William Gilbert, dessen wir in der Geschichte der Elektricität noch ausführlicher gedenken müssen, gab die Erklärung hiefür, indem er die Erde selbst als einen großen Magnet betrachtete. Ihm ist daher auch die Entdeckung des Erdmagnetismus zuzuschreiben. Aus seiner Annahme erklärte sich auch leicht und ungezwungen die Zunahme der Inclination in der Richtung vom Aequator gegen die Pole zu. Die Bestätigung der Theorie Gilbert's durch das Experiment brachte Hudson, der Entdecker der Hudsonsbai, auf einer im Jahre 1608 unternommenen Reise in die nördlichen Breiten bei. Gilbert und Hartmann wußten auch bereits, daß Süd- und Südpol, Nord- und Nordpol sich abstoßen, daß also der Nordpol der Magnet- nadel nach dem magnetischen Südpole der Erde zeige. Gilbert beobachtete auch schon das Magnetischwerden vertical stehender Eisenstangen und bemerkte hierbei, daß sie an ihrem unteren Ende einen Nordpol zeigen und daß diese Erscheinung noch kräftiger hervortritt, wenn der Eisenstab die Richtung der Inclinationsnadel ein- nimmt. Er wußte auch, daß ein in der Richtung der Magnetnadel liegender Eisenstab durch Hämmern magnetisch werden könne, und daß durch Glühen der Magnetismus zerstört werde, beim Abkühlen jedoch wieder zum Vorschein kommt, sobald hierbei das Eisenstück in die Richtung der Magnetnadel gelegt wird. Auch die magnetische Fernwirkung durch die Luft und andere Körper war ihm nicht unbekannt geblieben. Eine weitere Vermehrung unserer Kenntnisse über den Magnetismus haben wir Halley, Johann Karl Wilke, Graham und Canton zu verdanken. Die Arbeiten und Forschungen dieser Männer fallen in das achtzehnte Jahrhundert. Zu Ende dieses Jahrhundertes beobachtete Coulomb das Verhalten eines Magnetes bei seiner Theilung. Er fand, daß ein Magnet, in zwei, drei und mehr Theile getheilt, Bruchstücke giebt, von welchen jedes wieder einen Nord- und einen Südpol zeigt; dieses Verhalten führte ihn zur Aufstellung einer Theorie über die Consti- tution der Magnete, mit welcher wir uns später noch zu beschäftigen haben werden. Die berühmten Untersuchungen von Gauß und ebenso die Versuche von Jamin gehören bereits dem gegenwärtigen Jahrhunderte an.
Die ersten Beobachtungen elektrischer Erscheinungen sind ebenso unsicher nach- zuweisen, wie die der magnetischen; doch reichen auch jene weit ins Alterthum zurück. Es wird so ziemlich allgemein angenommen, daß Thales, einer der sieben Weisen Griechenlands, der Erste sei, welcher die Anziehungskraft des geriebenen Bern- steines beobachtete. Thales wurde 640 v. Chr. zu Milet geboren und starb 548 während er den olympischen Spielen anwohnte. Der Bernstein führte den Namen Elektron, zu Deutsch "Zugstein", und von diesem Worte ist auch unser gegen- wärtiger Ausdruck "Elektricität" abgeleitet. Das deutsche Wort Bernstein deutet nicht auf die elektrischen Eigenschaften dieses Harzes, sondern auf seine Fähigkeit zu brennen; seine Ableitung ergiebt sich aus dem niederdeutschen Worte bernen = brennen.
