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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Welt-Mann.
halten werden. Und betreffend den Unter-
schied des Geschlechts/ so hat man wenig
Frauen gesehen die sich mit Waffen
hätten wollen ein Ansehen machen/ wie
wir täglich sehen/ daß der meiste Theil der
Männer sich groß machen/ dadurch daß
sie sich in einer Schlacht hervor thun. Al-
lein lasset uns auch die unterschiedlichen
Meinungen der Völcker in Augenschein
nehmen.

Gewiß ists/ daß alle Nationen vor einen
Satz der natürlichen Billigkeit gehalten/
daß die Kinder ihre Vätter lieben und eh-
ren sollen. Nichts destoweniger hat man
in dieser allgemeinen Ubereinstimmung be-
mercket/ daß die Arten dieser Liebs- und
Ehren-Bezeugung sehr unterschieden/ ja
so gar einander unter sich zugegen seynd.

Unsere Vorfahren/ wie auch ihre Nach-
baren/ haben allezeit geglaubet/ daß eines
Kindes Schuldigkeit sey/ derer jenigen/ so
es auff diese Welt gezeuget/ zupflegen biß
an ihr Ende/ und folglich sie zu Grabe zu-
bringen. Es würde ein Kind einen Vat-
ter-Mord begangen haben/ wann es seinem
Vatter das Leben genommen hätte/ und
wann er auch noch so alt und noch so sehr

von
A 5

Welt-Mann.
halten werden. Und betreffend den Unter-
ſchied des Geſchlechts/ ſo hat man wenig
Frauen geſehen die ſich mit Waffen
haͤtten wollen ein Anſehen machen/ wie
wir taͤglich ſehen/ daß der meiſte Theil der
Maͤnner ſich groß machen/ dadurch daß
ſie ſich in einer Schlacht hervor thun. Al-
lein laſſet uns auch die unterſchiedlichen
Meinungen der Voͤlcker in Augenſchein
nehmen.

Gewiß iſts/ daß alle Nationen vor einen
Satz der natuͤrlichen Billigkeit gehalten/
daß die Kinder ihre Vaͤtter lieben und eh-
ren ſollen. Nichts deſtoweniger hat man
in dieſer allgemeinen Ubereinſtimmung be-
mercket/ daß die Arten dieſer Liebs- und
Ehren-Bezeugung ſehr unterſchieden/ ja
ſo gar einander unter ſich zugegen ſeynd.

Unſere Vorfahren/ wie auch ihre Nach-
baren/ haben allezeit geglaubet/ daß eines
Kindes Schuldigkeit ſey/ derer jenigen/ ſo
es auff dieſe Welt gezeuget/ zupflegen biß
an ihr Ende/ und folglich ſie zu Grabe zu-
bringen. Es wuͤrde ein Kind einen Vat-
ter-Mord begangen haben/ wann es ſeinem
Vatter das Leben genommen haͤtte/ und
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von
A 5
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[9/0025] Welt-Mann. halten werden. Und betreffend den Unter- ſchied des Geſchlechts/ ſo hat man wenig Frauen geſehen die ſich mit Waffen haͤtten wollen ein Anſehen machen/ wie wir taͤglich ſehen/ daß der meiſte Theil der Maͤnner ſich groß machen/ dadurch daß ſie ſich in einer Schlacht hervor thun. Al- lein laſſet uns auch die unterſchiedlichen Meinungen der Voͤlcker in Augenſchein nehmen. Gewiß iſts/ daß alle Nationen vor einen Satz der natuͤrlichen Billigkeit gehalten/ daß die Kinder ihre Vaͤtter lieben und eh- ren ſollen. Nichts deſtoweniger hat man in dieſer allgemeinen Ubereinſtimmung be- mercket/ daß die Arten dieſer Liebs- und Ehren-Bezeugung ſehr unterſchieden/ ja ſo gar einander unter ſich zugegen ſeynd. Unſere Vorfahren/ wie auch ihre Nach- baren/ haben allezeit geglaubet/ daß eines Kindes Schuldigkeit ſey/ derer jenigen/ ſo es auff dieſe Welt gezeuget/ zupflegen biß an ihr Ende/ und folglich ſie zu Grabe zu- bringen. Es wuͤrde ein Kind einen Vat- ter-Mord begangen haben/ wann es ſeinem Vatter das Leben genommen haͤtte/ und wann er auch noch ſo alt und noch ſo ſehr von A 5

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/25>, abgerufen am 28.04.2024.