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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.

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Betrachtungen diese beyden Dinge mit einan-
der zu verbinden. Ein Weltweiser hat nir-
gends bessere Gelegenheit, seine Kunst anzu-
bringen, als wenn er den menschlichen Körper
betrachtet. Er findet alsdenn Grund, die
Schönheit der Schöpfung immer mehr und
mehr zu bewundern, indem er den schönen
Menschenbau mit philosophischen Augen be-
trachtet; er lernet aus seiner Strucktur dasie-
nige erkennen, was er würcken könne, und
was der Sele zu thun übrig bleibe, ia er be-
kommt alsdenn Gelegenheit, auch an solchen
Dingen Schönheit zu finden, und Witz anzu-
wenden, die den Pöbel abscheulich zu seyn schei-
nen. Er siehet den Tod als eine Nothwen-
digkeit vor sich, indem er weiß, wie schlecht
es um die Erhaltung des Körpers stehe. Da-
her wird er gewohnt, den Tod mit freudigen
Hertzen zu begrüssen, und die Ueberbleibsel ver-
blichener Körper bringen ihn statt des Weinens
und Grämens dahin, mit getrosten Muthe
auszuruffen:

Du o beliebter Ort, mein letzter Auffenthalt!
Durch dich wird meine Brust von Sorgen
gantz befreyet

Mein Auge sieht vergnügt den dicken Knochen-
wald,

Den so manch feiges Hertz mit banger Furcht
noch scheuet,

Du
L 4

Betrachtungen dieſe beyden Dinge mit einan-
der zu verbinden. Ein Weltweiſer hat nir-
gends beſſere Gelegenheit, ſeine Kunſt anzu-
bringen, als wenn er den menſchlichen Koͤrper
betrachtet. Er findet alsdenn Grund, die
Schoͤnheit der Schoͤpfung immer mehr und
mehr zu bewundern, indem er den ſchoͤnen
Menſchenbau mit philoſophiſchen Augen be-
trachtet; er lernet aus ſeiner Strucktur dasie-
nige erkennen, was er wuͤrcken koͤnne, und
was der Sele zu thun uͤbrig bleibe, ia er be-
kommt alsdenn Gelegenheit, auch an ſolchen
Dingen Schoͤnheit zu finden, und Witz anzu-
wenden, die den Poͤbel abſcheulich zu ſeyn ſchei-
nen. Er ſiehet den Tod als eine Nothwen-
digkeit vor ſich, indem er weiß, wie ſchlecht
es um die Erhaltung des Koͤrpers ſtehe. Da-
her wird er gewohnt, den Tod mit freudigen
Hertzen zu begruͤſſen, und die Ueberbleibſel ver-
blichener Koͤrper bringen ihn ſtatt des Weinens
und Graͤmens dahin, mit getroſten Muthe
auszuruffen:

Du o beliebter Ort, mein letzter Auffenthalt!
Durch dich wird meine Bruſt von Sorgen
gantz befreyet

Mein Auge ſieht vergnuͤgt den dicken Knochen-
wald,

Den ſo manch feiges Hertz mit banger Furcht
noch ſcheuet,

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L 4
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[141/0171] Betrachtungen dieſe beyden Dinge mit einan- der zu verbinden. Ein Weltweiſer hat nir- gends beſſere Gelegenheit, ſeine Kunſt anzu- bringen, als wenn er den menſchlichen Koͤrper betrachtet. Er findet alsdenn Grund, die Schoͤnheit der Schoͤpfung immer mehr und mehr zu bewundern, indem er den ſchoͤnen Menſchenbau mit philoſophiſchen Augen be- trachtet; er lernet aus ſeiner Strucktur dasie- nige erkennen, was er wuͤrcken koͤnne, und was der Sele zu thun uͤbrig bleibe, ia er be- kommt alsdenn Gelegenheit, auch an ſolchen Dingen Schoͤnheit zu finden, und Witz anzu- wenden, die den Poͤbel abſcheulich zu ſeyn ſchei- nen. Er ſiehet den Tod als eine Nothwen- digkeit vor ſich, indem er weiß, wie ſchlecht es um die Erhaltung des Koͤrpers ſtehe. Da- her wird er gewohnt, den Tod mit freudigen Hertzen zu begruͤſſen, und die Ueberbleibſel ver- blichener Koͤrper bringen ihn ſtatt des Weinens und Graͤmens dahin, mit getroſten Muthe auszuruffen: Du o beliebter Ort, mein letzter Auffenthalt! Durch dich wird meine Bruſt von Sorgen gantz befreyet Mein Auge ſieht vergnuͤgt den dicken Knochen- wald, Den ſo manch feiges Hertz mit banger Furcht noch ſcheuet, Du L 4

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/171>, abgerufen am 04.12.2024.