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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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Wirk. d. mat. Jd. durch die Nerv. in den Mechan.
sogar empfindlich sind, §. 34. 167. sondern sie können
auch wirkliche Seelenwirkungen in ihm hervorbringen, wel-
che man aber in jedem besondern Falle gehörig erweisen
muß. (nach §. 164.) Hierdurch haben sie also einen mit-
telbaren Einfluß in den Umlauf der Säfte und die Verrich-
tung der Adern, welches der erste war, der nach §. 167.
dargethan werden mußte. Einen andern Einfluß haben
die Nerven überhaupt in die Blutgefäße dadurch, daß sie
sich selbst mit den Häuten der Adern vereinigen und da-
durch vielleicht ihre Fleischfäsergen, die sie umgeben, thie-
risch beleben. Dieser Einfluß der Nerven in die Blutge-
fäße ist sehr verborgen, und kaum scheinen sie ihn durch
irgend eine Seelenwirkung zu bewerkstelligen, da die
Schlagadern in den Versuchen nicht einmal Empfindlich-
keit zeigen. H. P. §. 32. Gleichwohl fraget der Herr v.
Haller:
ob nicht vielleicht aus diesen Nerven ein Vermö-
gen der Adern, sich zusammenzuziehen, entstünde? Die
ganze Stelle verdienet hier angeführet zu werden: Auf
"dem äußern fadigten Wesen der Schlagadern laufen an
"vielen Orten Nerven hin, zumal auch über die Schlag-
"adern am Halse und ums Herz; ihre letzten Endungen
"sind auch nicht bestimmet, und die meisten gehen offenbar
"zu andern Theilen. Entsteht vielleicht aus diesen Nerven
"ein Vermögen, sich zusammenzuziehen, das vergrößert
"bis zu Zuckungen ansteigen, vermindert aber in eine Läh-
"mung übergehen kann? Zeiget sich dieses Vermögen im
"Fieber, in einer mit Lähmung verbundenen Schwindung,
"in den Leidenschaften? Gewiß ists indessen, daß in den
"Versuchen die Schlagadern keine Empfindung zeigen, daß
"sie keine sichtbare Reizbarkeit in unsern Erfahrungen ge-
"wiesen haben, und daß die durch eine starke Säure er-
"zwungene Verengerung auch in der längst todten Haut
"entsteht. Vermuthlich ist der Schlagadern zusammenzie-
"hende Kraft und ihr Gefühl, in dem Verhältnisse, wie
"es die kleinen Fleischfasern und die wenigen eigenen Ner-
"ven zulassen." Man kann hier vergleichen, was §. 160.

und
L 4

Wirk. d. mat. Jd. durch die Nerv. in den Mechan.
ſogar empfindlich ſind, §. 34. 167. ſondern ſie koͤnnen
auch wirkliche Seelenwirkungen in ihm hervorbringen, wel-
che man aber in jedem beſondern Falle gehoͤrig erweiſen
muß. (nach §. 164.) Hierdurch haben ſie alſo einen mit-
telbaren Einfluß in den Umlauf der Saͤfte und die Verrich-
tung der Adern, welches der erſte war, der nach §. 167.
dargethan werden mußte. Einen andern Einfluß haben
die Nerven uͤberhaupt in die Blutgefaͤße dadurch, daß ſie
ſich ſelbſt mit den Haͤuten der Adern vereinigen und da-
durch vielleicht ihre Fleiſchfaͤſergen, die ſie umgeben, thie-
riſch beleben. Dieſer Einfluß der Nerven in die Blutge-
faͤße iſt ſehr verborgen, und kaum ſcheinen ſie ihn durch
irgend eine Seelenwirkung zu bewerkſtelligen, da die
Schlagadern in den Verſuchen nicht einmal Empfindlich-
keit zeigen. H. P. §. 32. Gleichwohl fraget der Herr v.
Haller:
ob nicht vielleicht aus dieſen Nerven ein Vermoͤ-
gen der Adern, ſich zuſammenzuziehen, entſtuͤnde? Die
ganze Stelle verdienet hier angefuͤhret zu werden: Auf
„dem aͤußern fadigten Weſen der Schlagadern laufen an
„vielen Orten Nerven hin, zumal auch uͤber die Schlag-
„adern am Halſe und ums Herz; ihre letzten Endungen
„ſind auch nicht beſtimmet, und die meiſten gehen offenbar
„zu andern Theilen. Entſteht vielleicht aus dieſen Nerven
„ein Vermoͤgen, ſich zuſammenzuziehen, das vergroͤßert
„bis zu Zuckungen anſteigen, vermindert aber in eine Laͤh-
„mung uͤbergehen kann? Zeiget ſich dieſes Vermoͤgen im
„Fieber, in einer mit Laͤhmung verbundenen Schwindung,
„in den Leidenſchaften? Gewiß iſts indeſſen, daß in den
„Verſuchen die Schlagadern keine Empfindung zeigen, daß
„ſie keine ſichtbare Reizbarkeit in unſern Erfahrungen ge-
„wieſen haben, und daß die durch eine ſtarke Saͤure er-
„zwungene Verengerung auch in der laͤngſt todten Haut
„entſteht. Vermuthlich iſt der Schlagadern zuſammenzie-
„hende Kraft und ihr Gefuͤhl, in dem Verhaͤltniſſe, wie
„es die kleinen Fleiſchfaſern und die wenigen eigenen Ner-
„ven zulaſſen.“ Man kann hier vergleichen, was §. 160.

