Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.2 Abschn. Ersetz. der Nervenw. durch Seelenw. sprünge der Nerven im Gehirne, oder das Rückmark, oderein Nervenstamm von Reizungen, die keine Vorstellungen sind, sinnlich gerühret werden, und dadurch Nervenwir- kungen in den mechanischen Maschinen verursachen, z. E. wenn ausgetretene Säfte im Gehirne die Glieder theils läh- men, theils convulsivisch bewegen, wenn eine Schärfe, die sich aufs Rückmark oder die Nervenstämme wendet, oder eine äußere Gewalt an denselben, oder ein Geschwür, Ge- wächs etc. in den Theilen, die der angegriffene Nerve re- gieret, widernatürliche thierische Bewegungen verursachen. Auch dieses sind solche, die im natürlichen Zustande oft Seelenwirkungen sind, oder die doch wenigstens auch als widernatürliche Seelenwirkungen zuweilen wahrgenommen werden. Ein Schreck kann die Glieder eben so lähmen, und eben so convulsivisch bewegen, als ein Schlagfluß von ausgetretenen Säften im Gehirne. Die Zuckungen, wel- che eine auf die Nerven geschlagene Schärfe, oder ein an- drer widernatürlicher Reiz der Nervenstämme als Nerven- wirkungen in den Muskeln erreget, kann ein Zorn, eine große Angst, eine Einbildung oft als Seelenwirkungen hervorbringen, wenn uns davon die Glieder beben; und die heftigsten Convulsionen, die ein widernatürlicher Reiz der Nervenstämme als Nervenwirkungen verursachet, kann jede sehr starke Leidenschaft bey empfindlichen Personen als Seelenwirkungen nachahmen. Die wenigen natürlichen ursprünglichen innern sinnlichen Eindrücke ohne Vorstel- lungen, die wir aus ihren Nervenwirkungen im thierischen Körper kennen, §. 491. z. E. bey der Muskelbewegung, §. 514. beym Herzschlage, §. 515. bey der Bewegung des Zwerchfelles, §. 525. machen ebenfalls keine Aus- nahme: sondern werden alle zum öftern durch Seelenwir- kungen ersetzet, indem auch der Wille die Muskeln eben so regieret, die Leidenschaften und jede sinnliche Lust oder Un- lust den Herzschlag verändern und die Bewegung des Zwerch- felles beym Athemholen eine willkührliche Bewegung ist. §. 582.
2 Abſchn. Erſetz. der Nervenw. durch Seelenw. ſpruͤnge der Nerven im Gehirne, oder das Ruͤckmark, oderein Nervenſtamm von Reizungen, die keine Vorſtellungen ſind, ſinnlich geruͤhret werden, und dadurch Nervenwir- kungen in den mechaniſchen Maſchinen verurſachen, z. E. wenn ausgetretene Saͤfte im Gehirne die Glieder theils laͤh- men, theils convulſiviſch bewegen, wenn eine Schaͤrfe, die ſich aufs Ruͤckmark oder die Nervenſtaͤmme wendet, oder eine aͤußere Gewalt an denſelben, oder ein Geſchwuͤr, Ge- waͤchs ꝛc. in den Theilen, die der angegriffene Nerve re- gieret, widernatuͤrliche thieriſche Bewegungen verurſachen. Auch dieſes ſind ſolche, die im natuͤrlichen Zuſtande oft Seelenwirkungen ſind, oder die doch wenigſtens auch als widernatuͤrliche Seelenwirkungen zuweilen wahrgenommen werden. Ein Schreck kann die Glieder eben ſo laͤhmen, und eben ſo convulſiviſch bewegen, als ein Schlagfluß von ausgetretenen Saͤften im Gehirne. Die Zuckungen, wel- che eine auf die Nerven geſchlagene Schaͤrfe, oder ein an- drer widernatuͤrlicher Reiz der Nervenſtaͤmme als Nerven- wirkungen in den Muskeln erreget, kann ein Zorn, eine große Angſt, eine Einbildung oft als Seelenwirkungen hervorbringen, wenn uns davon die Glieder beben; und die heftigſten Convulſionen, die ein widernatuͤrlicher Reiz der Nervenſtaͤmme als Nervenwirkungen verurſachet, kann jede ſehr ſtarke Leidenſchaft bey empfindlichen Perſonen als Seelenwirkungen nachahmen. Die wenigen natuͤrlichen urſpruͤnglichen innern ſinnlichen Eindruͤcke ohne Vorſtel- lungen, die wir aus ihren Nervenwirkungen im thieriſchen Koͤrper kennen, §. 491. z. E. bey der Muskelbewegung, §. 514. beym Herzſchlage, §. 515. bey der Bewegung des Zwerchfelles, §. 525. machen ebenfalls keine Aus- nahme: ſondern werden alle zum oͤftern durch Seelenwir- kungen erſetzet, indem auch der Wille die Muskeln eben ſo regieret, die Leidenſchaften und jede ſinnliche Luſt oder Un- luſt den Herzſchlag veraͤndern und die Bewegung des Zwerch- felles beym Athemholen eine willkuͤhrliche Bewegung iſt. §. 582.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0613" n="589"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">2 Abſchn. Erſetz. der Nervenw. durch Seelenw.