Obgleich die breiten Muskeln und Fleischhäute em- pfindlich sind, §. 171. und ein äußerer sinnlicher Eindruck in sie durch äußere Empfindungen oft ihre natürlichen Ver- richtungen als Seelenwirkungen hervorbringt, so daß z. E. ein Reiz des Zwerchfelles convulsivische Bewegungen des- selben verursachet, §. 208. u. s. w. so sind doch ihre Ver- richtungen im natürlichen Zustande nicht immer Seelen- wirkungen äußerer Empfindungen; sondern oft auch nur bloße unmittelbare, wiewohl auch zuweilen mittelbare Ner- venwirkungen eben derselben äußern sinnlichen Eindrücke, ja wohl auch nur mechanische Folgen ihrer unmittelbaren. §. 447. 464. So wird der äußere Reiz des Zwerchfelles, der es in Bewegung setzet, und das, was die Muskelhäu- te der Drüsen reizet, wenn sie ihnen ihre Säfte ausdrü- cken, in den wenigsten Fällen wirklich empfunden. Eben so ist es mit den unmittelbaren Nervenwirkungen in den nicht fleischigten sowohl empfindlichen als unempfindlichen Häuten. Denn ob sie gleich wirklich zuweilen von äußern Empfindungen herrühren, §. 208. so weiß doch jedermann aus der Erfahrung, daß in der äußern und der Schleim- haut, im Darm- und Brustfelle etc. öfters kleine Unterlau- fungen, Entzündungen, Stockungen, Verhärtungen, Er- gießungen etc. entstehen, die nothwendig von äußern sinn- lichen Eindrücken in die kleinen nervigten und reizbaren Theile dieser Häute herrühren müssen, und wovon man gleichwohl nicht die allermindeste Empfindung gehabt hat, wie solches in verschiedenen Krankheiten, z. E. dem Roth- laufe, Schnupfen, Husten, Seitenstechen, Blutunterlau- fungen, Ausschlägen der Haut etc. häufig vorkömmt.
§. 466.
Die großen muskulösen Schläuche, besonders der Schlund, der Magen und die Gedärme, werden nicht allein durch äußere sinnliche Eindrücke sehr lebhaft unmit- telbar thierisch gereizet, sondern auch durch ihren mechani-
schen
II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.
§. 465.
Obgleich die breiten Muskeln und Fleiſchhaͤute em- pfindlich ſind, §. 171. und ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck in ſie durch aͤußere Empfindungen oft ihre natuͤrlichen Ver- richtungen als Seelenwirkungen hervorbringt, ſo daß z. E. ein Reiz des Zwerchfelles convulſiviſche Bewegungen deſ- ſelben verurſachet, §. 208. u. ſ. w. ſo ſind doch ihre Ver- richtungen im natuͤrlichen Zuſtande nicht immer Seelen- wirkungen aͤußerer Empfindungen; ſondern oft auch nur bloße unmittelbare, wiewohl auch zuweilen mittelbare Ner- venwirkungen eben derſelben aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke, ja wohl auch nur mechaniſche Folgen ihrer unmittelbaren. §. 447. 464. So wird der aͤußere Reiz des Zwerchfelles, der es in Bewegung ſetzet, und das, was die Muskelhaͤu- te der Druͤſen reizet, wenn ſie ihnen ihre Saͤfte ausdruͤ- cken, in den wenigſten Faͤllen wirklich empfunden. Eben ſo iſt es mit den unmittelbaren Nervenwirkungen in den nicht fleiſchigten ſowohl empfindlichen als unempfindlichen Haͤuten. Denn ob ſie gleich wirklich zuweilen von aͤußern Empfindungen herruͤhren, §. 208. ſo weiß doch jedermann aus der Erfahrung, daß in der aͤußern und der Schleim- haut, im Darm- und Bruſtfelle ꝛc. oͤfters kleine Unterlau- fungen, Entzuͤndungen, Stockungen, Verhaͤrtungen, Er- gießungen ꝛc. entſtehen, die nothwendig von aͤußern ſinn- lichen Eindruͤcken in die kleinen nervigten und reizbaren Theile dieſer Haͤute herruͤhren muͤſſen, und wovon man gleichwohl nicht die allermindeſte Empfindung gehabt hat, wie ſolches in verſchiedenen Krankheiten, z. E. dem Roth- laufe, Schnupfen, Huſten, Seitenſtechen, Blutunterlau- fungen, Ausſchlaͤgen der Haut ꝛc. haͤufig vorkoͤmmt.
§. 466.
