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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.

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lichkeit aller einfachen Dinge, und verfallen
solchergestalt entweder auf den Atheismum
oder Spinozismum. Sie geben zu, daß man
dasienige, was man behaupte, erweisen müsse.
Und den Beweis, daß es keine Monaden ge-
be, nehmen sie aus der Naturlehre. Sie
schützen vor, weil die Theile der Körper un-
endlich sind, und weil ihre Unendlichkeit ma-
thematisch zu nennen, so wäre es nicht aus-
zumachen, was es mit denen letzten Theilen
der Körper vor eine Beschaffenheit habe. Denn
weil das mathematische Unendliche, eine solche
Grösse wäre, welche keine menschliche Ver-
nunft überdencken könte; so sey es nur eine
Chimäre, wenn man sich einbildete, daß diese
lezten Theile aus Monaden bestünden. Weil
sie aber solchergestalt den zureichenden Grund
von der Zusammensetzung der Körper läugnen
müsten; so behaupten sie, daß derselbe nur
allein in GOtt zu suchen sey. Man kan sich
aber leicht einbilden, mit welcher Ueberzeugung
sie dieses behaupten können, da sie GOtt
selbst vor kein einfaches Ding halten, und
also nothwendig den zureichenden Grund
der Zusammensetzung läugnen müssen. Andre,
welche etwas bescheidener sind, geben die
Würcklichkeit derer Monaden zu; allein sie
läugnen, daß ihre Sele eine Monade sey.
Wenn sie aber sagen sollen, was sie denn vor
ihre Sele halten; so theilen sie sich wiederum
in drey Theile. Einige erweisen dem Ner-

vensafte
C 4

lichkeit aller einfachen Dinge, und verfallen
ſolchergeſtalt entweder auf den Atheismum
oder Spinozismum. Sie geben zu, daß man
dasienige, was man behaupte, erweiſen muͤſſe.
Und den Beweis, daß es keine Monaden ge-
be, nehmen ſie aus der Naturlehre. Sie
ſchuͤtzen vor, weil die Theile der Koͤrper un-
endlich ſind, und weil ihre Unendlichkeit ma-
thematiſch zu nennen, ſo waͤre es nicht aus-
zumachen, was es mit denen letzten Theilen
der Koͤrper vor eine Beſchaffenheit habe. Denn
weil das mathematiſche Unendliche, eine ſolche
Groͤſſe waͤre, welche keine menſchliche Ver-
nunft uͤberdencken koͤnte; ſo ſey es nur eine
Chimaͤre, wenn man ſich einbildete, daß dieſe
lezten Theile aus Monaden beſtuͤnden. Weil
ſie aber ſolchergeſtalt den zureichenden Grund
von der Zuſammenſetzung der Koͤrper laͤugnen
muͤſten; ſo behaupten ſie, daß derſelbe nur
allein in GOtt zu ſuchen ſey. Man kan ſich
aber leicht einbilden, mit welcher Ueberzeugung
ſie dieſes behaupten koͤnnen, da ſie GOtt
ſelbſt vor kein einfaches Ding halten, und
alſo nothwendig den zureichenden Grund
der Zuſammenſetzung laͤugnen muͤſſen. Andre,
welche etwas beſcheidener ſind, geben die
Wuͤrcklichkeit derer Monaden zu; allein ſie
laͤugnen, daß ihre Sele eine Monade ſey.
Wenn ſie aber ſagen ſollen, was ſie denn vor
ihre Sele halten; ſo theilen ſie ſich wiederum
in drey Theile. Einige erweiſen dem Ner-

venſafte
C 4
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[13/0043] lichkeit aller einfachen Dinge, und verfallen ſolchergeſtalt entweder auf den Atheismum oder Spinozismum. Sie geben zu, daß man dasienige, was man behaupte, erweiſen muͤſſe. Und den Beweis, daß es keine Monaden ge- be, nehmen ſie aus der Naturlehre. Sie ſchuͤtzen vor, weil die Theile der Koͤrper un- endlich ſind, und weil ihre Unendlichkeit ma- thematiſch zu nennen, ſo waͤre es nicht aus- zumachen, was es mit denen letzten Theilen der Koͤrper vor eine Beſchaffenheit habe. Denn weil das mathematiſche Unendliche, eine ſolche Groͤſſe waͤre, welche keine menſchliche Ver- nunft uͤberdencken koͤnte; ſo ſey es nur eine Chimaͤre, wenn man ſich einbildete, daß dieſe lezten Theile aus Monaden beſtuͤnden. Weil ſie aber ſolchergeſtalt den zureichenden Grund von der Zuſammenſetzung der Koͤrper laͤugnen muͤſten; ſo behaupten ſie, daß derſelbe nur allein in GOtt zu ſuchen ſey. Man kan ſich aber leicht einbilden, mit welcher Ueberzeugung ſie dieſes behaupten koͤnnen, da ſie GOtt ſelbſt vor kein einfaches Ding halten, und alſo nothwendig den zureichenden Grund der Zuſammenſetzung laͤugnen muͤſſen. Andre, welche etwas beſcheidener ſind, geben die Wuͤrcklichkeit derer Monaden zu; allein ſie laͤugnen, daß ihre Sele eine Monade ſey. Wenn ſie aber ſagen ſollen, was ſie denn vor ihre Sele halten; ſo theilen ſie ſich wiederum in drey Theile. Einige erweiſen dem Ner- venſafte C 4

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/43>, abgerufen am 27.04.2024.