Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.6 Kap. Das Alter und der thierische Tod. nen, §. 25. daß aber wiederum zuweilen auch nur eine klei-ne, geringscheinende Verletzung oder Gewalt oder Hinder- niß eines besondern Theils des Gehirns, der sich nicht be- stimmen läßt, die ganze thierische Seelenkraft desselben aufhebe, und die Entseelung, oder das Ende des eigentli- chen thierischen Lebens, unabhänglich vom gänzlichen thie- rischen Tode, auf die §. 718. erklärte Weise nothwendig verursache. Beyspiele von beyden geben Hauptwunden, Quetschungen am Kopfe, Versteinerungen, Verhärtungen im Gehirne, Schlagflüsse, u. s. w. §. 720. Die Entseelung muß auch unabhänglich vom gänzli- 2. wenn die ganze Vorstellungskraft der Seele völlig zu wirken aufhöret, das ist, wenn es schlechterdings an sol- chen Eindrücken fehlet, die das Gehirn vermöge seiner thie- rischen Seelenkraft sinnlich annehmen kann. §. 665. 694. N. 3. Wenn man sich die Seele als eine vom Körper we- sentlich verschiedene Substanz vorstellet, so ist der Fall an sich betrachtet möglich, daß bey völlig unverletzten thieri- schen Seelenkräften des Gehirns die Seele aus der Gemein- schaft mit ihrem Körper träte und ihn entseelte, wie man sich solches bey der Seelenwanderung einbildet. (S. d. A. 3 B. 143 St.) Allein nach den ewigen Gesetzen der Natur ent- steht, vermöge der innigsten Gemeinschaft des Körpers mit der Seele eines Thieres, §. 349. weder eine Vorstellung der Seele ohne die Mitwirkung der thierischen Seelenkraft des Gehirns, noch eine materielle Jdee durch diese, ohne die Mitwirkung der Vorstellungskraft. §. 25. Weil man nun, wenn sich bey völlig freyer Wirkung der thierischen Seelen- kräfte des Gehirns, dennoch die Seele vom Körper trennen sollte, das Gegentheil annehmen müßte, so ist dieser Fall natürlich unmöglich, mithin schränken sich alle natürlich mögliche Arten der Entseelung, die vom gänzlichen thieri- schen Tode unabhänglich ist, nur auf die §. 718. festgesetz- ten Z z 3
6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod. nen, §. 25. daß aber wiederum zuweilen auch nur eine klei-ne, geringſcheinende Verletzung oder Gewalt oder Hinder- niß eines beſondern Theils des Gehirns, der ſich nicht be- ſtimmen laͤßt, die ganze thieriſche Seelenkraft deſſelben aufhebe, und die Entſeelung, oder das Ende des eigentli- chen thieriſchen Lebens, unabhaͤnglich vom gaͤnzlichen thie- riſchen Tode, auf die §. 718. erklaͤrte Weiſe nothwendig verurſache. Beyſpiele von beyden geben Hauptwunden, Quetſchungen am Kopfe, Verſteinerungen, Verhaͤrtungen im Gehirne, Schlagfluͤſſe, u. ſ. w. §. 720. Die Entſeelung muß auch unabhaͤnglich vom gaͤnzli- 2. wenn die ganze Vorſtellungskraft der Seele voͤllig zu wirken aufhoͤret, das iſt, wenn es ſchlechterdings an ſol- chen Eindruͤcken fehlet, die das Gehirn vermoͤge ſeiner thie- riſchen Seelenkraft ſinnlich annehmen kann. §. 665. 694. N. 3. Wenn man ſich die Seele als eine vom Koͤrper we- ſentlich verſchiedene Subſtanz vorſtellet, ſo iſt der Fall an ſich betrachtet moͤglich, daß bey voͤllig unverletzten thieri- ſchen Seelenkraͤften des Gehirns die Seele aus der Gemein- ſchaft mit ihrem Koͤrper traͤte und ihn entſeelte, wie man ſich ſolches bey der Seelenwanderung einbildet. (S. d. A. 3 B. 143 St.) Allein nach den ewigen Geſetzen der Natur ent- ſteht, vermoͤge der innigſten Gemeinſchaft des Koͤrpers mit der Seele eines Thieres, §. 349. weder eine Vorſtellung der Seele ohne die Mitwirkung der thieriſchen Seelenkraft des Gehirns, noch eine materielle Jdee durch dieſe, ohne die Mitwirkung der Vorſtellungskraft. §. 25. Weil man nun, wenn ſich bey voͤllig freyer Wirkung der thieriſchen Seelen- kraͤfte des Gehirns, dennoch die Seele vom Koͤrper trennen ſollte, das Gegentheil annehmen muͤßte, ſo iſt dieſer Fall natuͤrlich unmoͤglich, mithin ſchraͤnken ſich alle natuͤrlich moͤgliche Arten der Entſeelung, die vom gaͤnzlichen thieri- ſchen Tode unabhaͤnglich iſt, nur auf die §. 718. feſtgeſetz- ten Z z 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0749" n="725"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod.</hi></fw><lb/> nen, §. 