der That beobachtet haben will, daß durch einen Reiz (in- nern sinnlichen Eindruck ohne Vorstellungen) des achten Nervenpaars, des Gehirns, oder des Rückenmarks, der Herzschlag verstärket worden sey; H. P. §. 100. keineswe- ges aber ihn fortwährend zu unterhalten vermögen; theils, weil das Unterbinden und Abschneiden der Herznerven oft seine Bewegung nur vermindert, nicht aber sogleich völlig aufhebt; H. P. §. 100. theils auch, weil dadurch die im- merwährende natürliche Bewegung des Herzens eigentlich nur aufgehalten, aber nicht unwiederherstellbar aufgehoben wird, indem ein geringer äußerer sinnlicher Eindruck ins Herz selbst sie augenblicklich wieder herstellet, so daß das Unterbinden der Herznerven seiner immerwährenden natür- lichen Bewegung nur einen Anstoß giebt, weil dadurch das Entstehen, oder der Fortgang der innern sinnlichen Ein- drücke gehindert wird, den aber der geringste Reiz seiner thierischen Hauptkraft gleich wieder ersetzen kann.
§. 516.
Ohne den dunkeln Zweck dieser gemeinschaftlich wir- kenden Nervenkräfte beym Herzen ferner zu untersuchen, wollen wir nur den Schluß daraus ziehen, daß das Herz auch der Nervenwirkungen von innerlichen sinnlichen Ein- drücken ohne Vorstellungen fähig sey, sie mögen nun von ursprünglichen herrühren, oder mittelbare äußere seyn, ob- gleich die Hauptkräfte seiner natürlichen Bewegung viel- mehr in unempfundenen äußern sinnlichen Eindrücken beste- hen. §. 459. Wahrscheinliche Beweise aus der Ersah- rung kann man hiervon weiter unten §. 519. finden. Jn- zwischen hat man keine Versuche bey Thieren, die das Da- seyn solcher Nervenwirkungen am Herzen eben so deutlich als an andern Muskeln zeigeten, und vielleicht ist der Grund hiervon kein andrer, als weil sie wirklich gegen die Seelenwirkungen und die unmittelbaren Nervenwirkungen der äußern sinnlichen Eindrücke nur schwach sind, und weil man bisher auf die Entscheidung dieser Sache noch nicht
eigent-
II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr.
der That beobachtet haben will, daß durch einen Reiz (in- nern ſinnlichen Eindruck ohne Vorſtellungen) des achten Nervenpaars, des Gehirns, oder des Ruͤckenmarks, der Herzſchlag verſtaͤrket worden ſey; H. P. §. 100. keineswe- ges aber ihn fortwaͤhrend zu unterhalten vermoͤgen; theils, weil das Unterbinden und Abſchneiden der Herznerven oft ſeine Bewegung nur vermindert, nicht aber ſogleich voͤllig aufhebt; H. P. §. 100. theils auch, weil dadurch die im- merwaͤhrende natuͤrliche Bewegung des Herzens eigentlich nur aufgehalten, aber nicht unwiederherſtellbar aufgehoben wird, indem ein geringer aͤußerer ſinnlicher Eindruck ins Herz ſelbſt ſie augenblicklich wieder herſtellet, ſo daß das Unterbinden der Herznerven ſeiner immerwaͤhrenden natuͤr- lichen Bewegung nur einen Anſtoß giebt, weil dadurch das Entſtehen, oder der Fortgang der innern ſinnlichen Ein- druͤcke gehindert wird, den aber der geringſte Reiz ſeiner thieriſchen Hauptkraft gleich wieder erſetzen kann.
§. 516.
Ohne den dunkeln Zweck dieſer gemeinſchaftlich wir- kenden Nervenkraͤfte beym Herzen ferner zu unterſuchen, wollen wir nur den Schluß daraus ziehen, daß das Herz auch der Nervenwirkungen von innerlichen ſinnlichen Ein- druͤcken ohne Vorſtellungen faͤhig ſey, ſie moͤgen nun von urſpruͤnglichen herruͤhren, oder mittelbare aͤußere ſeyn, ob- gleich die Hauptkraͤfte ſeiner natuͤrlichen Bewegung viel- mehr in unempfundenen aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken beſte- hen. §. 459. Wahrſcheinliche Beweiſe aus der Erſah- rung kann man hiervon weiter unten §. 519. finden. Jn- zwiſchen hat man keine Verſuche bey Thieren, die das Da- ſeyn ſolcher Nervenwirkungen am Herzen eben ſo deutlich als an andern Muskeln zeigeten, und vielleicht iſt der Grund hiervon kein andrer, als weil ſie wirklich gegen die Seelenwirkungen und die unmittelbaren Nervenwirkungen der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke nur ſchwach ſind, und weil man bisher auf die Entſcheidung dieſer Sache noch nicht
eigent-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0534"n="510"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II</hi> Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr.</hi></fw><lb/>
der That beobachtet haben will, daß durch einen Reiz (in-<lb/>
nern ſinnlichen Eindruck ohne Vorſtellungen) des achten<lb/>
Nervenpaars, des Gehirns, oder des Ruͤckenmarks, der<lb/>
