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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An sich betr.
§. 70.

Da die Träume oft Einbildungen (durchgängig sinn-
liche Vorstellungen) der Schlafenden sind, welche bey den
Nachtwanderern so lebhaft werden, daß sie sie nicht von
den äußern Empfindungen unterscheiden, so wie die Seele
solches in der Verrückung im Wachen nicht thut; so gilt
von diesen allen, was §. 67. 69. von den Einbildungen
gelehret worden. Wenn die Seele mehrere Einbildungen
eigenmächtig zusammensetzet, so dichtet sie. B. M. §. 438.
Also gilt auch von den Erdichtungen (Fictionen) der
Seele und ihren materiellen Jdeen, was §. 67-69. von
den Einbildungen überhaupt gesaget worden.

§. 71.

Eben dieselben Vorstellungen der Seele sind mit eben
denselben materiellen Jdeen im Gehirne verbunden. §. 35.
Daß aber die Seele von einerley Vorstellungen, die zu
verschiedener Zeit wiederkommen, erkennt, daß die letzte
eben dieselbe sey, welche die erste war, dazu gehöret eine
abermalige Vorstellung der Seele, und es ist nicht noth-
wendig, daß die erste so lange bis zur letzten fortgedauert
haben müsse, wenn man sie für dieselbe erkennen, das heißt:
sich ihrer erinnnern soll. So wenig nun in der Seele
eine Fortdauer derselben Vorstellungen dazu erfodert wird,
indem man lange Zeit zwischen ihrer Erneuerung gar keine
Spur davon im Gemüthe haben, und hernach doch bey ih-
rer Wiederhervorbringung urtheilen kann, daß es die ehe-
malige sey; so wenig ist es auch nothwendig, daß die ma-
terielle Jdee der Vorstellung, die nach einiger Zeit wieder
entwickelt, oder vom neuen in der Seele hervorgebracht
und von ihr für die vorige erkannt worden, im Gehirne
einen fortwährenden Eindruck bis zu ihrer Erneurung, oder
ein Merkmal hinterlassen haben müsse, dessen die Seele
sich im Gehirne bediente, um die erneuerte ehemalige Vor-
stellung wieder zu erkennen. Vielmehr ist das Wiederer-

kennen
I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
§. 70.

Da die Traͤume oft Einbildungen (durchgaͤngig ſinn-
liche Vorſtellungen) der Schlafenden ſind, welche bey den
Nachtwanderern ſo lebhaft werden, daß ſie ſie nicht von
den aͤußern Empfindungen unterſcheiden, ſo wie die Seele
ſolches in der Verruͤckung im Wachen nicht thut; ſo gilt
von dieſen allen, was §. 67. 69. von den Einbildungen
gelehret worden. Wenn die Seele mehrere Einbildungen
eigenmaͤchtig zuſammenſetzet, ſo dichtet ſie. B. M. §. 438.
Alſo gilt auch von den Erdichtungen (Fictionen) der
Seele und ihren materiellen Jdeen, was §. 67-69. von
den Einbildungen uͤberhaupt geſaget worden.

§. 71.

Eben dieſelben Vorſtellungen der Seele ſind mit eben
denſelben materiellen Jdeen im Gehirne verbunden. §. 35.
Daß aber die Seele von einerley Vorſtellungen, die zu
verſchiedener Zeit wiederkommen, erkennt, daß die letzte
eben dieſelbe ſey, welche die erſte war, dazu gehoͤret eine
abermalige Vorſtellung der Seele, und es iſt nicht noth-
wendig, daß die erſte ſo lange bis zur letzten fortgedauert
haben muͤſſe, wenn man ſie fuͤr dieſelbe erkennen, das heißt:
ſich ihrer erinnnern ſoll. So wenig nun in der Seele
eine Fortdauer derſelben Vorſtellungen dazu erfodert wird,
indem man lange Zeit zwiſchen ihrer Erneuerung gar keine
Spur davon im Gemuͤthe haben, und hernach doch bey ih-
rer Wiederhervorbringung urtheilen kann, daß es die ehe-
malige ſey; ſo wenig iſt es auch nothwendig, daß die ma-
terielle Jdee der Vorſtellung, die nach einiger Zeit wieder
entwickelt, oder vom neuen in der Seele hervorgebracht
und von ihr fuͤr die vorige erkannt worden, im Gehirne
einen fortwaͤhrenden Eindruck bis zu ihrer Erneurung, oder
ein Merkmal hinterlaſſen haben muͤſſe, deſſen die Seele
ſich im Gehirne bediente, um die erneuerte ehemalige Vor-
ſtellung wieder zu erkennen. Vielmehr iſt das Wiederer-

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[84/0108] I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr. §. 70. Da die Traͤume oft Einbildungen (durchgaͤngig ſinn- liche Vorſtellungen) der Schlafenden ſind, welche bey den Nachtwanderern ſo lebhaft werden, daß ſie ſie nicht von den aͤußern Empfindungen unterſcheiden, ſo wie die Seele ſolches in der Verruͤckung im Wachen nicht thut; ſo gilt von dieſen allen, was §. 67. 69. von den Einbildungen gelehret worden. Wenn die Seele mehrere Einbildungen eigenmaͤchtig zuſammenſetzet, ſo dichtet ſie. B. M. §. 438. Alſo gilt auch von den Erdichtungen (Fictionen) der Seele und ihren materiellen Jdeen, was §. 67-69. von den Einbildungen uͤberhaupt geſaget worden. §. 71. Eben dieſelben Vorſtellungen der Seele ſind mit eben denſelben materiellen Jdeen im Gehirne verbunden. §. 35. Daß aber die Seele von einerley Vorſtellungen, die zu verſchiedener Zeit wiederkommen, erkennt, daß die letzte eben dieſelbe ſey, welche die erſte war, dazu gehoͤret eine abermalige Vorſtellung der Seele, und es iſt nicht noth- wendig, daß die erſte ſo lange bis zur letzten fortgedauert haben muͤſſe, wenn man ſie fuͤr dieſelbe erkennen, das heißt: ſich ihrer erinnnern ſoll. So wenig nun in der Seele eine Fortdauer derſelben Vorſtellungen dazu erfodert wird, indem man lange Zeit zwiſchen ihrer Erneuerung gar keine Spur davon im Gemuͤthe haben, und hernach doch bey ih- rer Wiederhervorbringung urtheilen kann, daß es die ehe- malige ſey; ſo wenig iſt es auch nothwendig, daß die ma- terielle Jdee der Vorſtellung, die nach einiger Zeit wieder entwickelt, oder vom neuen in der Seele hervorgebracht und von ihr fuͤr die vorige erkannt worden, im Gehirne einen fortwaͤhrenden Eindruck bis zu ihrer Erneurung, oder ein Merkmal hinterlaſſen haben muͤſſe, deſſen die Seele ſich im Gehirne bediente, um die erneuerte ehemalige Vor- ſtellung wieder zu erkennen. Vielmehr iſt das Wiederer- kennen

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/108>, abgerufen am 21.11.2024.