Die Angaben von Theophrastus und Plinius über Steine, welche durch Reiben die Eigenschaft erhalten sollen, leichte Körperchen anzuziehen, haben wenig Bedeutung, da sie zu unklar sind. Theophrastus von Eresus auf Lesbos, der berühmteste Mineraloge des Alterthumes, erwähnt nämlich eines Steines mit den erwähnten Eigenschaften, welchen er Lynkurion nannte; welches Mineral er damit meinte, konnte jedoch nicht in Erfahrung gebracht werden. Plinius erzählt, daß
William Gilbert, deſſen wir in der Geſchichte der Elektricität noch ausführlicher gedenken müſſen, gab die Erklärung hiefür, indem er die Erde ſelbſt als einen großen Magnet betrachtete. Ihm iſt daher auch die Entdeckung des Erdmagnetismus zuzuſchreiben. Aus ſeiner Annahme erklärte ſich auch leicht und ungezwungen die Zunahme der Inclination in der Richtung vom Aequator gegen die Pole zu. Die Beſtätigung der Theorie Gilbert’s durch das Experiment brachte Hudſon, der Entdecker der Hudſonsbai, auf einer im Jahre 1608 unternommenen Reiſe in die nördlichen Breiten bei. Gilbert und Hartmann wußten auch bereits, daß Süd- und Südpol, Nord- und Nordpol ſich abſtoßen, daß alſo der Nordpol der Magnet- nadel nach dem magnetiſchen Südpole der Erde zeige. Gilbert beobachtete auch ſchon das Magnetiſchwerden vertical ſtehender Eiſenſtangen und bemerkte hierbei, daß ſie an ihrem unteren Ende einen Nordpol zeigen und daß dieſe Erſcheinung noch kräftiger hervortritt, wenn der Eiſenſtab die Richtung der Inclinationsnadel ein- nimmt. Er wußte auch, daß ein in der Richtung der Magnetnadel liegender Eiſenſtab durch Hämmern magnetiſch werden könne, und daß durch Glühen der Magnetismus zerſtört werde, beim Abkühlen jedoch wieder zum Vorſchein kommt, ſobald hierbei das Eiſenſtück in die Richtung der Magnetnadel gelegt wird. Auch die magnetiſche Fernwirkung durch die Luft und andere Körper war ihm nicht unbekannt geblieben. Eine weitere Vermehrung unſerer Kenntniſſe über den Magnetismus haben wir Halley, Johann Karl Wilke, Graham und Canton zu verdanken. Die Arbeiten und Forſchungen dieſer Männer fallen in das achtzehnte Jahrhundert. Zu Ende dieſes Jahrhundertes beobachtete Coulomb das Verhalten eines Magnetes bei ſeiner Theilung. Er fand, daß ein Magnet, in zwei, drei und mehr Theile getheilt, Bruchſtücke giebt, von welchen jedes wieder einen Nord- und einen Südpol zeigt; dieſes Verhalten führte ihn zur Aufſtellung einer Theorie über die Conſti- tution der Magnete, mit welcher wir uns ſpäter noch zu beſchäftigen haben werden. Die berühmten Unterſuchungen von Gauß und ebenſo die Verſuche von Jamin gehören bereits dem gegenwärtigen Jahrhunderte an.
Die erſten Beobachtungen elektriſcher Erſcheinungen ſind ebenſo unſicher nach- zuweiſen, wie die der magnetiſchen; doch reichen auch jene weit ins Alterthum zurück. Es wird ſo ziemlich allgemein angenommen, daß Thales, einer der ſieben Weiſen Griechenlands, der Erſte ſei, welcher die Anziehungskraft des geriebenen Bern- ſteines beobachtete. Thales wurde 640 v. Chr. zu Milet geboren und ſtarb 548 während er den olympiſchen Spielen anwohnte. Der Bernſtein führte den Namen Elektron, zu Deutſch „Zugſtein“, und von dieſem Worte iſt auch unſer gegen- wärtiger Ausdruck „Elektricität“ abgeleitet. Das deutſche Wort Bernſtein deutet nicht auf die elektriſchen Eigenſchaften dieſes Harzes, ſondern auf ſeine Fähigkeit zu brennen; ſeine Ableitung ergiebt ſich aus dem niederdeutſchen Worte bernen = brennen.