</hi></fw><lb/> ſpruͤnge der Nerven im Gehirne, oder das Ruͤckmark, oder<lb/> ein Nervenſtamm von Reizungen, die keine Vorſtellungen<lb/> ſind, ſinnlich geruͤhret werden, und dadurch Nervenwir-<lb/> kungen in den mechaniſchen Maſchinen verurſachen, z. E.<lb/> wenn ausgetretene Saͤfte im Gehirne die Glieder theils laͤh-<lb/> men, theils convulſiviſch bewegen, wenn eine Schaͤrfe, die<lb/> ſich aufs Ruͤckmark oder die Nervenſtaͤmme wendet, oder<lb/> eine aͤußere Gewalt an denſelben, oder ein Geſchwuͤr, Ge-<lb/> waͤchs ꝛc. in den Theilen, die der angegriffene Nerve re-<lb/> gieret, widernatuͤrliche thieriſche Bewegungen verurſachen.<lb/> Auch dieſes ſind ſolche, die im natuͤrlichen Zuſtande oft<lb/> Seelenwirkungen ſind, oder die doch wenigſtens auch als<lb/> widernatuͤrliche Seelenwirkungen zuweilen wahrgenommen<lb/> werden. Ein Schreck kann die Glieder eben ſo laͤhmen,<lb/> und eben ſo convulſiviſch bewegen, als ein Schlagfluß von<lb/> ausgetretenen Saͤften im Gehirne. Die Zuckungen, wel-<lb/> che eine auf die Nerven geſchlagene Schaͤrfe, oder ein an-<lb/> drer widernatuͤrlicher Reiz der Nervenſtaͤmme als Nerven-<lb/> wirkungen in den Muskeln erreget, kann ein Zorn, eine<lb/> große Angſt, eine Einbildung oft als Seelenwirkungen<lb/> hervorbringen, wenn uns davon die Glieder beben; und<lb/> die heftigſten Convulſionen, die ein widernatuͤrlicher Reiz<lb/> der Nervenſtaͤmme als Nervenwirkungen verurſachet, kann<lb/> jede ſehr ſtarke Leidenſchaft bey empfindlichen Perſonen als<lb/> Seelenwirkungen nachahmen. Die wenigen natuͤrlichen<lb/> urſpruͤnglichen innern ſinnlichen Eindruͤcke ohne Vorſtel-<lb/> lungen, die wir aus ihren Nervenwirkungen im thieriſchen<lb/> Koͤrper kennen, §. 491. z. E. bey der Muskelbewegung,<lb/> §. 514. beym Herzſchlage, §. 515. bey der Bewegung<lb/> des Zwerchfelles, §. 525. machen ebenfalls keine Aus-<lb/> nahme: ſondern werden alle zum oͤftern durch Seelenwir-<lb/> kungen erſetzet, indem auch der Wille die Muskeln eben ſo<lb/> regieret, die Leidenſchaften und jede ſinnliche Luſt oder Un-<lb/> luſt den Herzſchlag veraͤndern und die Bewegung des Zwerch-<lb/> felles beym Athemholen eine willkuͤhrliche Bewegung iſt.</p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. 582.</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [589/0613]
2 Abſchn. Erſetz. der Nervenw. durch Seelenw.
ſpruͤnge der Nerven im Gehirne, oder das Ruͤckmark, oder
ein Nervenſtamm von Reizungen, die keine Vorſtellungen
ſind, ſinnlich geruͤhret werden, und dadurch Nervenwir-
kungen in den mechaniſchen Maſchinen verurſachen, z. E.
wenn ausgetretene Saͤfte im Gehirne die Glieder theils laͤh-
men, theils convulſiviſch bewegen, wenn eine Schaͤrfe, die
ſich aufs Ruͤckmark oder die Nervenſtaͤmme wendet, oder
eine aͤußere Gewalt an denſelben, oder ein Geſchwuͤr, Ge-
waͤchs ꝛc. in den Theilen, die der angegriffene Nerve re-
gieret, widernatuͤrliche thieriſche Bewegungen verurſachen.
Auch dieſes ſind ſolche, die im natuͤrlichen Zuſtande oft
Seelenwirkungen ſind, oder die doch wenigſtens auch als
widernatuͤrliche Seelenwirkungen zuweilen wahrgenommen
werden. Ein Schreck kann die Glieder eben ſo laͤhmen,
und eben ſo convulſiviſch bewegen, als ein Schlagfluß von
ausgetretenen Saͤften im Gehirne. Die Zuckungen, wel-
che eine auf die Nerven geſchlagene Schaͤrfe, oder ein an-
drer widernatuͤrlicher Reiz der Nervenſtaͤmme als Nerven-
wirkungen in den Muskeln erreget, kann ein Zorn, eine
große Angſt, eine Einbildung oft als Seelenwirkungen
hervorbringen, wenn uns davon die Glieder beben; und
die heftigſten Convulſionen, die ein widernatuͤrlicher Reiz
der Nervenſtaͤmme als Nervenwirkungen verurſachet, kann
jede ſehr ſtarke Leidenſchaft bey empfindlichen Perſonen als
Seelenwirkungen nachahmen. Die wenigen natuͤrlichen
urſpruͤnglichen innern ſinnlichen Eindruͤcke ohne Vorſtel-
lungen, die wir aus ihren Nervenwirkungen im thieriſchen
Koͤrper kennen, §. 491. z. E. bey der Muskelbewegung,
§. 514. beym Herzſchlage, §. 515. bey der Bewegung
des Zwerchfelles, §. 525. machen ebenfalls keine Aus-
nahme: ſondern werden alle zum oͤftern durch Seelenwir-
kungen erſetzet, indem auch der Wille die Muskeln eben ſo
regieret, die Leidenſchaften und jede ſinnliche Luſt oder Un-
luſt den Herzſchlag veraͤndern und die Bewegung des Zwerch-
felles beym Athemholen eine willkuͤhrliche Bewegung iſt.
§. 582.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |