur'ge Kränze, wie flackert's lichterloh!
Wie man ihn dann verwahret und ſeine Burgen bricht,
Bis er von allem Zwange die Edeln ledig ſpricht.
Dann fahre wohl, Landfriede! dann, Lehndienſt, gute Nacht!
Dann iſt’s der freie Ritter, der alle Welt verlacht.
Schon ſank die Nacht hernieder, die Kön’ge ſind zur Ruh,
Schon krähen jetzt die Hähne dem nahen Morgen zu,
Da ſchallt mit ſcharfem Stoße das Wächterhorn vom Thurm,
Wohlauf, wohlauf, ihr Schläfer! das Horn verkündet Sturm.
In Nacht und Nebel draußen, da wogt es wie ein Meer
Und zieht von allen Seiten ſich um das Städtlein her;
Verhaltne Männerſtimmen, verworrner Gang und Drang,
Hufſchlag und Roſſesſchnauben und dumpfer Waffenklang!
Und als das Frühroth leuchtet und als der Nebel ſinkt,
Hei! wie es da von Speeren, von Morgenſternen blinkt!
Des ganzen Gaues Bauern ſtehn um den Ort geſchaart,
Und mitten hält zu Roſſe der alte Rauſchebart.
Die Schlegler möchten ſchirmen das Städtlein und das Schloß,
Sie werfen von den Thürmen mit Steinen und Geſchoß.
„Nur ſachte! — ruft der Greiner — euch wird das Bad geheitzt,
Aufdampfen ſoll’s und qualmen, daß euch’s die Augen beitzt!“
Rings um die alten mauern iſt Holz und Stroh gehäuft,
In dunkler Nacht geſchichtet und wohl mit Theer beträuft,
Drein ſchießt man glüh’nde Pfeile, wie raſchelt’s da im Stroh!
Drein wirft man feur’ge Kränze, wie flackert’s lichterloh!
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[317/0323] Wie man ihn dann verwahret und ſeine Burgen bricht, Bis er von allem Zwange die Edeln ledig ſpricht. Dann fahre wohl, Landfriede! dann, Lehndienſt, gute Nacht! Dann iſt’s der freie Ritter, der alle Welt verlacht. Schon ſank die Nacht hernieder, die Kön’ge ſind zur Ruh, Schon krähen jetzt die Hähne dem nahen Morgen zu, Da ſchallt mit ſcharfem Stoße das Wächterhorn vom Thurm, Wohlauf, wohlauf, ihr Schläfer! das Horn verkündet Sturm. In Nacht und Nebel draußen, da wogt es wie ein Meer Und zieht von allen Seiten ſich um das Städtlein her; Verhaltne Männerſtimmen, verworrner Gang und Drang, Hufſchlag und Roſſesſchnauben und dumpfer Waffenklang! Und als das Frühroth leuchtet und als der Nebel ſinkt, Hei! wie es da von Speeren, von Morgenſternen blinkt! Des ganzen Gaues Bauern ſtehn um den Ort geſchaart, Und mitten hält zu Roſſe der alte Rauſchebart. Die Schlegler möchten ſchirmen das Städtlein und das Schloß, Sie werfen von den Thürmen mit Steinen und Geſchoß. „Nur ſachte! — ruft der Greiner — euch wird das Bad geheitzt, Aufdampfen ſoll’s und qualmen, daß euch’s die Augen beitzt!“ Rings um die alten mauern iſt Holz und Stroh gehäuft, In dunkler Nacht geſchichtet und wohl mit Theer beträuft, Drein ſchießt man glüh’nde Pfeile, wie raſchelt’s da im Stroh! Drein wirft man feur’ge Kränze, wie flackert’s lichterloh!

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Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/323>, abgerufen am 22.11.2024.