Herzſchlag verſtaͤrket worden ſey; <hirendition="#aq">H. P.</hi> §. 100. keineswe-<lb/>
ges aber ihn fortwaͤhrend zu unterhalten vermoͤgen; theils,<lb/>
weil das Unterbinden und Abſchneiden der Herznerven oft<lb/>ſeine Bewegung nur vermindert, nicht aber ſogleich voͤllig<lb/>
aufhebt; <hirendition="#aq">H. P.</hi> §. 100. theils auch, weil dadurch die im-<lb/>
merwaͤhrende natuͤrliche Bewegung des Herzens eigentlich<lb/>
nur aufgehalten, aber nicht unwiederherſtellbar aufgehoben<lb/>
wird, indem ein geringer aͤußerer ſinnlicher Eindruck ins<lb/>
Herz ſelbſt ſie augenblicklich wieder herſtellet, ſo daß das<lb/>
Unterbinden der Herznerven ſeiner immerwaͤhrenden natuͤr-<lb/>
lichen Bewegung nur einen Anſtoß giebt, weil dadurch das<lb/>
Entſtehen, oder der Fortgang der innern ſinnlichen Ein-<lb/>
druͤcke gehindert wird, den aber der geringſte Reiz ſeiner<lb/>
thieriſchen Hauptkraft gleich wieder erſetzen kann.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 516.</head><lb/><p>Ohne den dunkeln Zweck dieſer gemeinſchaftlich wir-<lb/>
kenden Nervenkraͤfte beym Herzen ferner zu unterſuchen,<lb/>
wollen wir nur den Schluß daraus ziehen, daß das Herz<lb/>
auch der Nervenwirkungen von innerlichen ſinnlichen Ein-<lb/>
druͤcken ohne Vorſtellungen faͤhig ſey, ſie moͤgen nun von<lb/>
urſpruͤnglichen herruͤhren, oder mittelbare aͤußere ſeyn, ob-<lb/>
gleich die Hauptkraͤfte ſeiner natuͤrlichen Bewegung viel-<lb/>
mehr in unempfundenen aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken beſte-<lb/>
hen. §. 459. Wahrſcheinliche Beweiſe aus der Erſah-<lb/>
rung kann man hiervon weiter unten §. 519. finden. Jn-<lb/>
zwiſchen hat man keine Verſuche bey Thieren, die das Da-<lb/>ſeyn ſolcher Nervenwirkungen am Herzen eben ſo deutlich<lb/>
als an andern Muskeln zeigeten, und vielleicht iſt der<lb/>
Grund hiervon kein andrer, als weil ſie wirklich gegen die<lb/>
Seelenwirkungen und die unmittelbaren Nervenwirkungen<lb/>
der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke nur ſchwach ſind, und weil<lb/>
man bisher auf die Entſcheidung dieſer Sache noch nicht<lb/><fwplace="bottom"type="catch">eigent-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[510/0534]
II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr.
der That beobachtet haben will, daß durch einen Reiz (in-
nern ſinnlichen Eindruck ohne Vorſtellungen) des achten
Nervenpaars, des Gehirns, oder des Ruͤckenmarks, der
Herzſchlag verſtaͤrket worden ſey; H. P. §. 100. keineswe-
ges aber ihn fortwaͤhrend zu unterhalten vermoͤgen; theils,
weil das Unterbinden und Abſchneiden der Herznerven oft
ſeine Bewegung nur vermindert, nicht aber ſogleich voͤllig
aufhebt; H. P. §. 100. theils auch, weil dadurch die im-
merwaͤhrende natuͤrliche Bewegung des Herzens eigentlich
nur aufgehalten, aber nicht unwiederherſtellbar aufgehoben
wird, indem ein geringer aͤußerer ſinnlicher Eindruck ins
Herz ſelbſt ſie augenblicklich wieder herſtellet, ſo daß das
Unterbinden der Herznerven ſeiner immerwaͤhrenden natuͤr-
lichen Bewegung nur einen Anſtoß giebt, weil dadurch das
Entſtehen, oder der Fortgang der innern ſinnlichen Ein-
druͤcke gehindert wird, den aber der geringſte Reiz ſeiner
thieriſchen Hauptkraft gleich wieder erſetzen kann.
§. 516.
Ohne den dunkeln Zweck dieſer gemeinſchaftlich wir-
kenden Nervenkraͤfte beym Herzen ferner zu unterſuchen,
wollen wir nur den Schluß daraus ziehen, daß das Herz
auch der Nervenwirkungen von innerlichen ſinnlichen Ein-
druͤcken ohne Vorſtellungen faͤhig ſey, ſie moͤgen nun von
urſpruͤnglichen herruͤhren, oder mittelbare aͤußere ſeyn, ob-
gleich die Hauptkraͤfte ſeiner natuͤrlichen Bewegung viel-
mehr in unempfundenen aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken beſte-
hen. §. 459. Wahrſcheinliche Beweiſe aus der Erſah-
rung kann man hiervon weiter unten §. 519. finden. Jn-
zwiſchen hat man keine Verſuche bey Thieren, die das Da-
ſeyn ſolcher Nervenwirkungen am Herzen eben ſo deutlich
als an andern Muskeln zeigeten, und vielleicht iſt der
Grund hiervon kein andrer, als weil ſie wirklich gegen die
Seelenwirkungen und die unmittelbaren Nervenwirkungen
der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke nur ſchwach ſind, und weil
man bisher auf die Entſcheidung dieſer Sache noch nicht
eigent-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/534>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.