Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

Erscheinung im Vacuum eines ungenügend ausgekochten Barometers, bei dessen
Schütteln durch Reibung des Quecksilbers an der Innenfläche der Glasröhre
Elektricität erregt wurde, welche dann die zurückgebliebenen Reste der Luft und
Quecksilberdämpfe zum Leuchten brachte. Picard wußte jedoch nicht, daß die Ursache
des Leuchtens in der Elektricitätserregung zu suchen sei.

Eine weitere Bereicherung wurde der Elektricität durch Robert Boyle
und Dr. Wall zu Theil. Ersterer fand, daß die elektrische Anziehung auch in
dem durch eine Luftpumpe erzeugten Vacuum stattfinde, und Letzterem gelang es,
den elektrischen Funken hervorzurufen. Als er ein großes Stück Bernstein mit Woll-
zeug rieb, sah er ersteren nicht nur leuchten, sondern bekam auch bei Annäherung
des Fingers an den Bernstein einen Funken, der mit Knistern auf den Finger
übersprang. Auch entging ihm nicht das Blasen der elektrischen Entladung und
das eigenthümliche Gefühl, welches der überspringende Funke in der Hand verursachte.

[Abbildung] Fig. 2.

Guericke's Schwefelkugel.

Beachtenswerth ist Wall's Aeußerung, daß
der Funke und das Geräusch eine gewisse
Aehnlichkeit mit Blitz und Donner habe. Er
veröffentlichte seine Experimente im Jahre 1698.
Ein ungefähr 20 Jahre vorher von Newton
angestellter Versuch, bestehend in der elektri-
schen Ladung einer Glasplatte, fand damals
keine Beachtung.

Es wurde bereits erwähnt, daß Picard
das elektrische Leuchten in der Barometerleere
beobachtet hat, ohne jedoch den Grund dieser
Erscheinung angeben zu können. Wie weit
man in der Erklärung derselben fehlte, zeigt
schon der Name, welchen man dieser Er-
scheinung beilegte, sie hieß damals "mercuria-
lischer Phosphor". Dufay sprach sogar die
Ansicht aus, das Leuchten habe darin seinen
Grund, daß das Quecksilber beim Auskochen
Feuertheilchen in sich aufnehme, welche nach-
her wieder langsam in die Barometerleere
entweichen. Die richtige Erklärung der in
Rede stehenden Erscheinung brachte endlich Hawksbee bei, der zu Beginn des
achtzehnten Jahrhundertes lebte. Er erreichte dies, indem er verschiedene Glas-
gefäße, welche Quecksilber enthielten, mit der Luftpumpe auspumpte und dann in
Bewegung setzte. Durch das auf diese Art hervorgerufene lebhafte Leuchten kam er
eben zu der Ansicht, das beobachtete Phänomen sei elektrischer Natur. Dies ver-
anlaßte ihn auch, eine Elektrisirmaschine nach Art jener von Guericke zu bauen, nur
mit dem Unterschiede, daß er an Stelle der Schwefelkugel eine solche aus Glas
setzte. Hierbei konnte ihm die Thatsache nicht entgehen, daß das Glas zur Elektri-
citätserregung vorzüglich geeignet sei. War die Glaskugel ausgepumpt, so leuchtete
sie lebhaft und gab auch Funken bis zu einem Zoll Länge. Hawksbee untersuchte
ferner Kugeln aus anderen Stoffen, wie z. B. aus Siegellack, einem Gemische
von Harz und Ziegelmehl u. s. w., und fand bei diesen Versuchen allerdings
eine nach den angewandten Stoffen wechselnde Stärke der erzeugten Elektricität, der
Artunterschied zwischen positiv und negativ blieb ihm aber verborgen, was bei

Erſcheinung im Vacuum eines ungenügend ausgekochten Barometers, bei deſſen
Schütteln durch Reibung des Queckſilbers an der Innenfläche der Glasröhre
Elektricität erregt wurde, welche dann die zurückgebliebenen Reſte der Luft und
Queckſilberdämpfe zum Leuchten brachte. Picard wußte jedoch nicht, daß die Urſache
des Leuchtens in der Elektricitätserregung zu ſuchen ſei.

