Der äußere sinnliche Eindruck in die Nerven kann also, ob er gleich nicht bis zum Gehirn fort- geht, auch nicht empfunden wird, eben diejenigen thierischen Bewegungen im Körper hervorbringen, als wenn er empfunden würde. §. 357. Diese Be- wegungen sind thierisch: denn sie lassen sich nicht aus phy- sischen und mechanischen Gesetzen allein hinlänglich herlei- ten, §. 33. 42. welches der Herr v. Haller besonders von der Muskelbewegung erwiesen hat. §. 162. H. P. §. 412. Sie erfolgen nicht nothwendig mit den Vorstellungen der Seele übereinstimmend, weil der äußere sinnliche Eindruck, der sie wirket, gar nicht empfunden zu werden brauchet, und sind in so fern keine durch ihn veranlaßte Seelenwir- kungen, das ist, keine Seelenwirkungen von äußern Em- pfindungen, §. 98. 42. N. 2. ob sie es gleich im natürli- chen Zustande zugleich seyn können, und oft sind. §. 183. Also sind es Nervenwirkungen von der Nervenkraft des äußern sinnlichen Eindrucks, §. 353. die dieser im Kör- per für sich hervorbringt, ob sie gleich die äußere Empfin- dung der Seele entweder zugleich mit oder nicht mitwirket.
§. 359.
Wenn ein Nerve, der von innern sinnlichen Eindrü- cken der Vorstellungen in seinen Ursprung im Gehirne, zur Hervorbringung gewisser thierischer Bewegungen gereizet zu werden pfleget, von andern innern sinnlichen Eindrücken in seinen Ursprung im Gehirne, (die keine materiellen Jdeen sind, §. 121.) oder, nachdem er mit dem Orte sei- nes Ursprungs im Gehirne, oder mit dem ganzen Gehirne außer allen Zusammenhang gesetzet, z. E. abgebunden, ab- geschnitten, oder der ganze Kopf vom Rumpfe getrennet worden, von andern innern sinnlichen Eindrücken in das Mark seines Stammes (vom Gehirne herwärts nach den Spitzen hin, §. 121.) gereizet wird; so verursachen doch, so lange noch einige (schon oben §. 357. angeführte) Spu-
ren
1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
§. 358.
Der aͤußere ſinnliche Eindruck in die Nerven kann alſo, ob er gleich nicht bis zum Gehirn fort- geht, auch nicht empfunden wird, eben diejenigen thieriſchen Bewegungen im Koͤrper hervorbringen, als wenn er empfunden wuͤrde. §. 357. Dieſe Be- wegungen ſind thieriſch: denn ſie laſſen ſich nicht aus phy- ſiſchen und mechaniſchen Geſetzen allein hinlaͤnglich herlei- ten, §. 33. 42. welches der Herr v. Haller beſonders von der Muskelbewegung erwieſen hat. §. 162. H. P. §. 412. Sie erfolgen nicht nothwendig mit den Vorſtellungen der Seele uͤbereinſtimmend, weil der aͤußere ſinnliche Eindruck, der ſie wirket, gar nicht empfunden zu werden brauchet, und ſind in ſo fern keine durch ihn veranlaßte Seelenwir- kungen, das iſt, keine Seelenwirkungen von aͤußern Em- pfindungen, §. 98. 42. N. 2. ob ſie es gleich im natuͤrli- chen Zuſtande zugleich ſeyn koͤnnen, und oft ſind. §. 183. Alſo ſind es Nervenwirkungen von der Nervenkraft des aͤußern ſinnlichen Eindrucks, §. 353. die dieſer im Koͤr- per fuͤr ſich hervorbringt, ob ſie gleich die aͤußere Empfin- dung der Seele entweder zugleich mit oder nicht mitwirket.
§. 359.
Wenn ein Nerve, der von innern ſinnlichen Eindruͤ- cken der Vorſtellungen in ſeinen Urſprung im Gehirne, zur Hervorbringung gewiſſer thieriſcher Bewegungen gereizet zu werden pfleget, von andern innern ſinnlichen Eindruͤcken in ſeinen Urſprung im Gehirne, (die keine materiellen Jdeen ſind, §. 121.) oder, nachdem er mit dem Orte ſei- nes Urſprungs im Gehirne, oder mit dem ganzen Gehirne außer allen Zuſammenhang geſetzet, z. E. abgebunden, ab- geſchnitten, oder der ganze Kopf vom Rumpfe getrennet worden, von andern innern ſinnlichen Eindruͤcken in das Mark ſeines Stammes (vom Gehirne herwaͤrts nach den Spitzen hin, §. 121.) gereizet wird; ſo verurſachen doch, ſo lange noch einige (ſchon oben §. 357. angefuͤhrte) Spu-
ren
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1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
§. 358.
Der aͤußere ſinnliche Eindruck in die Nerven
kann alſo, ob er gleich nicht bis zum Gehirn fort-
geht, auch nicht empfunden wird, eben diejenigen
thieriſchen Bewegungen im Koͤrper hervorbringen,
als wenn er empfunden wuͤrde. §. 357. Dieſe Be-
wegungen ſind thieriſch: denn ſie laſſen ſich nicht aus phy-
ſiſchen und mechaniſchen Geſetzen allein hinlaͤnglich herlei-
ten, §. 33. 42. welches der Herr v. Haller beſonders von
der Muskelbewegung erwieſen hat. §. 162. H. P. §. 412.
Sie erfolgen nicht nothwendig mit den Vorſtellungen der
Seele uͤbereinſtimmend, weil der aͤußere ſinnliche Eindruck,
der ſie wirket, gar nicht empfunden zu werden brauchet,
und ſind in ſo fern keine durch ihn veranlaßte Seelenwir-
kungen, das iſt, keine Seelenwirkungen von aͤußern Em-
pfindungen, §. 98. 42. N. 2. ob ſie es gleich im natuͤrli-
chen Zuſtande zugleich ſeyn koͤnnen, und oft ſind. §. 183.
Alſo ſind es Nervenwirkungen von der Nervenkraft des
aͤußern ſinnlichen Eindrucks, §. 353. die dieſer im Koͤr-
per fuͤr ſich hervorbringt, ob ſie gleich die aͤußere Empfin-
dung der Seele entweder zugleich mit oder nicht mitwirket.
§. 359.
Wenn ein Nerve, der von innern ſinnlichen Eindruͤ-
cken der Vorſtellungen in ſeinen Urſprung im Gehirne, zur
Hervorbringung gewiſſer thieriſcher Bewegungen gereizet
zu werden pfleget, von andern innern ſinnlichen Eindruͤcken
in ſeinen Urſprung im Gehirne, (die keine materiellen
Jdeen ſind, §. 121.) oder, nachdem er mit dem Orte ſei-
nes Urſprungs im Gehirne, oder mit dem ganzen Gehirne
außer allen Zuſammenhang geſetzet, z. E. abgebunden, ab-
geſchnitten, oder der ganze Kopf vom Rumpfe getrennet
worden, von andern innern ſinnlichen Eindruͤcken in das
Mark ſeines Stammes (vom Gehirne herwaͤrts nach den
Spitzen hin, §. 121.) gereizet wird; ſo verurſachen doch,
ſo lange noch einige (ſchon oben §. 357. angefuͤhrte) Spu-
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/373>, abgerufen am 22.11.2024.
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