noch keine bestimmte Begriffe haben, und sogar die thierischen Kräfte selbst, die in den Thieren wirken, nicht kennen? Jn dieser Erkenntniß aber wird man es gewiß nie zu einiger Vollkommen- heit bringen, wenn man nicht die Wirkungen der eigentlichen thierischen Kräfte für sich und abge- sondert betrachtet, und die Gesetze studiert, nach welchen sie, unabhänglich von den zugleich mit- wirkenden physischen und mechanischen Kräf- ten, im thierischen Körper erfolgen.
Hieraus ist nun bey mir die Jdee zu einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper entstanden, wozu die gegen- wärtige Schrift die ersten Gründe darleget, und nach welcher man künftig die Physiologie des gan- zen thierischen Mechanismus, der es bisher an die- sen Grundsätzen noch sehr gefehlet hat, ergänzen, berichtigen und erweitern kann. Ob ich gleich diesen Plan selbst noch nicht vollkommen übersehe, auch ihn nicht einmal nur so gut zu entwerfen ver- mocht habe, daß er mich selbst befriedigte; so ha- be ich doch geglaubt, daß er auch in seiner Unvoll- kommenheit bekannt gemacht zu werden verdiente, damit man nur erst die Nützlichkeit und Nothwen- digkeit einer solchen Trennung der eigentlich thie- rischen von der Physiologie des ganzen thieri- schen Mechanismus daraus erkennete, woran man bisher blos nicht gedacht zu haben scheint. Wenn mich meine Hoffnung nicht trügt, so wird bald ein besserer Kenner der Natur der Thiere, de- ren es in unsern Tagen so Viele giebt, mit wel- chen ich mich gar nicht in Vergleichung stellen darf, durch diesen ersten Versuch gereizet, einen weit
vollkom-
Vorrede.
noch keine beſtimmte Begriffe haben, und ſogar die thieriſchen Kraͤfte ſelbſt, die in den Thieren wirken, nicht kennen? Jn dieſer Erkenntniß aber wird man es gewiß nie zu einiger Vollkommen- heit bringen, wenn man nicht die Wirkungen der eigentlichen thieriſchen Kraͤfte fuͤr ſich und abge- ſondert betrachtet, und die Geſetze ſtudiert, nach welchen ſie, unabhaͤnglich von den zugleich mit- wirkenden phyſiſchen und mechaniſchen Kraͤf- ten, im thieriſchen Koͤrper erfolgen.
Hieraus iſt nun bey mir die Jdee zu einer Phyſiologie der eigentlichen thieriſchen Natur thieriſcher Koͤrper entſtanden, wozu die gegen- waͤrtige Schrift die erſten Gruͤnde darleget, und nach welcher man kuͤnftig die Phyſiologie des gan- zen thieriſchen Mechanismus, der es bisher an die- ſen Grundſaͤtzen noch ſehr gefehlet hat, ergaͤnzen, berichtigen und erweitern kann. Ob ich gleich dieſen Plan ſelbſt noch nicht vollkommen uͤberſehe, auch ihn nicht einmal nur ſo gut zu entwerfen ver- mocht habe, daß er mich ſelbſt befriedigte; ſo ha- be ich doch geglaubt, daß er auch in ſeiner Unvoll- kommenheit bekannt gemacht zu werden verdiente, damit man nur erſt die Nuͤtzlichkeit und Nothwen- digkeit einer ſolchen Trennung der eigentlich thie- riſchen von der Phyſiologie des ganzen thieri- ſchen Mechanismus daraus erkennete, woran man bisher blos nicht gedacht zu haben ſcheint. Wenn mich meine Hoffnung nicht truͤgt, ſo wird bald ein beſſerer Kenner der Natur der Thiere, de- ren es in unſern Tagen ſo Viele giebt, mit wel- chen ich mich gar nicht in Vergleichung ſtellen darf, durch dieſen erſten Verſuch gereizet, einen weit
vollkom-
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[0011]
Vorrede.
noch keine beſtimmte Begriffe haben, und ſogar
die thieriſchen Kraͤfte ſelbſt, die in den Thieren
wirken, nicht kennen? Jn dieſer Erkenntniß
aber wird man es gewiß nie zu einiger Vollkommen-
heit bringen, wenn man nicht die Wirkungen der
eigentlichen thieriſchen Kraͤfte fuͤr ſich und abge-
ſondert betrachtet, und die Geſetze ſtudiert, nach
welchen ſie, unabhaͤnglich von den zugleich mit-
wirkenden phyſiſchen und mechaniſchen Kraͤf-
ten, im thieriſchen Koͤrper erfolgen.
Hieraus iſt nun bey mir die Jdee zu einer
Phyſiologie der eigentlichen thieriſchen Natur
thieriſcher Koͤrper entſtanden, wozu die gegen-
waͤrtige Schrift die erſten Gruͤnde darleget, und
nach welcher man kuͤnftig die Phyſiologie des gan-
zen thieriſchen Mechanismus, der es bisher an die-
ſen Grundſaͤtzen noch ſehr gefehlet hat, ergaͤnzen,
berichtigen und erweitern kann. Ob ich gleich
dieſen Plan ſelbſt noch nicht vollkommen uͤberſehe,
auch ihn nicht einmal nur ſo gut zu entwerfen ver-
mocht habe, daß er mich ſelbſt befriedigte; ſo ha-
be ich doch geglaubt, daß er auch in ſeiner Unvoll-
kommenheit bekannt gemacht zu werden verdiente,
damit man nur erſt die Nuͤtzlichkeit und Nothwen-
digkeit einer ſolchen Trennung der eigentlich thie-
riſchen von der Phyſiologie des ganzen thieri-
ſchen Mechanismus daraus erkennete, woran
man bisher blos nicht gedacht zu haben ſcheint.
Wenn mich meine Hoffnung nicht truͤgt, ſo wird
bald ein beſſerer Kenner der Natur der Thiere, de-
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/11>, abgerufen am 21.11.2024.
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