Eine weitere Bereicherung wurde der Elektricität durch Robert Boyle
und Dr. Wall zu Theil. Erſterer fand, daß die elektriſche Anziehung auch in
dem durch eine Luftpumpe erzeugten Vacuum ſtattfinde, und Letzterem gelang es,
den elektriſchen Funken hervorzurufen. Als er ein großes Stück Bernſtein mit Woll-
zeug rieb, ſah er erſteren nicht nur leuchten, ſondern bekam auch bei Annäherung
des Fingers an den Bernſtein einen Funken, der mit Kniſtern auf den Finger
überſprang. Auch entging ihm nicht das Blaſen der elektriſchen Entladung und
das eigenthümliche Gefühl, welches der überſpringende Funke in der Hand verurſachte.

[Abbildung] Fig. 2.

Guericke’s Schwefelkugel.

Beachtenswerth iſt Wall’s Aeußerung, daß
der Funke und das Geräuſch eine gewiſſe
Aehnlichkeit mit Blitz und Donner habe. Er
veröffentlichte ſeine Experimente im Jahre 1698.
Ein ungefähr 20 Jahre vorher von Newton
angeſtellter Verſuch, beſtehend in der elektri-
ſchen Ladung einer Glasplatte, fand damals
keine Beachtung.

Es wurde bereits erwähnt, daß Picard
das elektriſche Leuchten in der Barometerleere
beobachtet hat, ohne jedoch den Grund dieſer
Erſcheinung angeben zu können. Wie weit
man in der Erklärung derſelben fehlte, zeigt
ſchon der Name, welchen man dieſer Er-
ſcheinung beilegte, ſie hieß damals „mercuria-
liſcher Phosphor“. Dufay ſprach ſogar die
Anſicht aus, das Leuchten habe darin ſeinen
Grund, daß das Queckſilber beim Auskochen
Feuertheilchen in ſich aufnehme, welche nach-
her wieder langſam in die Barometerleere
entweichen. Die richtige Erklärung der in
Rede ſtehenden Erſcheinung brachte endlich Hawksbee bei, der zu Beginn des
achtzehnten Jahrhundertes lebte. Er erreichte dies, indem er verſchiedene Glas-
gefäße, welche Queckſilber enthielten, mit der Luftpumpe auspumpte und dann in
Bewegung ſetzte. Durch das auf dieſe Art hervorgerufene lebhafte Leuchten kam er
eben zu der Anſicht, das beobachtete Phänomen ſei elektriſcher Natur. Dies ver-
anlaßte ihn auch, eine Elektriſirmaſchine nach Art jener von Guericke zu bauen, nur
mit dem Unterſchiede, daß er an Stelle der Schwefelkugel eine ſolche aus Glas
ſetzte. Hierbei konnte ihm die Thatſache nicht entgehen, daß das Glas zur Elektri-
citätserregung vorzüglich geeignet ſei. War die Glaskugel ausgepumpt, ſo leuchtete
ſie lebhaft und gab auch Funken bis zu einem Zoll Länge. Hawksbee unterſuchte
ferner Kugeln aus anderen Stoffen, wie z. B. aus Siegellack, einem Gemiſche
von Harz und Ziegelmehl u. ſ. w., und fand bei dieſen Verſuchen allerdings
eine nach den angewandten Stoffen wechſelnde Stärke der erzeugten Elektricität, der
Artunterſchied zwiſchen poſitiv und negativ blieb ihm aber verborgen, was bei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0024" n="10"/>
Er&#x017F;cheinung im Vacuum eines ungenügend ausgekochten Barometers, bei de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Schütteln durch Reibung des Queck&#x017F;ilbers an der Innenfläche der Glasröhre<lb/>
Elektricität erregt wurde, welche dann die zurückgebliebenen Re&#x017F;te der Luft und<lb/>
Queck&#x017F;ilberdämpfe zum Leuchten brachte. Picard wußte jedoch nicht, daß die Ur&#x017F;ache<lb/>
des Leuchtens in der Elektricitätserregung zu &#x017F;uchen &#x017F;ei.</p><lb/>
          <p>Eine weitere Bereicherung wurde der Elektricität durch <hi rendition="#g">Robert Boyle</hi><lb/>
