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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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des Willens.
ren Umgang wir aus Bewegungsgründen verabscheuen,
so entsteht der Streit der Sinnlichkeit mit dem Willen,
worinn die öftern Niederlagen des letztern so berühmt
sind. Video meliora proboque, deteriora sequor. Wir
wollen die Veranlassungen des Umgangs hindern, indem
uns der verliebte Trieb zwingt, ihn zu suchen.

§. 338.

Wenn die Vorstellung des Gegenstandes des Willens
entweder eine sinnliche, oder eine solche ist, die die See-
le blos durch ihre Vorstellungskraft nicht eigenmächtig
hervorzubringen vermag, so erfolget die Befriedigung
des Willens nicht so, wie in gegenseitigen Fällen, §.
336. und so kann auch der Wille die freywilligen Be-
wegungen nicht vollständig machen, wozu sich die Kräfte
in der Begierde anstrengen. (§. 335.) So kann der
souverainste Wille nichts erfüllen, wozu eine äußere Em-
pfindung nöthig wäre, so lange der äußere sinnliche Ein-
druck nicht hinzukömmt; so kann er keine Ueberzeugung
von einer Ungereimtheit in sich erzwingen; so kann er
sich von den Farben keinen deutlichen Begriff formiren,
und so kann auch alle Anstrengung der Muskeln die Be-
gierden des Willens nicht erfüllen, wenn wir über ei-
nen Thurm springen wollen, weil die Erfüllung etwas
Ungereimtes ist.

§. 339.

Alle unsre Bewegungsgründe sind mit sinnlichen
Reizungen vergesellschaftet, und alle vernünftige Begier-
den und Verabscheuungen zugleich sinnlich. (Baumg. Met.
§. 512.) §. 65. Daher ist unser Wille nicht so frey,
daß er nicht seine Bewegungsgründe mit von der Sinn-
lichkeit annehmen, oder bestreiten lassen, §. 333. seine
Bestrebungen mit den sinnlichen entweder vereinigen, oder

in

des Willens.
ren Umgang wir aus Bewegungsgruͤnden verabſcheuen,
ſo entſteht der Streit der Sinnlichkeit mit dem Willen,
worinn die oͤftern Niederlagen des letztern ſo beruͤhmt
ſind. Video meliora proboque, deteriora ſequor. Wir
wollen die Veranlaſſungen des Umgangs hindern, indem
uns der verliebte Trieb zwingt, ihn zu ſuchen.

§. 338.

Wenn die Vorſtellung des Gegenſtandes des Willens
entweder eine ſinnliche, oder eine ſolche iſt, die die See-
le blos durch ihre Vorſtellungskraft nicht eigenmaͤchtig
hervorzubringen vermag, ſo erfolget die Befriedigung
des Willens nicht ſo, wie in gegenſeitigen Faͤllen, §.
336. und ſo kann auch der Wille die freywilligen Be-
wegungen nicht vollſtaͤndig machen, wozu ſich die Kraͤfte
in der Begierde anſtrengen. (§. 335.) So kann der
ſouverainſte Wille nichts erfuͤllen, wozu eine aͤußere Em-
pfindung noͤthig waͤre, ſo lange der aͤußere ſinnliche Ein-
druck nicht hinzukoͤmmt; ſo kann er keine Ueberzeugung
von einer Ungereimtheit in ſich erzwingen; ſo kann er
ſich von den Farben keinen deutlichen Begriff formiren,
und ſo kann auch alle Anſtrengung der Muskeln die Be-
gierden des Willens nicht erfuͤllen, wenn wir uͤber ei-
nen Thurm ſpringen wollen, weil die Erfuͤllung etwas
Ungereimtes iſt.

§. 339.

Alle unſre Bewegungsgruͤnde ſind mit ſinnlichen
Reizungen vergeſellſchaftet, und alle vernuͤnftige Begier-
den und Verabſcheuungen zugleich ſinnlich. (Baumg. Met.
§. 512.) §. 65. Daher iſt unſer Wille nicht ſo frey,
daß er nicht ſeine Bewegungsgruͤnde mit von der Sinn-
lichkeit annehmen, oder beſtreiten laſſen, §. 333. ſeine
Beſtrebungen mit den ſinnlichen entweder vereinigen, oder

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[331/0355] des Willens. ren Umgang wir aus Bewegungsgruͤnden verabſcheuen, ſo entſteht der Streit der Sinnlichkeit mit dem Willen, worinn die oͤftern Niederlagen des letztern ſo beruͤhmt ſind. Video meliora proboque, deteriora ſequor. Wir wollen die Veranlaſſungen des Umgangs hindern, indem uns der verliebte Trieb zwingt, ihn zu ſuchen. §. 338. Wenn die Vorſtellung des Gegenſtandes des Willens entweder eine ſinnliche, oder eine ſolche iſt, die die See- le blos durch ihre Vorſtellungskraft nicht eigenmaͤchtig hervorzubringen vermag, ſo erfolget die Befriedigung des Willens nicht ſo, wie in gegenſeitigen Faͤllen, §. 336. und ſo kann auch der Wille die freywilligen Be- wegungen nicht vollſtaͤndig machen, wozu ſich die Kraͤfte in der Begierde anſtrengen. (§. 335.) So kann der ſouverainſte Wille nichts erfuͤllen, wozu eine aͤußere Em- pfindung noͤthig waͤre, ſo lange der aͤußere ſinnliche Ein- druck nicht hinzukoͤmmt; ſo kann er keine Ueberzeugung von einer Ungereimtheit in ſich erzwingen; ſo kann er ſich von den Farben keinen deutlichen Begriff formiren, und ſo kann auch alle Anſtrengung der Muskeln die Be- gierden des Willens nicht erfuͤllen, wenn wir uͤber ei- nen Thurm ſpringen wollen, weil die Erfuͤllung etwas Ungereimtes iſt. §. 339. Alle unſre Bewegungsgruͤnde ſind mit ſinnlichen Reizungen vergeſellſchaftet, und alle vernuͤnftige Begier- den und Verabſcheuungen zugleich ſinnlich. (Baumg. Met. §. 512.) §. 65. Daher iſt unſer Wille nicht ſo frey, daß er nicht ſeine Bewegungsgruͤnde mit von der Sinn- lichkeit annehmen, oder beſtreiten laſſen, §. 333. ſeine Beſtrebungen mit den ſinnlichen entweder vereinigen, oder in

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/355>, abgerufen am 22.11.2024.