licher Triebe wieder in viele niedere Arten eingetheilet wer- den kann, so werden wir von diesen allein die vornehmsten in Erwägung ziehen, um dadurch nur blos den Grund zu einer ausführlichen Lehre von den Seelenwirkungen der Triebe in die thierischen Körper zu legen.
§. 279.
Die sinnlichen Triebe der Selbsterhaltung und Selbst- vertheidigung könnten, was ihre Gegenstände und natür- lichen Zwecke, nämlich die Erhaltung und das Wohlseyn des Thieres betrifft, in Eine Klasse gebracht werden, da diese Gegenstände und Zwecke sowohl durch die Hervorbrin- gung der Empfindungen, welche die Mittel dazu sind, also durch Begierden, als auch durch die Hervorbrin- gung des Gegentheils derer, die den Untergang und das Uebelbefinden des Thieres befördern würden, also durch Verabscheuungen, erhalten werden. §. 262. So gehö- ren die Triebe der Thiere, sich Wohnungen anzulegen, sich zu erwärmen, den Gefahren des Winters auszuweichen, beschwerliche Empfindungen zu vermeiden oder abzuweh- ren, in dieser Verhältniß eben so gewiß zu den Trieben der Selbsterhaltung, als die, sich zu ernähren, zu bewegen, auszuruhen, u. s. w. obgleich die ersten auch zugleich Ver- theidigungstriebe sind. Mithin könnte man alle Verthei- digungstriebe unter die Erhaltungstriebe nehmen. Allein da jedem Thiere gewisse natürliche Werkzeuge, als Waffen, zu seiner Vertheidigung gegen ihm schädliche Angriffe, ver- liehen worden sind, und es auch hierzu besondre Triebe, sich dieser Waffen zu bedienen, besitzt, welche sich ganz be- sonders von den übrigen Erhaltungstrieben, die auch zu- gleich Vertheidigungstriebe sind, unterscheiden; so werden wir wenigstens den Wehrtrieb in die Klasse der Vertheidi- gungstriebe setzen, alle übrige aber, die die Erhaltung und das Wohlseyn des Thieres selbst, nicht aber seiner Ab- kömmlinge, zum Zwecke haben, ob es gleich Abwendungen von Gefahren sind, und durch Verabscheuungen gewirket werden, unter den Erhaltungstrieben betrachten.
Die
R 4
der ſinnlichen Triebe.
licher Triebe wieder in viele niedere Arten eingetheilet wer- den kann, ſo werden wir von dieſen allein die vornehmſten in Erwaͤgung ziehen, um dadurch nur blos den Grund zu einer ausfuͤhrlichen Lehre von den Seelenwirkungen der Triebe in die thieriſchen Koͤrper zu legen.
§. 279.
Die ſinnlichen Triebe der Selbſterhaltung und Selbſt- vertheidigung koͤnnten, was ihre Gegenſtaͤnde und natuͤr- lichen Zwecke, naͤmlich die Erhaltung und das Wohlſeyn des Thieres betrifft, in Eine Klaſſe gebracht werden, da dieſe Gegenſtaͤnde und Zwecke ſowohl durch die Hervorbrin- gung der Empfindungen, welche die Mittel dazu ſind, alſo durch Begierden, als auch durch die Hervorbrin- gung des Gegentheils derer, die den Untergang und das Uebelbefinden des Thieres befoͤrdern wuͤrden, alſo durch Verabſcheuungen, erhalten werden. §. 262. So gehoͤ- ren die Triebe der Thiere, ſich Wohnungen anzulegen, ſich zu erwaͤrmen, den Gefahren des Winters auszuweichen, beſchwerliche Empfindungen zu vermeiden oder abzuweh- ren, in dieſer Verhaͤltniß eben ſo gewiß zu den Trieben der Selbſterhaltung, als die, ſich zu ernaͤhren, zu bewegen, auszuruhen, u. ſ. w. obgleich die erſten auch zugleich Ver- theidigungstriebe ſind. Mithin koͤnnte man alle Verthei- digungstriebe unter die Erhaltungstriebe nehmen. Allein da jedem Thiere gewiſſe natuͤrliche Werkzeuge, als Waffen, zu ſeiner Vertheidigung gegen ihm ſchaͤdliche Angriffe, ver- liehen worden ſind, und es auch hierzu beſondre Triebe, ſich dieſer Waffen zu bedienen, beſitzt, welche ſich ganz be- ſonders von den uͤbrigen Erhaltungstrieben, die auch zu- gleich Vertheidigungstriebe ſind, unterſcheiden; ſo werden wir wenigſtens den Wehrtrieb in die Klaſſe der Vertheidi- gungstriebe ſetzen, alle uͤbrige aber, die die Erhaltung und das Wohlſeyn des Thieres ſelbſt, nicht aber ſeiner Ab- koͤmmlinge, zum Zwecke haben, ob es gleich Abwendungen von Gefahren ſind, und durch Verabſcheuungen gewirket werden, unter den Erhaltungstrieben betrachten.
