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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Welt-Mann.
seelte Dinge loßhetzet. Wir sehen in der
Historie/ daß Xerxes sich dermassen erbit-
terte/ weil die See unter seinen Schiffen
sich etwas unmuths zustellen erkühnete/
daß er sie umb sich an ihr zurächen/ mit
Ruthen hauen ließ; und wurde der massen
vergifftet/ zusehen/ daß der Berg Athos dem
Zug seiner Truppen im Wege stund/ daß
er diesen Berg durchbrechen/ und seiner
Armee einen Paß öffnen ließ. Das schei-
net unglaublich genug: unterdessen sehen
wir täglich solche Dinge/ die fast eben so
frembde seynd.

Gewiß/ wann wir vom Zorn eingenom-
men sind/ und daß wir denselben über
nichts wissen außzulassen/ so lassen wir ihn
über uns selbsten auß/ und geschicht nicht
mehr denn allzuofft/ daß wir uns selbst die
Haare außrauffen/ und mit dem Kopff wi-
der die Mauer lauffen.

Gleichwohl müssen mir hierin eins seyn/
daß nicht allein der Zorn nicht immer der-
gleichen Schwachheiten herfürbringe/ son-
dern daß er bißweilen auch hochzuloben ist/
und daß die Leute von der höchsten Tugend
desselben wohl fähig sind. Wir sehen in
der Heil. Schrifft/ daß Moses viel tau-

send
D 7

Welt-Mann.
ſeelte Dinge loßhetzet. Wir ſehen in der
Hiſtorie/ daß Xerxes ſich dermaſſen erbit-
terte/ weil die See unter ſeinen Schiffen
ſich etwas unmuths zuſtellen erkuͤhnete/
daß er ſie umb ſich an ihr zuraͤchen/ mit
Ruthen hauen ließ; und wurde der maſſen
vergifftet/ zuſehen/ daß der Berg Athos dem
Zug ſeiner Truppen im Wege ſtund/ daß
er dieſen Berg durchbrechen/ und ſeiner
Armee einen Paß oͤffnen ließ. Das ſchei-
net unglaublich genug: unterdeſſen ſehen
wir taͤglich ſolche Dinge/ die faſt eben ſo
frembde ſeynd.

Gewiß/ wann wir vom Zorn eingenom-
men ſind/ und daß wir denſelben uͤber
nichts wiſſen außzulaſſen/ ſo laſſen wir ihn
uͤber uns ſelbſten auß/ und geſchicht nicht
mehr denn allzuofft/ daß wir uns ſelbſt die
Haare außrauffen/ und mit dem Kopff wi-
der die Mauer lauffen.

Gleichwohl muͤſſen mir hierin eins ſeyn/
daß nicht allein der Zorn nicht immer der-
gleichen Schwachheiten herfuͤrbringe/ ſon-
dern daß er bißweilen auch hochzuloben iſt/
und daß die Leute von der hoͤchſten Tugend
deſſelben wohl faͤhig ſind. Wir ſehen in
der Heil. Schrifft/ daß Moſes viel tau-

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[85/0101] Welt-Mann. ſeelte Dinge loßhetzet. Wir ſehen in der Hiſtorie/ daß Xerxes ſich dermaſſen erbit- terte/ weil die See unter ſeinen Schiffen ſich etwas unmuths zuſtellen erkuͤhnete/ daß er ſie umb ſich an ihr zuraͤchen/ mit Ruthen hauen ließ; und wurde der maſſen vergifftet/ zuſehen/ daß der Berg Athos dem Zug ſeiner Truppen im Wege ſtund/ daß er dieſen Berg durchbrechen/ und ſeiner Armee einen Paß oͤffnen ließ. Das ſchei- net unglaublich genug: unterdeſſen ſehen wir taͤglich ſolche Dinge/ die faſt eben ſo frembde ſeynd. Gewiß/ wann wir vom Zorn eingenom- men ſind/ und daß wir denſelben uͤber nichts wiſſen außzulaſſen/ ſo laſſen wir ihn uͤber uns ſelbſten auß/ und geſchicht nicht mehr denn allzuofft/ daß wir uns ſelbſt die Haare außrauffen/ und mit dem Kopff wi- der die Mauer lauffen. Gleichwohl muͤſſen mir hierin eins ſeyn/ daß nicht allein der Zorn nicht immer der- gleichen Schwachheiten herfuͤrbringe/ ſon- dern daß er bißweilen auch hochzuloben iſt/ und daß die Leute von der hoͤchſten Tugend deſſelben wohl faͤhig ſind. Wir ſehen in der Heil. Schrifft/ daß Moſes viel tau- ſend D 7

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/101>, abgerufen am 11.05.2024.