und Dr. <hi rendition="#g">Wall</hi> zu Theil. Er&#x017F;terer fand, daß die elektri&#x017F;che Anziehung auch in<lb/>
dem durch eine Luftpumpe erzeugten Vacuum &#x017F;tattfinde, und Letzterem gelang es,<lb/>
den elektri&#x017F;chen Funken hervorzurufen. Als er ein großes Stück Bern&#x017F;tein mit Woll-<lb/>
zeug rieb, &#x017F;ah er er&#x017F;teren nicht nur leuchten, &#x017F;ondern bekam auch bei Annäherung<lb/>
des Fingers an den Bern&#x017F;tein einen Funken, der mit Kni&#x017F;tern auf den Finger<lb/>
über&#x017F;prang. Auch entging ihm nicht das Bla&#x017F;en der elektri&#x017F;chen Entladung und<lb/>
das eigenthümliche Gefühl, welches der über&#x017F;pringende Funke in der Hand verur&#x017F;achte.<lb/><figure><head>Fig. 2.</head><lb/><p>Guericke&#x2019;s Schwefelkugel.</p></figure><lb/>
Beachtenswerth i&#x017F;t Wall&#x2019;s Aeußerung, daß<lb/>
der Funke und das Geräu&#x017F;ch eine gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Aehnlichkeit mit Blitz und Donner habe. Er<lb/>
veröffentlichte &#x017F;eine Experimente im Jahre 1698.<lb/>
Ein ungefähr 20 Jahre vorher von <hi rendition="#g">Newton</hi><lb/>
ange&#x017F;tellter Ver&#x017F;uch, be&#x017F;tehend in der elektri-<lb/>
&#x017F;chen Ladung einer Glasplatte, fand damals<lb/>
keine Beachtung.</p><lb/>
          <p>Es wurde bereits erwähnt, daß Picard<lb/>
das elektri&#x017F;che Leuchten in der Barometerleere<lb/>
beobachtet hat, ohne jedoch den Grund die&#x017F;er<lb/>
Er&#x017F;cheinung angeben zu können. Wie weit<lb/>
man in der Erklärung der&#x017F;elben fehlte, zeigt<lb/>
&#x017F;chon der Name, welchen man die&#x017F;er Er-<lb/>
&#x017F;cheinung beilegte, &#x017F;ie hieß damals &#x201E;mercuria-<lb/>
li&#x017F;cher Phosphor&#x201C;. <hi rendition="#g">Dufay</hi> &#x017F;prach &#x017F;ogar die<lb/>
An&#x017F;icht aus, das Leuchten habe darin &#x017F;einen<lb/>
Grund, daß das Queck&#x017F;ilber beim Auskochen<lb/>
Feuertheilchen in &#x017F;ich aufnehme, welche nach-<lb/>
her wieder lang&#x017F;am in die Barometerleere<lb/>
entweichen. Die richtige Erklärung der in<lb/>
Rede &#x017F;tehenden Er&#x017F;cheinung brachte endlich <hi rendition="#g">Hawksbee</hi> bei, der zu Beginn des<lb/>
achtzehnten Jahrhundertes lebte. Er erreichte dies, indem er ver&#x017F;chiedene Glas-<lb/>
gefäße, welche Queck&#x017F;ilber enthielten, mit der Luftpumpe auspumpte und dann in<lb/>
Bewegung &#x017F;etzte. Durch das auf die&#x017F;e Art hervorgerufene lebhafte Leuchten kam er<lb/>
eben zu der An&#x017F;icht, das beobachtete Phänomen &#x017F;ei elektri&#x017F;cher Natur. Dies ver-<lb/>
anlaßte ihn auch, eine Elektri&#x017F;irma&#x017F;chine nach Art jener von Guericke zu bauen, nur<lb/>
mit dem Unter&#x017F;chiede, daß er an Stelle der Schwefelkugel eine &#x017F;olche aus Glas<lb/>
&#x017F;etzte. Hierbei konnte ihm die That&#x017F;ache nicht entgehen, daß das Glas zur Elektri-<lb/>
citätserregung vorzüglich geeignet &#x017F;ei. War die Glaskugel ausgepumpt, &#x017F;o leuchtete<lb/>
&#x017F;ie lebhaft und gab auch Funken bis zu einem Zoll Länge. Hawksbee unter&#x017F;uchte<lb/>
ferner Kugeln aus anderen Stoffen, wie z. B. aus Siegellack, einem Gemi&#x017F;che<lb/>
von Harz und Ziegelmehl u. &#x017F;. w., und fand bei die&#x017F;en Ver&#x017F;uchen allerdings<lb/>
eine nach den angewandten Stoffen wech&#x017F;elnde Stärke der erzeugten Elektricität, der<lb/>
