Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.
§. 597.

Es irren endlich auch diejenigen, welche schließen:
weil ein Thier thierische Handlungen verrichtet, die oh-
ne Mitwirkung seiner Nervenkräfte, blos durch die
thierischen Seelenkräfte allein bewerkstelliget werden; so
sind alle seine thierischen Bewegungen Wirkungen der
thierischen Seelenkräfte, §. 593. 590. welches der
Jrrthum der Stahlianer ist, die alle thierische Bewe-
gungen für Seelenwirkungen, ja sogar für überlegte
Handlungen eines Willens halten, dessen die Seele sich
nicht bewußt seyn soll. Auf eben dieser falschen Vor-
aussetzung beruhet auch der alte und neuerlich von Whytt
erneuerte Jrrthum, daß sich die Seelen der Thiere in
ihrem ganzen Körper durch die Nerven ausbreiten müs-
sen, weil man bey enthaupteten Thieren überall im
Körper thierische Bewegungen hervorbringen kann, wel-
che sonst auch Seelenwirkungen zu seyn pflegen, und
man voraussetzet, daß keine andre, als eine thierische
Seelenkraft dieses thun könne. (§. 404.)



Dritter
II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.
§. 597.

Es irren endlich auch diejenigen, welche ſchließen:
weil ein Thier thieriſche Handlungen verrichtet, die oh-
ne Mitwirkung ſeiner Nervenkraͤfte, blos durch die
thieriſchen Seelenkraͤfte allein bewerkſtelliget werden; ſo
ſind alle ſeine thieriſchen Bewegungen Wirkungen der
thieriſchen Seelenkraͤfte, §. 593. 590. welches der
Jrrthum der Stahlianer iſt, die alle thieriſche Bewe-
gungen fuͤr Seelenwirkungen, ja ſogar fuͤr uͤberlegte
Handlungen eines Willens halten, deſſen die Seele ſich
nicht bewußt ſeyn ſoll. Auf eben dieſer falſchen Vor-
ausſetzung beruhet auch der alte und neuerlich von Whytt
erneuerte Jrrthum, daß ſich die Seelen der Thiere in
ihrem ganzen Koͤrper durch die Nerven ausbreiten muͤſ-
ſen, weil man bey enthaupteten Thieren uͤberall im
Koͤrper thieriſche Bewegungen hervorbringen kann, wel-
che ſonſt auch Seelenwirkungen zu ſeyn pflegen, und
man vorausſetzet, daß keine andre, als eine thieriſche
Seelenkraft dieſes thun koͤnne. (§. 404.)



Dritter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0630" n="606"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II</hi> Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.</hi> </fw><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 597.</head><lb/>
              <p>Es irren endlich auch diejenigen, welche &#x017F;chließen:<lb/>
weil ein Thier thieri&#x017F;che Handlungen verrichtet, die oh-<lb/>
ne Mitwirkung &#x017F;einer Nervenkra&#x0364;fte, blos durch die<lb/>
thieri&#x017F;chen Seelenkra&#x0364;fte allein bewerk&#x017F;telliget werden; &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ind alle &#x017F;eine thieri&#x017F;chen Bewegungen Wirkungen der<lb/>
thieri&#x017F;chen Seelenkra&#x0364;fte, §. 593. 590. welches der<lb/>
Jrrthum der Stahlianer i&#x017F;t, die alle thieri&#x017F;che Bewe-<lb/>
gungen fu&#x0364;r Seelenwirkungen, ja &#x017F;ogar fu&#x0364;r u&#x0364;berlegte<lb/>
Handlungen eines Willens halten, de&#x017F;&#x017F;en die Seele &#x017F;ich<lb/>
nicht bewußt &#x017F;eyn &#x017F;oll. Auf eben die&#x017F;er fal&#x017F;chen Vor-<lb/>
aus&#x017F;etzung beruhet auch der alte und neuerlich von <hi rendition="#fr">Whytt</hi><lb/>
erneuerte Jrrthum, daß &#x017F;ich die Seelen der Thiere in<lb/>
ihrem ganzen Ko&#x0364;rper durch die Nerven ausbreiten mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, weil man bey enthaupteten Thieren u&#x0364;berall im<lb/>
Ko&#x0364;rper thieri&#x017F;che Bewegungen hervorbringen kann, wel-<lb/>
che &#x017F;on&#x017F;t auch Seelenwirkungen zu &#x017F;eyn pflegen, und<lb/>
man voraus&#x017F;etzet, daß keine andre, als eine thieri&#x017F;che<lb/>
Seelenkraft die&#x017F;es thun ko&#x0364;nne. (§. 404.)</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Dritter</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[606/0630] II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr. §. 597. Es irren endlich auch diejenigen, welche ſchließen: weil ein Thier thieriſche Handlungen verrichtet, die oh- ne Mitwirkung ſeiner Nervenkraͤfte, blos durch die thieriſchen Seelenkraͤfte allein bewerkſtelliget werden; ſo ſind alle ſeine thieriſchen Bewegungen Wirkungen der thieriſchen Seelenkraͤfte, §. 593. 590. welches der Jrrthum der Stahlianer iſt, die alle thieriſche Bewe- gungen fuͤr Seelenwirkungen, ja ſogar fuͤr uͤberlegte Handlungen eines Willens halten, deſſen die Seele ſich nicht bewußt ſeyn ſoll. Auf eben dieſer falſchen Vor- ausſetzung beruhet auch der alte und neuerlich von Whytt erneuerte Jrrthum, daß ſich die Seelen der Thiere in ihrem ganzen Koͤrper durch die Nerven ausbreiten muͤſ- ſen, weil man bey enthaupteten Thieren uͤberall im Koͤrper thieriſche Bewegungen hervorbringen kann, wel- che ſonſt auch Seelenwirkungen zu ſeyn pflegen, und man vorausſetzet, daß keine andre, als eine thieriſche Seelenkraft dieſes thun koͤnne. (§. 404.) Dritter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/630
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/630>, abgerufen am 24.11.2024.