und
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[167/0191] Wirk. d. mat. Jd. durch die Nerv. in den Mechan. ſogar empfindlich ſind, §. 34. 167. ſondern ſie koͤnnen auch wirkliche Seelenwirkungen in ihm hervorbringen, wel- che man aber in jedem beſondern Falle gehoͤrig erweiſen muß. (nach §. 164.) Hierdurch haben ſie alſo einen mit- telbaren Einfluß in den Umlauf der Saͤfte und die Verrich- tung der Adern, welches der erſte war, der nach §. 167. dargethan werden mußte. Einen andern Einfluß haben die Nerven uͤberhaupt in die Blutgefaͤße dadurch, daß ſie ſich ſelbſt mit den Haͤuten der Adern vereinigen und da- durch vielleicht ihre Fleiſchfaͤſergen, die ſie umgeben, thie- riſch beleben. Dieſer Einfluß der Nerven in die Blutge- faͤße iſt ſehr verborgen, und kaum ſcheinen ſie ihn durch irgend eine Seelenwirkung zu bewerkſtelligen, da die Schlagadern in den Verſuchen nicht einmal Empfindlich- keit zeigen. H. P. §. 32. Gleichwohl fraget der Herr v. Haller: ob nicht vielleicht aus dieſen Nerven ein Vermoͤ- gen der Adern, ſich zuſammenzuziehen, entſtuͤnde? Die ganze Stelle verdienet hier angefuͤhret zu werden: Auf „dem aͤußern fadigten Weſen der Schlagadern laufen an „vielen Orten Nerven hin, zumal auch uͤber die Schlag- „adern am Halſe und ums Herz; ihre letzten Endungen „ſind auch nicht beſtimmet, und die meiſten gehen offenbar „zu andern Theilen. Entſteht vielleicht aus dieſen Nerven „ein Vermoͤgen, ſich zuſammenzuziehen, das vergroͤßert „bis zu Zuckungen anſteigen, vermindert aber in eine Laͤh- „mung uͤbergehen kann? Zeiget ſich dieſes Vermoͤgen im „Fieber, in einer mit Laͤhmung verbundenen Schwindung, „in den Leidenſchaften? Gewiß iſts indeſſen, daß in den „Verſuchen die Schlagadern keine Empfindung zeigen, daß „ſie keine ſichtbare Reizbarkeit in unſern Erfahrungen ge- „wieſen haben, und daß die durch eine ſtarke Saͤure er- „zwungene Verengerung auch in der laͤngſt todten Haut „entſteht. Vermuthlich iſt der Schlagadern zuſammenzie- „hende Kraft und ihr Gefuͤhl, in dem Verhaͤltniſſe, wie „es die kleinen Fleiſchfaſern und die wenigen eigenen Ner- „ven zulaſſen.“ Man kann hier vergleichen, was §. 160. und L 4

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/191>, abgerufen am 12.05.2024.