Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.der sinnlichen Triebe. die Lebensbewegungen gehen wieder in ihre Ordnung zu-rück, und die unvollständigen Ausdrücke der Bewegungen, die bey der Befriedigung vollständig wurden, hören auf. §. 255. Da aber die Befriedigung selbst eine Empfin- dung ist, so bringt diese in den mechanischen Maschinen ih- re besondern Seelenwirkungen als eine wahre Empfindung hervor, und diese gehören auch nicht zum Triebe. So sind die Zuckungen bey der Befriedigung des Triebes zur Be- gattung vom höchsten Grade des Kitzels. Wenn, wie in diesem Falle, und in allen wahren blinden Trieben, die be- friedigende Empfindung eine äußerliche ist, so kann der äu- ßere sinnliche Eindruck noch besondre Nervenwirkungen in den Maschinen erregen, §. 183. die dem Triebe ganz fremd sind, und nicht einmal, als solche, zu seiner Befriedigung gehören. §. 184. N. 1. §. 276. 1. Ob es gleich starke sinnliche Begierden und Verab- scheuungen geben kann, und häufig giebt, die nicht durch äußere Empfindungen unmittelbar veranlasset, auch nicht unmittelbar durch sie befriediget werden, und zu deren Er- regung und Befriedigung also auch ein äußerer sinnlicher Eindruck in die Nerven nicht unmittelbar erfodert wird, §. 258. wovon die, so sich blos auf Einbildungen, Erdich- tungen, Gesichter, Erscheinungen, Ahndungen etc. grün- den, und auch durch solche befriediget werden, Beyspiele genug an die Hand geben; so entstehen sie doch alle aus sinnlichen Reizungen, und werden in so fern durch äußere sinnliche Eindrücke in die Nerven sowohl in der Erregung als Befriedigung, obgleich nicht unmittelbar, jedoch auf nähere Weise bestimmet. §. 66. Was aber die eigentli- chen natürlichen, regelmäßigen, und den Thieren zu ihrem Leben und Wohlseyn anerschaffenen Triebe betrifft, §. 262. so werden sie alle, so viel wir deren bemerken, unmittelbar durch äußere Empfindungen erreget und befriediget, wozu in beyden Fällen wahre äußere sinnliche Eindrücke erfodert werden, R 2
der ſinnlichen Triebe. die Lebensbewegungen gehen wieder in ihre Ordnung zu-ruͤck, und die unvollſtaͤndigen Ausdruͤcke der Bewegungen, die bey der Befriedigung vollſtaͤndig wurden, hoͤren auf. §. 255. Da aber die Befriedigung ſelbſt eine Empfin- dung iſt, ſo bringt dieſe in den mechaniſchen Maſchinen ih- re beſondern Seelenwirkungen als eine wahre Empfindung hervor, und dieſe gehoͤren auch nicht zum Triebe. So ſind die Zuckungen bey der Befriedigung des Triebes zur Be- gattung vom hoͤchſten Grade des Kitzels. Wenn, wie in dieſem Falle, und in allen wahren blinden Trieben, die be- friedigende Empfindung eine aͤußerliche iſt, ſo kann der aͤu- ßere ſinnliche Eindruck noch beſondre Nervenwirkungen in den Maſchinen erregen, §. 183. die dem Triebe ganz fremd ſind, und nicht einmal, als ſolche, zu ſeiner Befriedigung gehoͤren. §. 184. N. 1. §. 276. 1. Ob es gleich ſtarke ſinnliche Begierden und Verab- ſcheuungen geben kann, und haͤufig giebt, die nicht durch aͤußere Empfindungen unmittelbar veranlaſſet, auch nicht unmittelbar durch ſie befriediget werden, und zu deren Er- regung und Befriedigung alſo auch ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck in die Nerven nicht unmittelbar erfodert wird, §. 258. wovon die, ſo ſich blos auf Einbildungen, Erdich- tungen, Geſichter, Erſcheinungen, Ahndungen ꝛc. gruͤn- den, und auch durch ſolche befriediget werden, Beyſpiele genug an die Hand geben; ſo entſtehen ſie doch alle aus ſinnlichen Reizungen, und werden in ſo fern durch aͤußere ſinnliche Eindruͤcke in die Nerven ſowohl in der Erregung als Befriedigung, obgleich nicht unmittelbar, jedoch auf naͤhere Weiſe beſtimmet. §. 66. Was aber die eigentli- chen natuͤrlichen, regelmaͤßigen, und den Thieren zu ihrem Leben und Wohlſeyn anerſchaffenen Triebe betrifft, §. 262. ſo werden ſie alle, ſo viel wir deren bemerken, unmittelbar durch aͤußere Empfindungen erreget und befriediget, wozu in beyden Faͤllen wahre aͤußere ſinnliche Eindruͤcke erfodert werden, R 2
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der ſinnlichen Triebe.
die Lebensbewegungen gehen wieder in ihre Ordnung zu-
ruͤck, und die unvollſtaͤndigen Ausdruͤcke der Bewegungen,
die bey der Befriedigung vollſtaͤndig wurden, hoͤren auf.
§. 255. Da aber die Befriedigung ſelbſt eine Empfin-
dung iſt, ſo bringt dieſe in den mechaniſchen Maſchinen ih-
re beſondern Seelenwirkungen als eine wahre Empfindung
hervor, und dieſe gehoͤren auch nicht zum Triebe. So ſind
die Zuckungen bey der Befriedigung des Triebes zur Be-
gattung vom hoͤchſten Grade des Kitzels. Wenn, wie in
dieſem Falle, und in allen wahren blinden Trieben, die be-
friedigende Empfindung eine aͤußerliche iſt, ſo kann der aͤu-
ßere ſinnliche Eindruck noch beſondre Nervenwirkungen in
den Maſchinen erregen, §. 183. die dem Triebe ganz fremd
ſind, und nicht einmal, als ſolche, zu ſeiner Befriedigung
gehoͤren. §. 184. N. 1.
§. 276.
1. Ob es gleich ſtarke ſinnliche Begierden und Verab-
ſcheuungen geben kann, und haͤufig giebt, die nicht durch
aͤußere Empfindungen unmittelbar veranlaſſet, auch nicht
unmittelbar durch ſie befriediget werden, und zu deren Er-
regung und Befriedigung alſo auch ein aͤußerer ſinnlicher
Eindruck in die Nerven nicht unmittelbar erfodert wird, §.
258. wovon die, ſo ſich blos auf Einbildungen, Erdich-
tungen, Geſichter, Erſcheinungen, Ahndungen ꝛc. gruͤn-
den, und auch durch ſolche befriediget werden, Beyſpiele
genug an die Hand geben; ſo entſtehen ſie doch alle aus
ſinnlichen Reizungen, und werden in ſo fern durch aͤußere
ſinnliche Eindruͤcke in die Nerven ſowohl in der Erregung
als Befriedigung, obgleich nicht unmittelbar, jedoch auf
naͤhere Weiſe beſtimmet. §. 66. Was aber die eigentli-
chen natuͤrlichen, regelmaͤßigen, und den Thieren zu ihrem
Leben und Wohlſeyn anerſchaffenen Triebe betrifft, §. 262.
ſo werden ſie alle, ſo viel wir deren bemerken, unmittelbar
durch aͤußere Empfindungen erreget und befriediget, wozu
in beyden Faͤllen wahre aͤußere ſinnliche Eindruͤcke erfodert
werden,
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