Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.Das IV. Capitul II. Wenn unter etliche Madrigale eine Arie gemen- get wird, dergleichen man sonderlich in den Opern antrifft. z. e. Jn der Opera von Ferdi- nando und Isabella, so An. 1703. zu Leipzig an der Neu-Jahrs-Messe praesentiret wurde, re- dete Sebastian, Ferdinands Diener, Actu I. Sce- na 5. folgender Gestalt: So tret' ich nun in einen neuen Orden, Und bin ein Jäger worden. Jch schicke mich nicht drein. Das Waide-Messer wird mein Lohn, Und bestes Trinck-Geld seyn. Jedoch ich ihue, was ich kan, Und zwar gantz unverdrossen, Schieß ich kein Wild nicht an, So bin ich selbst geschossen, Und läuffet nichts ins Netz' hinein, So muß ich selbst ein Hase seyn. Ja kan ich keinen Hirsch erjagen, So muß ich selbst die Hörner tragen. ARIA Viel Menschen gleichen sich den Thieren,Der eine trägt ein Hirsch-Gewey, Und jener kommt den Hasen bey; Der scheint ein schlauer Fuchs zu seyn, Der ander gar ein wildes Schwein. Und dieses kan man täglich spüren, Viel Menfchen gleichen sich den Thieren. (Da stolperte er über einen Bär.) Oho, wer hat dich denn erschossen? Halt, halt du liebes Thier, Du giebest mir Noch einen praven Possen. Jch will dich hier vom Orte tragen Und alsdenn sagen, Jch hätte dich gefällt. Wer
Das IV. Capitul II. Wenn unter etliche Madrigale eine Arie gemen- get wird, dergleichen man ſonderlich in den Opern antrifft. z. e. Jn der Opera von Ferdi- nando und Iſabella, ſo An. 1703. zu Leipzig an der Neu-Jahrs-Meſſe præſentiret wurde, re- dete Sebaſtian, Ferdinands Diener, Actu I. Sce- na 5. folgender Geſtalt: So tret’ ich nun in einen neuen Orden, Und bin ein Jaͤger worden. Jch ſchicke mich nicht drein. Das Waide-Meſſer wird mein Lohn, Und beſtes Trinck-Geld ſeyn. Jedoch ich ihue, was ich kan, Und zwar gantz unverdroſſen, Schieß ich kein Wild nicht an, So bin ich ſelbſt geſchoſſen, Und laͤuffet nichts ins Netz’ hinein, So muß ich ſelbſt ein Haſe ſeyn. Ja kan ich keinen Hirſch erjagen, So muß ich ſelbſt die Hoͤrner tragen. ARIA Viel Menſchen gleichen ſich den Thieren,Der eine traͤgt ein Hirſch-Gewey, Und jener kommt den Haſen bey; Der ſcheint ein ſchlauer Fuchs zu ſeyn, Der ander gar ein wildes Schwein. Und dieſes kan man taͤglich ſpuͤren, Viel Menfchen gleichen ſich den Thieren. (Da ſtolperte er uͤber einen Baͤr.) Oho, wer hat dich denn erſchoſſen? Halt, halt du liebes Thier, Du giebeſt mir Noch einen praven Poſſen. Jch will dich hier vom Orte tragen Und alsdenn ſagen, Jch haͤtte dich gefaͤllt. Wer
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Das IV. Capitul
II. Wenn unter etliche Madrigale eine Arie gemen-
get wird, dergleichen man ſonderlich in den
Opern antrifft. z. e. Jn der Opera von Ferdi-
nando und Iſabella, ſo An. 1703. zu Leipzig an
der Neu-Jahrs-Meſſe præſentiret wurde, re-
dete Sebaſtian, Ferdinands Diener, Actu I. Sce-
na 5. folgender Geſtalt:
So tret’ ich nun in einen neuen Orden,
Und bin ein Jaͤger worden.
Jch ſchicke mich nicht drein.
Das Waide-Meſſer wird mein Lohn,
Und beſtes Trinck-Geld ſeyn.
Jedoch ich ihue, was ich kan,
Und zwar gantz unverdroſſen,
Schieß ich kein Wild nicht an,
So bin ich ſelbſt geſchoſſen,
Und laͤuffet nichts ins Netz’ hinein,
So muß ich ſelbſt ein Haſe ſeyn.
Ja kan ich keinen Hirſch erjagen,
So muß ich ſelbſt die Hoͤrner tragen.
ARIA
Viel Menſchen gleichen ſich den Thieren,
Der eine traͤgt ein Hirſch-Gewey,
Und jener kommt den Haſen bey;
Der ſcheint ein ſchlauer Fuchs zu ſeyn,
Der ander gar ein wildes Schwein.
Und dieſes kan man taͤglich ſpuͤren,
Viel Menfchen gleichen ſich den Thieren.
(Da ſtolperte er uͤber einen Baͤr.)
Oho, wer hat dich denn erſchoſſen?
Halt, halt du liebes Thier,
Du giebeſt mir
Noch einen praven Poſſen.
Jch will dich hier vom Orte tragen
Und alsdenn ſagen,
Jch haͤtte dich gefaͤllt.
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