stehende Seelenwirkungen der Einbildungen, Vorhersehun- gen, sinnlichen Triebe, Leidenschaften, verständigen Vor- stellungen und Begierden oder Verabscheuungen des Wil- lens, die die äußerlichen Empfindungen der Seele in ihr veranlassen, sind keine wahren unmittelbaren Seelenwir- kungen der äußern Empfindungen, obgleich die materiellen Jdeen einiger dieser durch sie veranlaßten Vorstellungen selbst mittelbare Seelenwirkungen der äußern Empfindun- gen sind. §. 97. 98.
§. 182.
Man hat diese sehr verschiedenen Dinge bisher immer durch einander für unmittelbare Seelenwirkungen der äu- ßern Empfindungen gehalten, und dadurch die Lehre von den äußern Empfindungen in der Physiologie greulich ver- wirret. Es ist also diese wichtige Unterscheidung wohl werth, daß wir sie hier so deutlich als möglich machen, wo- bey wir aber etwas voraus setzen müssen, was erst im an- dern Theile dieses Werks bewiesen werden wird, daß näm- lich der äußerliche sinnliche Eindruck in die Nerven (das äußere Nervengefühl, §. 32.) schon an sich eine thierische bewegende Kraft sey, ehe er zum Gehirn kömmt und da- selbst äußere Empfindungen erzeuget. Die sicherste Ent- scheidung, ob eine in den mechanischen Maschinen durch die äußere Berührung eines Nerven, (in seiner Spitze) er- zeugte Bewegung blos eine Wirkung des äußerlichen sinn- lichen Eindrucks, (Gefühls,) oder der äußern Empfindung sey, besteht darinn, daß man dieselbe Berührung des Ner- ven, worauf die Bewegung erfolget ist, wiederhole, nach- dem man den Nerven vom Gehirne abgeschnitten, oder, zu größerer Sicherheit vor Mitleidenheiten, den ganzen Kopf vom Thiere getrennet hat. Folget dann, so lange, als die S[p]uren des thierischen Lebens nach dieser Trennung noch währen, dieselbe Bewegung von der Berührung des Nerven dennoch, ungeachtet der äußere sinnliche Eindruck nun nicht mehr zum Gehirn fortgepflanzet werden, und
eine
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der aͤußern Empfindungen.
ſtehende Seelenwirkungen der Einbildungen, Vorherſehun- gen, ſinnlichen Triebe, Leidenſchaften, verſtaͤndigen Vor- ſtellungen und Begierden oder Verabſcheuungen des Wil- lens, die die aͤußerlichen Empfindungen der Seele in ihr veranlaſſen, ſind keine wahren unmittelbaren Seelenwir- kungen der aͤußern Empfindungen, obgleich die materiellen Jdeen einiger dieſer durch ſie veranlaßten Vorſtellungen ſelbſt mittelbare Seelenwirkungen der aͤußern Empfindun- gen ſind. §. 97. 98.
§. 182.
Man hat dieſe ſehr verſchiedenen Dinge bisher immer durch einander fuͤr unmittelbare Seelenwirkungen der aͤu- ßern Empfindungen gehalten, und dadurch die Lehre von den aͤußern Empfindungen in der Phyſiologie greulich ver- wirret. Es iſt alſo dieſe wichtige Unterſcheidung wohl werth, daß wir ſie hier ſo deutlich als moͤglich machen, wo- bey wir aber etwas voraus ſetzen muͤſſen, was erſt im an- dern Theile dieſes Werks bewieſen werden wird, daß naͤm- lich der aͤußerliche ſinnliche Eindruck in die Nerven (das aͤußere Nervengefuͤhl, §. 32.) ſchon an ſich eine thieriſche bewegende Kraft ſey, ehe er zum Gehirn koͤmmt und da- ſelbſt aͤußere Empfindungen erzeuget. Die ſicherſte Ent- ſcheidung, ob eine in den mechaniſchen Maſchinen durch die aͤußere Beruͤhrung eines Nerven, (in ſeiner Spitze) er- zeugte Bewegung blos eine Wirkung des aͤußerlichen ſinn- lichen Eindrucks, (Gefuͤhls,) oder der aͤußern Empfindung ſey, beſteht darinn, daß man dieſelbe Beruͤhrung des Ner- ven, worauf die Bewegung erfolget iſt, wiederhole, nach- dem man den Nerven vom Gehirne abgeſchnitten, oder, zu groͤßerer Sicherheit vor Mitleidenheiten, den ganzen Kopf vom Thiere getrennet hat. Folget dann, ſo lange, als die S[p]uren des thieriſchen Lebens nach dieſer Trennung noch waͤhren, dieſelbe Bewegung von der Beruͤhrung des Nerven dennoch, ungeachtet der aͤußere ſinnliche Eindruck nun nicht mehr zum Gehirn fortgepflanzet werden, und
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der aͤußern Empfindungen.
ſtehende Seelenwirkungen der Einbildungen, Vorherſehun-
gen, ſinnlichen Triebe, Leidenſchaften, verſtaͤndigen Vor-
ſtellungen und Begierden oder Verabſcheuungen des Wil-
lens, die die aͤußerlichen Empfindungen der Seele in ihr
veranlaſſen, ſind keine wahren unmittelbaren Seelenwir-
kungen der aͤußern Empfindungen, obgleich die materiellen
Jdeen einiger dieſer durch ſie veranlaßten Vorſtellungen
ſelbſt mittelbare Seelenwirkungen der aͤußern Empfindun-
gen ſind. §. 97. 98.
§. 182.
Man hat dieſe ſehr verſchiedenen Dinge bisher immer
durch einander fuͤr unmittelbare Seelenwirkungen der aͤu-
ßern Empfindungen gehalten, und dadurch die Lehre von
den aͤußern Empfindungen in der Phyſiologie greulich ver-
wirret. Es iſt alſo dieſe wichtige Unterſcheidung wohl
werth, daß wir ſie hier ſo deutlich als moͤglich machen, wo-
bey wir aber etwas voraus ſetzen muͤſſen, was erſt im an-
dern Theile dieſes Werks bewieſen werden wird, daß naͤm-
lich der aͤußerliche ſinnliche Eindruck in die Nerven (das
aͤußere Nervengefuͤhl, §. 32.) ſchon an ſich eine thieriſche
bewegende Kraft ſey, ehe er zum Gehirn koͤmmt und da-
ſelbſt aͤußere Empfindungen erzeuget. Die ſicherſte Ent-
ſcheidung, ob eine in den mechaniſchen Maſchinen durch
die aͤußere Beruͤhrung eines Nerven, (in ſeiner Spitze) er-
zeugte Bewegung blos eine Wirkung des aͤußerlichen ſinn-
lichen Eindrucks, (Gefuͤhls,) oder der aͤußern Empfindung
ſey, beſteht darinn, daß man dieſelbe Beruͤhrung des Ner-
ven, worauf die Bewegung erfolget iſt, wiederhole, nach-
dem man den Nerven vom Gehirne abgeſchnitten, oder,
zu groͤßerer Sicherheit vor Mitleidenheiten, den ganzen
Kopf vom Thiere getrennet hat. Folget dann, ſo lange,
als die Spuren des thieriſchen Lebens nach dieſer Trennung
noch waͤhren, dieſelbe Bewegung von der Beruͤhrung des
Nerven dennoch, ungeachtet der aͤußere ſinnliche Eindruck
nun nicht mehr zum Gehirn fortgepflanzet werden, und
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/203>, abgerufen am 22.11.2024.
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