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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An sich betr.
durch äußere Empfindungen veranlasset werden, heißen sinn-
liche im eigentlichen Verstande.
§. 32. Es giebt also
sinnliche Einbildungen und Vorhersehungen. Wenn
sinnliche Vorstellungen wieder andre eigenmächtige Vor-
stellungen auf dieselbe Weise, wie die äußern Empfindun-
gen, veranlassen, so sind dieß weniger sinnliche, phy-
siologisch freyere,
§. 27. welche wieder andre noch freye-
re
veranlassen, und wenn endlich die Vorstellungen so sehr
weither von Empfindungen äußerer sinnlicher Eindrücke ent-
stehen, daß der Zusammenhang beyder nicht mehr merklich
ist, und daß sie nur wenig gemeinschaftliche Theile aus al-
len sinnlichern, die sie veranlasset haben, enthalten, so heißen
dieß Vorstellungen des Verstandes, der Vernunft,
höhere abstrakte, allgemeine Begriffe.
Je weniger
eine Vorstellung sinnlich ist, desto weniger läßt sie sich aus
den Empfindungen der äußern sinnlichen Eindrücke erklären
und herleiten, und desto weniger entsteht sie durch den na-
türlichen Zwang derselben, sondern desto mehr nach den
psychologischen Gesetzen der Vorstellungskraft. §. 27.
Wenn hingegen die Vorstellungskraft der Seele aus ihren
äußern Empfindungen gemeinschaftliche Merkmale samm-
let und zusammensetzet, die sie ohne den Beystand ihres äu-
ßern sinnlichen Eindrucks, nur durch die Veranlassung ähn-
licher äußerer sinnlicher Eindrücke eigenmächtig sich vor-
stellete, so veranlasset sie im Gehirne solche materielle Jdeen,
welche mit den materiellen Jdeen der äußern Empfindun-
gen, aus welchen sie gesammlet sind, oder auf die sie sich
beziehen, etwas gemein haben. Sie schafft die Bewegun-
gen im Gehirne unvollständig nach, die nur durch die Mit-
wirkung des äußern sinnlichen Eindrucks der äußern Em-
pfindung aus der die sinnliche Vorstellung gesammlet ist,
vollständig hervorgebracht werden können, und wenn der-
gleichen sinnliche Vorstellungen in der thierischen Oecono-
mie einige Wirkungen äußern, so müssen sie mit denen von
derselben äußern Empfindung zum Theil übereinkommen.

Einbil-

I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
durch aͤußere Empfindungen veranlaſſet werden, heißen ſinn-
liche im eigentlichen Verſtande.
§. 32. Es giebt alſo
ſinnliche Einbildungen und Vorherſehungen. Wenn
ſinnliche Vorſtellungen wieder andre eigenmaͤchtige Vor-
ſtellungen auf dieſelbe Weiſe, wie die aͤußern Empfindun-
gen, veranlaſſen, ſo ſind dieß weniger ſinnliche, phy-
ſiologiſch freyere,
§. 27. welche wieder andre noch freye-
re
veranlaſſen, und wenn endlich die Vorſtellungen ſo ſehr
weither von Empfindungen aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke ent-
ſtehen, daß der Zuſammenhang beyder nicht mehr merklich
iſt, und daß ſie nur wenig gemeinſchaftliche Theile aus al-
len ſinnlichern, die ſie veranlaſſet haben, enthalten, ſo heißen
dieß Vorſtellungen des Verſtandes, der Vernunft,
hoͤhere abſtrakte, allgemeine Begriffe.
Je weniger
eine Vorſtellung ſinnlich iſt, deſto weniger laͤßt ſie ſich aus
den Empfindungen der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke erklaͤren
und herleiten, und deſto weniger entſteht ſie durch den na-
tuͤrlichen Zwang derſelben, ſondern deſto mehr nach den
pſychologiſchen Geſetzen der Vorſtellungskraft. §. 27.
Wenn hingegen die Vorſtellungskraft der Seele aus ihren
aͤußern Empfindungen gemeinſchaftliche Merkmale ſamm-
let und zuſammenſetzet, die ſie ohne den Beyſtand ihres aͤu-
ßern ſinnlichen Eindrucks, nur durch die Veranlaſſung aͤhn-
licher aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke eigenmaͤchtig ſich vor-
ſtellete, ſo veranlaſſet ſie im Gehirne ſolche materielle Jdeen,
welche mit den materiellen Jdeen der aͤußern Empfindun-
gen, aus welchen ſie geſammlet ſind, oder auf die ſie ſich
beziehen, etwas gemein haben. Sie ſchafft die Bewegun-
gen im Gehirne unvollſtaͤndig nach, die nur durch die Mit-
wirkung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks der aͤußern Em-
pfindung aus der die ſinnliche Vorſtellung geſammlet iſt,
vollſtaͤndig hervorgebracht werden koͤnnen, und wenn der-
gleichen ſinnliche Vorſtellungen in der thieriſchen Oecono-
mie einige Wirkungen aͤußern, ſo muͤſſen ſie mit denen von
derſelben aͤußern Empfindung zum Theil uͤbereinkommen.