Artunter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen po&#x017F;itiv und negativ blieb ihm aber verborgen, was bei<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0024] Erſcheinung im Vacuum eines ungenügend ausgekochten Barometers, bei deſſen Schütteln durch Reibung des Queckſilbers an der Innenfläche der Glasröhre Elektricität erregt wurde, welche dann die zurückgebliebenen Reſte der Luft und Queckſilberdämpfe zum Leuchten brachte. Picard wußte jedoch nicht, daß die Urſache des Leuchtens in der Elektricitätserregung zu ſuchen ſei. Eine weitere Bereicherung wurde der Elektricität durch Robert Boyle und Dr. Wall zu Theil. Erſterer fand, daß die elektriſche Anziehung auch in dem durch eine Luftpumpe erzeugten Vacuum ſtattfinde, und Letzterem gelang es, den elektriſchen Funken hervorzurufen. Als er ein großes Stück Bernſtein mit Woll- zeug rieb, ſah er erſteren nicht nur leuchten, ſondern bekam auch bei Annäherung des Fingers an den Bernſtein einen Funken, der mit Kniſtern auf den Finger überſprang. Auch entging ihm nicht das Blaſen der elektriſchen Entladung und das eigenthümliche Gefühl, welches der überſpringende Funke in der Hand verurſachte. [Abbildung Fig. 2. Guericke’s Schwefelkugel.] Beachtenswerth iſt Wall’s Aeußerung, daß der Funke und das Geräuſch eine gewiſſe Aehnlichkeit mit Blitz und Donner habe. Er veröffentlichte ſeine Experimente im Jahre 1698. Ein ungefähr 20 Jahre vorher von Newton angeſtellter Verſuch, beſtehend in der elektri- ſchen Ladung einer Glasplatte, fand damals keine Beachtung. Es wurde bereits erwähnt, daß Picard das elektriſche Leuchten in der Barometerleere beobachtet hat, ohne jedoch den Grund dieſer Erſcheinung angeben zu können. Wie weit man in der Erklärung derſelben fehlte, zeigt ſchon der Name, welchen man dieſer Er- ſcheinung beilegte, ſie hieß damals „mercuria- liſcher Phosphor“. Dufay ſprach ſogar die Anſicht aus, das Leuchten habe darin ſeinen Grund, daß das Queckſilber beim Auskochen Feuertheilchen in ſich aufnehme, welche nach- her wieder langſam in die Barometerleere entweichen. Die richtige Erklärung der in Rede ſtehenden Erſcheinung brachte endlich Hawksbee bei, der zu Beginn des achtzehnten Jahrhundertes lebte. Er erreichte dies, indem er verſchiedene Glas- gefäße, welche Queckſilber enthielten, mit der Luftpumpe auspumpte und dann in Bewegung ſetzte. Durch das auf dieſe Art hervorgerufene lebhafte Leuchten kam er eben zu der Anſicht, das beobachtete Phänomen ſei elektriſcher Natur. Dies ver- anlaßte ihn auch, eine Elektriſirmaſchine nach Art jener von Guericke zu bauen, nur mit dem Unterſchiede, daß er an Stelle der Schwefelkugel eine ſolche aus Glas ſetzte. Hierbei konnte ihm die Thatſache nicht entgehen, daß das Glas zur Elektri- citätserregung vorzüglich geeignet ſei. War die Glaskugel ausgepumpt, ſo leuchtete ſie lebhaft und gab auch Funken bis zu einem Zoll Länge. Hawksbee unterſuchte ferner Kugeln aus anderen Stoffen, wie z. B. aus Siegellack, einem Gemiſche von Harz und Ziegelmehl u. ſ. w., und fand bei dieſen Verſuchen allerdings eine nach den angewandten Stoffen wechſelnde Stärke der erzeugten Elektricität, der Artunterſchied zwiſchen poſitiv und negativ blieb ihm aber verborgen, was bei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/24
Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/24>, abgerufen am 03.12.2024.