Die großen muskuloͤſen Schlaͤuche, beſonders der Schlund, der Magen und die Gedaͤrme, werden nicht allein durch aͤußere ſinnliche Eindruͤcke ſehr lebhaft unmit- telbar thieriſch gereizet, ſondern auch durch ihren mechani-
ſchen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0492"n="468"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II</hi> Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.</hi></fw><lb/><divn="4"><head>§. 465.</head><lb/><p>Obgleich die breiten Muskeln und Fleiſchhaͤute em-<lb/>
pfindlich ſind, §. 171. und ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck<lb/>
in ſie durch aͤußere Empfindungen oft ihre natuͤrlichen Ver-<lb/>
richtungen als Seelenwirkungen hervorbringt, ſo daß z. E.<lb/>
ein Reiz des Zwerchfelles convulſiviſche Bewegungen deſ-<lb/>ſelben verurſachet, §. 208. u. ſ. w. ſo ſind doch ihre Ver-<lb/>
richtungen im natuͤrlichen Zuſtande nicht immer Seelen-<lb/>
wirkungen aͤußerer Empfindungen; ſondern oft auch nur<lb/>
bloße unmittelbare, wiewohl auch zuweilen mittelbare Ner-<lb/>
venwirkungen eben derſelben aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke,<lb/>
ja wohl auch nur mechaniſche Folgen ihrer unmittelbaren.<lb/>
§. 447. 464. So wird der aͤußere Reiz des Zwerchfelles,<lb/>
der es in Bewegung ſetzet, und das, was die Muskelhaͤu-<lb/>
te der Druͤſen reizet, wenn ſie ihnen ihre Saͤfte ausdruͤ-<lb/>
cken, in den wenigſten Faͤllen wirklich empfunden. Eben<lb/>ſo iſt es mit den unmittelbaren Nervenwirkungen in den<lb/>
nicht fleiſchigten ſowohl empfindlichen als unempfindlichen<lb/>
Haͤuten. Denn ob ſie gleich wirklich zuweilen von aͤußern<lb/>
Empfindungen herruͤhren, §. 208. ſo weiß doch jedermann<lb/>
aus der Erfahrung, daß in der aͤußern und der Schleim-<lb/>
haut, im Darm- und Bruſtfelle ꝛc. oͤfters kleine Unterlau-<lb/>
fungen, Entzuͤndungen, Stockungen, Verhaͤrtungen, Er-<lb/>
gießungen ꝛc. entſtehen, die nothwendig von aͤußern ſinn-<lb/>
lichen Eindruͤcken in die kleinen nervigten und reizbaren<lb/>
Theile dieſer Haͤute herruͤhren muͤſſen, und wovon man<lb/>
gleichwohl nicht die allermindeſte Empfindung gehabt hat,<lb/>
wie ſolches in verſchiedenen Krankheiten, z. E. dem Roth-<lb/>
laufe, Schnupfen, Huſten, Seitenſtechen, Blutunterlau-<lb/>
fungen, Ausſchlaͤgen der Haut ꝛc. haͤufig vorkoͤmmt.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 466.</head><lb/><p>Die großen <hirendition="#fr">muskuloͤſen Schlaͤuche,</hi> beſonders der<lb/><hirendition="#fr">Schlund,</hi> der <hirendition="#fr">Magen</hi> und die <hirendition="#fr">Gedaͤrme,</hi> werden nicht<lb/>
allein durch aͤußere ſinnliche Eindruͤcke ſehr lebhaft unmit-<lb/>
telbar thieriſch gereizet, ſondern auch durch ihren mechani-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchen</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[468/0492]
II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.
§. 465.
Obgleich die breiten Muskeln und Fleiſchhaͤute em-
pfindlich ſind, §. 171. und ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck
in ſie durch aͤußere Empfindungen oft ihre natuͤrlichen Ver-
richtungen als Seelenwirkungen hervorbringt, ſo daß z. E.
ein Reiz des Zwerchfelles convulſiviſche Bewegungen deſ-
ſelben verurſachet, §. 208. u. ſ. w. ſo ſind doch ihre Ver-
richtungen im natuͤrlichen Zuſtande nicht immer Seelen-
wirkungen aͤußerer Empfindungen; ſondern oft auch nur
bloße unmittelbare, wiewohl auch zuweilen mittelbare Ner-
venwirkungen eben derſelben aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke,
ja wohl auch nur mechaniſche Folgen ihrer unmittelbaren.
§. 447. 464. So wird der aͤußere Reiz des Zwerchfelles,
der es in Bewegung ſetzet, und das, was die Muskelhaͤu-
te der Druͤſen reizet, wenn ſie ihnen ihre Saͤfte ausdruͤ-
cken, in den wenigſten Faͤllen wirklich empfunden. Eben
ſo iſt es mit den unmittelbaren Nervenwirkungen in den
nicht fleiſchigten ſowohl empfindlichen als unempfindlichen
Haͤuten. Denn ob ſie gleich wirklich zuweilen von aͤußern
Empfindungen herruͤhren, §. 208. ſo weiß doch jedermann
aus der Erfahrung, daß in der aͤußern und der Schleim-
haut, im Darm- und Bruſtfelle ꝛc. oͤfters kleine Unterlau-
fungen, Entzuͤndungen, Stockungen, Verhaͤrtungen, Er-
gießungen ꝛc. entſtehen, die nothwendig von aͤußern ſinn-
lichen Eindruͤcken in die kleinen nervigten und reizbaren
Theile dieſer Haͤute herruͤhren muͤſſen, und wovon man
gleichwohl nicht die allermindeſte Empfindung gehabt hat,
wie ſolches in verſchiedenen Krankheiten, z. E. dem Roth-
laufe, Schnupfen, Huſten, Seitenſtechen, Blutunterlau-
fungen, Ausſchlaͤgen der Haut ꝛc. haͤufig vorkoͤmmt.
§. 466.
Die großen muskuloͤſen Schlaͤuche, beſonders der
Schlund, der Magen und die Gedaͤrme, werden nicht
allein durch aͤußere ſinnliche Eindruͤcke ſehr lebhaft unmit-
telbar thieriſch gereizet, ſondern auch durch ihren mechani-
ſchen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/492>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.