Einbil-
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[82/0106] I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr. durch aͤußere Empfindungen veranlaſſet werden, heißen ſinn- liche im eigentlichen Verſtande. §. 32. Es giebt alſo ſinnliche Einbildungen und Vorherſehungen. Wenn ſinnliche Vorſtellungen wieder andre eigenmaͤchtige Vor- ſtellungen auf dieſelbe Weiſe, wie die aͤußern Empfindun- gen, veranlaſſen, ſo ſind dieß weniger ſinnliche, phy- ſiologiſch freyere, §. 27. welche wieder andre noch freye- re veranlaſſen, und wenn endlich die Vorſtellungen ſo ſehr weither von Empfindungen aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke ent- ſtehen, daß der Zuſammenhang beyder nicht mehr merklich iſt, und daß ſie nur wenig gemeinſchaftliche Theile aus al- len ſinnlichern, die ſie veranlaſſet haben, enthalten, ſo heißen dieß Vorſtellungen des Verſtandes, der Vernunft, hoͤhere abſtrakte, allgemeine Begriffe. Je weniger eine Vorſtellung ſinnlich iſt, deſto weniger laͤßt ſie ſich aus den Empfindungen der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke erklaͤren und herleiten, und deſto weniger entſteht ſie durch den na- tuͤrlichen Zwang derſelben, ſondern deſto mehr nach den pſychologiſchen Geſetzen der Vorſtellungskraft. §. 27. Wenn hingegen die Vorſtellungskraft der Seele aus ihren aͤußern Empfindungen gemeinſchaftliche Merkmale ſamm- let und zuſammenſetzet, die ſie ohne den Beyſtand ihres aͤu- ßern ſinnlichen Eindrucks, nur durch die Veranlaſſung aͤhn- licher aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke eigenmaͤchtig ſich vor- ſtellete, ſo veranlaſſet ſie im Gehirne ſolche materielle Jdeen, welche mit den materiellen Jdeen der aͤußern Empfindun- gen, aus welchen ſie geſammlet ſind, oder auf die ſie ſich beziehen, etwas gemein haben. Sie ſchafft die Bewegun- gen im Gehirne unvollſtaͤndig nach, die nur durch die Mit- wirkung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks der aͤußern Em- pfindung aus der die ſinnliche Vorſtellung geſammlet iſt, vollſtaͤndig hervorgebracht werden koͤnnen, und wenn der- gleichen ſinnliche Vorſtellungen in der thieriſchen Oecono- mie einige Wirkungen aͤußern, ſo muͤſſen ſie mit denen von derſelben aͤußern Empfindung zum Theil uͤbereinkommen. Einbil-

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/106>, abgerufen am 21.11.2024.