Die
R 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0287"n="263"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der ſinnlichen Triebe.</hi></fw><lb/>
licher Triebe wieder in viele niedere Arten eingetheilet wer-<lb/>
den kann, ſo werden wir von dieſen allein die vornehmſten<lb/>
in Erwaͤgung ziehen, um dadurch nur blos den Grund zu<lb/>
einer ausfuͤhrlichen Lehre von den Seelenwirkungen der<lb/>
Triebe in die thieriſchen Koͤrper zu legen.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 279.</head><lb/><p>Die ſinnlichen Triebe der Selbſterhaltung und Selbſt-<lb/>
vertheidigung koͤnnten, was ihre Gegenſtaͤnde und natuͤr-<lb/>
lichen Zwecke, naͤmlich die Erhaltung und das Wohlſeyn<lb/>
des Thieres betrifft, in Eine Klaſſe gebracht werden, da<lb/>
dieſe Gegenſtaͤnde und Zwecke ſowohl durch die Hervorbrin-<lb/>
gung der Empfindungen, welche die Mittel dazu ſind,<lb/>
alſo durch Begierden, als auch durch die Hervorbrin-<lb/>
gung des Gegentheils derer, die den Untergang und das<lb/>
Uebelbefinden des Thieres befoͤrdern wuͤrden, alſo durch<lb/>
Verabſcheuungen, erhalten werden. §. 262. So gehoͤ-<lb/>
ren die Triebe der Thiere, ſich Wohnungen anzulegen, ſich<lb/>
zu erwaͤrmen, den Gefahren des Winters auszuweichen,<lb/>
beſchwerliche Empfindungen zu vermeiden oder abzuweh-<lb/>
ren, in dieſer Verhaͤltniß eben ſo gewiß zu den Trieben der<lb/>
Selbſterhaltung, als die, ſich zu ernaͤhren, zu bewegen,<lb/>
auszuruhen, u. ſ. w. obgleich die erſten auch zugleich Ver-<lb/>
theidigungstriebe ſind. Mithin koͤnnte man alle Verthei-<lb/>
digungstriebe unter die Erhaltungstriebe nehmen. Allein<lb/>
da jedem Thiere gewiſſe natuͤrliche Werkzeuge, als Waffen,<lb/>
zu ſeiner Vertheidigung gegen ihm ſchaͤdliche Angriffe, ver-<lb/>
liehen worden ſind, und es auch hierzu beſondre Triebe,<lb/>ſich dieſer Waffen zu bedienen, beſitzt, welche ſich ganz be-<lb/>ſonders von den uͤbrigen Erhaltungstrieben, die auch zu-<lb/>
gleich Vertheidigungstriebe ſind, unterſcheiden; ſo werden<lb/>
wir wenigſtens den Wehrtrieb in die Klaſſe der Vertheidi-<lb/>
gungstriebe ſetzen, alle uͤbrige aber, die die Erhaltung und<lb/>
das Wohlſeyn des Thieres ſelbſt, nicht aber ſeiner Ab-<lb/>
koͤmmlinge, zum Zwecke haben, ob es gleich Abwendungen<lb/>
von Gefahren ſind, und durch Verabſcheuungen gewirket<lb/>
werden, unter den Erhaltungstrieben betrachten.</p></div></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig">R 4</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Die</hi></fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[263/0287]
der ſinnlichen Triebe.
licher Triebe wieder in viele niedere Arten eingetheilet wer-
den kann, ſo werden wir von dieſen allein die vornehmſten
in Erwaͤgung ziehen, um dadurch nur blos den Grund zu
einer ausfuͤhrlichen Lehre von den Seelenwirkungen der
Triebe in die thieriſchen Koͤrper zu legen.
§. 279.
Die ſinnlichen Triebe der Selbſterhaltung und Selbſt-
vertheidigung koͤnnten, was ihre Gegenſtaͤnde und natuͤr-
lichen Zwecke, naͤmlich die Erhaltung und das Wohlſeyn
des Thieres betrifft, in Eine Klaſſe gebracht werden, da
dieſe Gegenſtaͤnde und Zwecke ſowohl durch die Hervorbrin-
gung der Empfindungen, welche die Mittel dazu ſind,
alſo durch Begierden, als auch durch die Hervorbrin-
gung des Gegentheils derer, die den Untergang und das
Uebelbefinden des Thieres befoͤrdern wuͤrden, alſo durch
Verabſcheuungen, erhalten werden. §. 262. So gehoͤ-
ren die Triebe der Thiere, ſich Wohnungen anzulegen, ſich
zu erwaͤrmen, den Gefahren des Winters auszuweichen,
beſchwerliche Empfindungen zu vermeiden oder abzuweh-
ren, in dieſer Verhaͤltniß eben ſo gewiß zu den Trieben der
Selbſterhaltung, als die, ſich zu ernaͤhren, zu bewegen,
auszuruhen, u. ſ. w. obgleich die erſten auch zugleich Ver-
theidigungstriebe ſind. Mithin koͤnnte man alle Verthei-
digungstriebe unter die Erhaltungstriebe nehmen. Allein
da jedem Thiere gewiſſe natuͤrliche Werkzeuge, als Waffen,
zu ſeiner Vertheidigung gegen ihm ſchaͤdliche Angriffe, ver-
liehen worden ſind, und es auch hierzu beſondre Triebe,
ſich dieſer Waffen zu bedienen, beſitzt, welche ſich ganz be-
ſonders von den uͤbrigen Erhaltungstrieben, die auch zu-
gleich Vertheidigungstriebe ſind, unterſcheiden; ſo werden
wir wenigſtens den Wehrtrieb in die Klaſſe der Vertheidi-
gungstriebe ſetzen, alle uͤbrige aber, die die Erhaltung und
das Wohlſeyn des Thieres ſelbſt, nicht aber ſeiner Ab-
koͤmmlinge, zum Zwecke haben, ob es gleich Abwendungen
von Gefahren ſind, und durch Verabſcheuungen gewirket
werden, unter den Erhaltungstrieben betrachten.
Die
R 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/287>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.