25. daß aber wiederum zuweilen auch nur eine klei-<lb/> ne, geringſcheinende Verletzung oder Gewalt oder Hinder-<lb/> niß eines beſondern Theils des Gehirns, der ſich nicht be-<lb/> ſtimmen laͤßt, die ganze thieriſche Seelenkraft deſſelben<lb/> aufhebe, und die Entſeelung, oder das Ende des eigentli-<lb/> chen thieriſchen Lebens, unabhaͤnglich vom gaͤnzlichen thie-<lb/> riſchen Tode, auf die §. 718. erklaͤrte Weiſe nothwendig<lb/> verurſache. Beyſpiele von beyden geben Hauptwunden,<lb/> Quetſchungen am Kopfe, Verſteinerungen, Verhaͤrtungen<lb/> im Gehirne, Schlagfluͤſſe, u. ſ. w.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 720.</head><lb/> <p>Die Entſeelung muß auch unabhaͤnglich vom gaͤnzli-<lb/> chen thieriſchen Tode erfolgen:</p><lb/> <list> <item>2. wenn die ganze Vorſtellungskraft der Seele voͤllig<lb/> zu wirken aufhoͤret, das iſt, wenn es ſchlechterdings an ſol-<lb/> chen Eindruͤcken fehlet, die das Gehirn vermoͤge ſeiner thie-<lb/> riſchen Seelenkraft ſinnlich annehmen kann. §. 665. 694.<lb/><hi rendition="#aq">N.</hi> 3. Wenn man ſich die Seele als eine vom Koͤrper we-<lb/> ſentlich verſchiedene Subſtanz vorſtellet, ſo iſt der Fall an<lb/> ſich betrachtet moͤglich, daß bey voͤllig unverletzten thieri-<lb/> ſchen Seelenkraͤften des Gehirns die Seele aus der Gemein-<lb/> ſchaft mit ihrem Koͤrper traͤte und ihn entſeelte, wie man ſich<lb/> ſolches bey der Seelenwanderung einbildet. (S. d. A. 3 B.<lb/> 143 St.) Allein nach den ewigen Geſetzen der Natur ent-<lb/> ſteht, vermoͤge der innigſten Gemeinſchaft des Koͤrpers mit<lb/> der Seele eines Thieres, §. 349. weder eine Vorſtellung<lb/> der Seele ohne die Mitwirkung der thieriſchen Seelenkraft<lb/> des Gehirns, noch eine materielle Jdee durch dieſe, ohne die<lb/> Mitwirkung der Vorſtellungskraft. §. 25. Weil man nun,<lb/> wenn ſich bey voͤllig freyer Wirkung der thieriſchen Seelen-<lb/> kraͤfte des Gehirns, dennoch die Seele vom Koͤrper trennen<lb/> ſollte, das Gegentheil annehmen muͤßte, ſo iſt dieſer Fall<lb/> natuͤrlich unmoͤglich, mithin ſchraͤnken ſich alle natuͤrlich<lb/> moͤgliche Arten der Entſeelung, die vom gaͤnzlichen thieri-<lb/> ſchen Tode unabhaͤnglich iſt, nur auf die §. 718. feſtgeſetz-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Z z 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [725/0749]
6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod.
nen, §. 25. daß aber wiederum zuweilen auch nur eine klei-
ne, geringſcheinende Verletzung oder Gewalt oder Hinder-
niß eines beſondern Theils des Gehirns, der ſich nicht be-
ſtimmen laͤßt, die ganze thieriſche Seelenkraft deſſelben
aufhebe, und die Entſeelung, oder das Ende des eigentli-
chen thieriſchen Lebens, unabhaͤnglich vom gaͤnzlichen thie-
riſchen Tode, auf die §. 718. erklaͤrte Weiſe nothwendig
verurſache. Beyſpiele von beyden geben Hauptwunden,
Quetſchungen am Kopfe, Verſteinerungen, Verhaͤrtungen
im Gehirne, Schlagfluͤſſe, u. ſ. w.
§. 720.
Die Entſeelung muß auch unabhaͤnglich vom gaͤnzli-
chen thieriſchen Tode erfolgen:
2. wenn die ganze Vorſtellungskraft der Seele voͤllig
zu wirken aufhoͤret, das iſt, wenn es ſchlechterdings an ſol-
chen Eindruͤcken fehlet, die das Gehirn vermoͤge ſeiner thie-
riſchen Seelenkraft ſinnlich annehmen kann. §. 665. 694.
N. 3. Wenn man ſich die Seele als eine vom Koͤrper we-
ſentlich verſchiedene Subſtanz vorſtellet, ſo iſt der Fall an
ſich betrachtet moͤglich, daß bey voͤllig unverletzten thieri-
ſchen Seelenkraͤften des Gehirns die Seele aus der Gemein-
ſchaft mit ihrem Koͤrper traͤte und ihn entſeelte, wie man ſich
ſolches bey der Seelenwanderung einbildet. (S. d. A. 3 B.
143 St.) Allein nach den ewigen Geſetzen der Natur ent-
ſteht, vermoͤge der innigſten Gemeinſchaft des Koͤrpers mit
der Seele eines Thieres, §. 349. weder eine Vorſtellung
der Seele ohne die Mitwirkung der thieriſchen Seelenkraft
des Gehirns, noch eine materielle Jdee durch dieſe, ohne die
Mitwirkung der Vorſtellungskraft. §. 25. Weil man nun,
wenn ſich bey voͤllig freyer Wirkung der thieriſchen Seelen-
kraͤfte des Gehirns, dennoch die Seele vom Koͤrper trennen
ſollte, das Gegentheil annehmen muͤßte, ſo iſt dieſer Fall
natuͤrlich unmoͤglich, mithin ſchraͤnken ſich alle natuͤrlich
moͤgliche Arten der Entſeelung, die vom gaͤnzlichen thieri-
ſchen Tode unabhaͤnglich iſt, nur auf die §. 718. feſtgeſetz-
ten
Z z 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |