des Gehirns auf ähnliche Weise sinnlich rühret, und also die Wirkung von der thierischen Seelenkraft des Ge- hirns bewerkstelliget wird.
§. 374.
So wie nun das Gehirnmark selbst an den Nerven- kräften einigen Antheil hat, §. 373. so ist auch unstreitig die Markrinde des Gehirns damit begabet: denn diese hat die natürliche Verrichtung, die Lebensgeister vom Blu- te abzusondern und die übrigen thierischen Maschinen da- mit zu versehen. §. 11. Diese Verrichtung ist, wie alle Absonderungen, wenigstens zum Theil thierisch und gleich- wohl keine Seelenwirkung; §. 159. mithin eine Nerven- wirkung der Nervenkraft der Markrinde. §. 353. So erfolget ohngefähr auf die Art, wie die Absonderungen andrer Säfte in den Drüsen, von welchen unten erwiesen werden wird, daß sie, in so weit sie thierisch sind, natür- lich gewöhnlicher Weise blos durch Nervenkräfte bewerk- stelliget werden; S. §. 471. u. f. 530. und da gleichwohl diese Absonderung und Vertheilung der Lebensgeister eine zum thierischen Leben höchst nothwendige und wesentliche thierische Verrichtung ist, §. 21. 22. so kömmt diese Ner- venkraft des Gehirns in der thierischen Physiologie in große Betrachtung, und ist, wie unten mit Mehrerm erhelleu wird, §. 679. ein Hauptgrund der ganzen thierischen Natur.
§. 375.
Man kann inzwischen doch die Nerven, so fern sie nur mit Lebensgeistern versehen sind, unabhänglich von der thie- rischen Seelenkraft des Gehirns für den vornehmsten und eigentlichen Sitz der Nervenkräfte halten, §. 372. und eben darum führen die letztern mit Recht diesen Namen. Es fraget sich aber nunmehr, ob die Nerven diese Kraft durchgängig und ohne Einschränkung besitzen, oder ob sie ihnen etwa, da fast alle einem Beobachter sichtbare Ner- venwirkungen Bewegungen der mechanischen Maschinen
sind,
A a 3
1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
des Gehirns auf aͤhnliche Weiſe ſinnlich ruͤhret, und alſo die Wirkung von der thieriſchen Seelenkraft des Ge- hirns bewerkſtelliget wird.
§. 374.
So wie nun das Gehirnmark ſelbſt an den Nerven- kraͤften einigen Antheil hat, §. 373. ſo iſt auch unſtreitig die Markrinde des Gehirns damit begabet: denn dieſe hat die natuͤrliche Verrichtung, die Lebensgeiſter vom Blu- te abzuſondern und die uͤbrigen thieriſchen Maſchinen da- mit zu verſehen. §. 11. Dieſe Verrichtung iſt, wie alle Abſonderungen, wenigſtens zum Theil thieriſch und gleich- wohl keine Seelenwirkung; §. 159. mithin eine Nerven- wirkung der Nervenkraft der Markrinde. §. 353. So erfolget ohngefaͤhr auf die Art, wie die Abſonderungen andrer Saͤfte in den Druͤſen, von welchen unten erwieſen werden wird, daß ſie, in ſo weit ſie thieriſch ſind, natuͤr- lich gewoͤhnlicher Weiſe blos durch Nervenkraͤfte bewerk- ſtelliget werden; S. §. 471. u. f. 530. und da gleichwohl dieſe Abſonderung und Vertheilung der Lebensgeiſter eine zum thieriſchen Leben hoͤchſt nothwendige und weſentliche thieriſche Verrichtung iſt, §. 21. 22. ſo koͤmmt dieſe Ner- venkraft des Gehirns in der thieriſchen Phyſiologie in große Betrachtung, und iſt, wie unten mit Mehrerm erhelleu wird, §. 679. ein Hauptgrund der ganzen thieriſchen Natur.
§. 375.
Man kann inzwiſchen doch die Nerven, ſo fern ſie nur mit Lebensgeiſtern verſehen ſind, unabhaͤnglich von der thie- riſchen Seelenkraft des Gehirns fuͤr den vornehmſten und eigentlichen Sitz der Nervenkraͤfte halten, §. 372. und eben darum fuͤhren die letztern mit Recht dieſen Namen. Es fraget ſich aber nunmehr, ob die Nerven dieſe Kraft durchgaͤngig und ohne Einſchraͤnkung beſitzen, oder ob ſie ihnen etwa, da faſt alle einem Beobachter ſichtbare Ner- venwirkungen Bewegungen der mechaniſchen Maſchinen
ſind,
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1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
des Gehirns auf aͤhnliche Weiſe ſinnlich ruͤhret, und alſo
die Wirkung von der thieriſchen Seelenkraft des Ge-
hirns bewerkſtelliget wird.
§. 374.
So wie nun das Gehirnmark ſelbſt an den Nerven-
kraͤften einigen Antheil hat, §. 373. ſo iſt auch unſtreitig
die Markrinde des Gehirns damit begabet: denn dieſe
hat die natuͤrliche Verrichtung, die Lebensgeiſter vom Blu-
te abzuſondern und die uͤbrigen thieriſchen Maſchinen da-
mit zu verſehen. §. 11. Dieſe Verrichtung iſt, wie alle
Abſonderungen, wenigſtens zum Theil thieriſch und gleich-
wohl keine Seelenwirkung; §. 159. mithin eine Nerven-
wirkung der Nervenkraft der Markrinde. §. 353. So
erfolget ohngefaͤhr auf die Art, wie die Abſonderungen
andrer Saͤfte in den Druͤſen, von welchen unten erwieſen
werden wird, daß ſie, in ſo weit ſie thieriſch ſind, natuͤr-
lich gewoͤhnlicher Weiſe blos durch Nervenkraͤfte bewerk-
ſtelliget werden; S. §. 471. u. f. 530. und da gleichwohl
dieſe Abſonderung und Vertheilung der Lebensgeiſter eine
zum thieriſchen Leben hoͤchſt nothwendige und weſentliche
thieriſche Verrichtung iſt, §. 21. 22. ſo koͤmmt dieſe Ner-
venkraft des Gehirns in der thieriſchen Phyſiologie in große
Betrachtung, und iſt, wie unten mit Mehrerm erhelleu wird,
§. 679. ein Hauptgrund der ganzen thieriſchen Natur.
§. 375.
Man kann inzwiſchen doch die Nerven, ſo fern ſie nur
mit Lebensgeiſtern verſehen ſind, unabhaͤnglich von der thie-
riſchen Seelenkraft des Gehirns fuͤr den vornehmſten und
eigentlichen Sitz der Nervenkraͤfte halten, §. 372. und
eben darum fuͤhren die letztern mit Recht dieſen Namen.
Es fraget ſich aber nunmehr, ob die Nerven dieſe Kraft
durchgaͤngig und ohne Einſchraͤnkung beſitzen, oder ob ſie
ihnen etwa, da faſt alle einem Beobachter ſichtbare Ner-
venwirkungen Bewegungen der mechaniſchen Maſchinen
ſind,
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/397>, abgerufen am 22.11.2024.
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