erreichen. Das heist, wenn ein Occasionalist von der Würckung der Sele und des Körpers urtheilen wolte; so solte er sich nicht so wol um die entferntesten, als vielmehr um die nähe- ren Ursachen vornemlich bekümmern.
§. 7.
Der Herr von Leibnitz hat sich die Mühe gegeben, auf eine gantz neue Art zu zeigen, wie es mit denen Veränderungen des Körpers und der Sele zugehe. Er war ein Dualist, und behauptete also, daß der Mensch aus einen Körper und einer Sele bestünde, welcher er den Nahmen einer Monade beylegte. Er sahe wol ein, daß des Cartes in seinem Ur- theile zu übereilt gewesen war, und deshalb suchte er der gantzen Sache dadurch zu helfen, daß er die vorherbestimmte Uebereinstim- mung erdachte, davon das vornehmste in fol- genden beruhet: Die Monade welche in unsern Körper ist, soll nichts weniger thun, als in ih- ren Körper würcken. Nein! die Sele ist ein Ding vor sich und der Körper ist ein Theil der grossen Maschine der Welt, und eine neue Ma- schine. Die Sele denckt nach denen Gesetzen der Einbildungskraft in einem fort, ohne durch die Veränderungen des Körpers dazu bestimmt zu werden. Hingegen der Körper wandert nach denen Gesetzen der Bewegung in einer Schnur fort, nachdem er in Mutterleibe das erstemahl aufgezogen worden: daß also der Willen der Sele gar nichts zu denen Bewe-
gungen
erreichen. Das heiſt, wenn ein Occaſionaliſt von der Wuͤrckung der Sele und des Koͤrpers urtheilen wolte; ſo ſolte er ſich nicht ſo wol um die entfernteſten, als vielmehr um die naͤhe- ren Urſachen vornemlich bekuͤmmern.
§. 7.
Der Herr von Leibnitz hat ſich die Muͤhe gegeben, auf eine gantz neue Art zu zeigen, wie es mit denen Veraͤnderungen des Koͤrpers und der Sele zugehe. Er war ein Dualiſt, und behauptete alſo, daß der Menſch aus einen Koͤrper und einer Sele beſtuͤnde, welcher er den Nahmen einer Monade beylegte. Er ſahe wol ein, daß des Cartes in ſeinem Ur- theile zu uͤbereilt geweſen war, und deshalb ſuchte er der gantzen Sache dadurch zu helfen, daß er die vorherbeſtimmte Uebereinſtim- mung erdachte, davon das vornehmſte in fol- genden beruhet: Die Monade welche in unſern Koͤrper iſt, ſoll nichts weniger thun, als in ih- ren Koͤrper wuͤrcken. Nein! die Sele iſt ein Ding vor ſich und der Koͤrper iſt ein Theil der groſſen Maſchine der Welt, und eine neue Ma- ſchine. Die Sele denckt nach denen Geſetzen der Einbildungskraft in einem fort, ohne durch die Veraͤnderungen des Koͤrpers dazu beſtimmt zu werden. Hingegen der Koͤrper wandert nach denen Geſetzen der Bewegung in einer Schnur fort, nachdem er in Mutterleibe das erſtemahl aufgezogen worden: daß alſo der Willen der Sele gar nichts zu denen Bewe-
gungen
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erreichen. Das heiſt, wenn ein Occaſionaliſt
von der Wuͤrckung der Sele und des Koͤrpers
urtheilen wolte; ſo ſolte er ſich nicht ſo wol
um die entfernteſten, als vielmehr um die naͤhe-
ren Urſachen vornemlich bekuͤmmern.
§. 7.
Der Herr von Leibnitz hat ſich die Muͤhe
gegeben, auf eine gantz neue Art zu zeigen, wie
es mit denen Veraͤnderungen des Koͤrpers und
der Sele zugehe. Er war ein Dualiſt, und
behauptete alſo, daß der Menſch aus einen
Koͤrper und einer Sele beſtuͤnde, welcher er
den Nahmen einer Monade beylegte. Er
ſahe wol ein, daß des Cartes in ſeinem Ur-
theile zu uͤbereilt geweſen war, und deshalb
ſuchte er der gantzen Sache dadurch zu helfen,
daß er die vorherbeſtimmte Uebereinſtim-
mung erdachte, davon das vornehmſte in fol-
genden beruhet: Die Monade welche in unſern
Koͤrper iſt, ſoll nichts weniger thun, als in ih-
ren Koͤrper wuͤrcken. Nein! die Sele iſt ein
Ding vor ſich und der Koͤrper iſt ein Theil der
groſſen Maſchine der Welt, und eine neue Ma-
ſchine. Die Sele denckt nach denen Geſetzen
der Einbildungskraft in einem fort, ohne durch
die Veraͤnderungen des Koͤrpers dazu beſtimmt
zu werden. Hingegen der Koͤrper wandert
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/50>, abgerufen am 16.07.2024.
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