Die Angaben von Theophraſtus und Plinius über Steine, welche durch Reiben die Eigenſchaft erhalten ſollen, leichte Körperchen anzuziehen, haben wenig Bedeutung, da ſie zu unklar ſind. Theophraſtus von Ereſus auf Lesbos, der berühmteſte Mineraloge des Alterthumes, erwähnt nämlich eines Steines mit den erwähnten Eigenſchaften, welchen er Lynkurion nannte; welches Mineral er damit meinte, konnte jedoch nicht in Erfahrung gebracht werden. Plinius erzählt, daß
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[6/0020]
William Gilbert, deſſen wir in der Geſchichte der Elektricität noch ausführlicher
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großen Magnet betrachtete. Ihm iſt daher auch die Entdeckung des Erdmagnetismus
zuzuſchreiben. Aus ſeiner Annahme erklärte ſich auch leicht und ungezwungen die
Zunahme der Inclination in der Richtung vom Aequator gegen die Pole zu. Die
Beſtätigung der Theorie Gilbert’s durch das Experiment brachte Hudſon, der
Entdecker der Hudſonsbai, auf einer im Jahre 1608 unternommenen Reiſe in die
nördlichen Breiten bei. Gilbert und Hartmann wußten auch bereits, daß Süd-
und Südpol, Nord- und Nordpol ſich abſtoßen, daß alſo der Nordpol der Magnet-
nadel nach dem magnetiſchen Südpole der Erde zeige. Gilbert beobachtete auch ſchon
das Magnetiſchwerden vertical ſtehender Eiſenſtangen und bemerkte hierbei, daß
ſie an ihrem unteren Ende einen Nordpol zeigen und daß dieſe Erſcheinung noch
kräftiger hervortritt, wenn der Eiſenſtab die Richtung der Inclinationsnadel ein-
nimmt. Er wußte auch, daß ein in der Richtung der Magnetnadel liegender Eiſenſtab
durch Hämmern magnetiſch werden könne, und daß durch Glühen der Magnetismus
zerſtört werde, beim Abkühlen jedoch wieder zum Vorſchein kommt, ſobald hierbei
das Eiſenſtück in die Richtung der Magnetnadel gelegt wird. Auch die magnetiſche
Fernwirkung durch die Luft und andere Körper war ihm nicht unbekannt geblieben.
Eine weitere Vermehrung unſerer Kenntniſſe über den Magnetismus haben wir
Halley, Johann Karl Wilke, Graham und Canton zu verdanken. Die
Arbeiten und Forſchungen dieſer Männer fallen in das achtzehnte Jahrhundert. Zu
Ende dieſes Jahrhundertes beobachtete Coulomb das Verhalten eines Magnetes
bei ſeiner Theilung. Er fand, daß ein Magnet, in zwei, drei und mehr Theile
getheilt, Bruchſtücke giebt, von welchen jedes wieder einen Nord- und einen Südpol
zeigt; dieſes Verhalten führte ihn zur Aufſtellung einer Theorie über die Conſti-
tution der Magnete, mit welcher wir uns ſpäter noch zu beſchäftigen haben werden.
Die berühmten Unterſuchungen von Gauß und ebenſo die Verſuche von Jamin
gehören bereits dem gegenwärtigen Jahrhunderte an.
Die erſten Beobachtungen elektriſcher Erſcheinungen ſind ebenſo unſicher nach-
zuweiſen, wie die der magnetiſchen; doch reichen auch jene weit ins Alterthum
zurück. Es wird ſo ziemlich allgemein angenommen, daß Thales, einer der ſieben
Weiſen Griechenlands, der Erſte ſei, welcher die Anziehungskraft des geriebenen Bern-
ſteines beobachtete. Thales wurde 640 v. Chr. zu Milet geboren und ſtarb 548
während er den olympiſchen Spielen anwohnte. Der Bernſtein führte den Namen
Elektron, zu Deutſch „Zugſtein“, und von dieſem Worte iſt auch unſer gegen-
wärtiger Ausdruck „Elektricität“ abgeleitet. Das deutſche Wort Bernſtein deutet
nicht auf die elektriſchen Eigenſchaften dieſes Harzes, ſondern auf ſeine Fähigkeit
zu brennen; ſeine Ableitung ergiebt ſich aus dem niederdeutſchen Worte bernen =
brennen.
Die Angaben von Theophraſtus und Plinius über Steine, welche durch
Reiben die Eigenſchaft erhalten ſollen, leichte Körperchen anzuziehen, haben wenig
Bedeutung, da ſie zu unklar ſind. Theophraſtus von Ereſus auf Lesbos, der
berühmteſte Mineraloge des Alterthumes, erwähnt nämlich eines Steines mit den
erwähnten Eigenſchaften, welchen er Lynkurion nannte; welches Mineral er damit
meinte, konnte jedoch nicht in Erfahrung gebracht werden. Plinius erzählt, daß
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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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