mehr oder weniger hygroskopisch, d. h. geneigt, Wasser an ihrer Oberfläche zu condensiren, und ändern dann ihre Leitungsfähigkeit auch mit dem Wechsel der Temperatur, so daß im Großen und Ganzen Nichtleiter in Folge des letzterwähnten Umstandes bei niedrigerer Temperatur die Elektricität besser leiten als bei höherer, weil sie bei ersterer mehr Wasser aufnehmen. Hingegen können starke Temperatur- erhöhungen gerade das Gegentheil bewirken. So werden z. B. glühendes Glas und geschmolzenes Harz zu guten Leitern der Elektricität.
Bei der Aufstellung der obigen Tabelle wurde mit dem besten Leiter begonnen und mit dem schlechtesten geschlossen. Den Schluß bilden Schellack, Bernstein, Harze, Schwefel und Glas, während die Metalle an der Spitze stehen. Es ist daher erklärlich, warum man schon in frühester Zeit die Beobachtung machte, daß Bern- stein durch Reiben elektrisch werde und daß andererseits selbst Gilbert noch glaubte, Metalle werden durch Reiben nicht elektrisch. Die schlechten Leiter oder Isolatoren,
[Abbildung]
Fig. 36.
Elektricität durch Reibung.
wie Bernstein, Schwefel und Harze, konnte man beim Reiben in der Hand halten, ohne durch diese die Elektricität gleich zur Erde abzuleiten; sie blieben eben wegen ihrer schlechten Leitungs- fähigkeit an der geriebenen Stelle elektrisch. Die Metalle hin- gegen leiten die durch Reiben hervorgerufene Elektricität durch die Hand sofort zur Erde ab und erscheinen deshalb unelektrisch. Versieht man jedoch Metallstücke mit Glasgriffen und hält sie beim Reiben nur an diesen, so werden sie ebenfalls elektrisch.
Sehr merkwürdig ist eine Beobachtung, welche Sale im Jahre 1873 am Selen gemacht hat. Dieser entdeckte nämlich, daß das Selen seine Leitungsfähigkeit erhöht, wenn es vom Lichte bestrahlt wird. Diese Entdeckung führte, wie wir in der zweiten Abtheilung dieses Buches sehen werden, zur Erfindung des Photophons.
Die Gase gehören zu den schlechten Leitern der Elektricität; wäre dies nicht der Fall, so wäre uns die Elektricität wohl unbekannt geblieben, weil dann jeder Körper die auf ihm er- regte Elektricität sofort an die Luft abgeben würde. Auch der leere Raum oder das Vacuum ist kein Leiter der Elektricität. Ist jedoch die Luft feucht, so wird sie ein Halbleiter, und dies ist der Grund, warum viele elektrische Experimente bei feuchter Luft nicht gelingen.
Wir unterschieden weiter oben (S. 64) idioelektrische oder elektrisirbare und anelektrische oder nicht elektrisirbare Körper. Sehen wir nun auf die Tabelle der Elektricitätsleiter oder Conductoren und der Nichtleiter oder Isolatoren, so finden wir jene Körper, welche als nicht elektrisirbare angegeben wurden, in der Gruppe der Leiter, jene, welche als elektrisirbare angegeben wurden, in der Gruppe der Nichtleiter. Wir kennen nun bereits auch den Grund dieses verschiedenen Verhaltens und sehen ein, daß es nicht genügt, einen Körper in die Hand zu nehmen und zu reiben, um festzustellen, ob dieser Körper elektrisirbar sei oder nicht. Wir müssen vielmehr, wenn es sich um einen Elektricitätsleiter handelt, diesen sorgfältig isoliren, d. h. mit Substanzen umgeben, welche die Elektricität nicht leiten; dann erst können wir untersuchen, ob er durch Reiben elektrisch wird oder nicht. Dies hat man auch in der That ausgeführt, sobald man den Unterschied zwischen Leiter und Nichtleiter erkannt hatte, und dabei stellte
mehr oder weniger hygroſkopiſch, d. h. geneigt, Waſſer an ihrer Oberfläche zu condenſiren, und ändern dann ihre Leitungsfähigkeit auch mit dem Wechſel der Temperatur, ſo daß im Großen und Ganzen Nichtleiter in Folge des letzterwähnten Umſtandes bei niedrigerer Temperatur die Elektricität beſſer leiten als bei höherer, weil ſie bei erſterer mehr Waſſer aufnehmen. Hingegen können ſtarke Temperatur- erhöhungen gerade das Gegentheil bewirken. So werden z. B. glühendes Glas und geſchmolzenes Harz zu guten Leitern der Elektricität.
Bei der Aufſtellung der obigen Tabelle wurde mit dem beſten Leiter begonnen und mit dem ſchlechteſten geſchloſſen. Den Schluß bilden Schellack, Bernſtein, Harze, Schwefel und Glas, während die Metalle an der Spitze ſtehen. Es iſt daher erklärlich, warum man ſchon in früheſter Zeit die Beobachtung machte, daß Bern- ſtein durch Reiben elektriſch werde und daß andererſeits ſelbſt Gilbert noch glaubte, Metalle werden durch Reiben nicht elektriſch. Die ſchlechten Leiter oder Iſolatoren,
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Fig. 36.
Elektricität durch Reibung.
wie Bernſtein, Schwefel und Harze, konnte man beim Reiben in der Hand halten, ohne durch dieſe die Elektricität gleich zur Erde abzuleiten; ſie blieben eben wegen ihrer ſchlechten Leitungs- fähigkeit an der geriebenen Stelle elektriſch. Die Metalle hin- gegen leiten die durch Reiben hervorgerufene Elektricität durch die Hand ſofort zur Erde ab und erſcheinen deshalb unelektriſch. Verſieht man jedoch Metallſtücke mit Glasgriffen und hält ſie beim Reiben nur an dieſen, ſo werden ſie ebenfalls elektriſch.
Sehr merkwürdig iſt eine Beobachtung, welche Sale im Jahre 1873 am Selen gemacht hat. Dieſer entdeckte nämlich, daß das Selen ſeine Leitungsfähigkeit erhöht, wenn es vom Lichte beſtrahlt wird. Dieſe Entdeckung führte, wie wir in der zweiten Abtheilung dieſes Buches ſehen werden, zur Erfindung des Photophons.
Die Gaſe gehören zu den ſchlechten Leitern der Elektricität; wäre dies nicht der Fall, ſo wäre uns die Elektricität wohl unbekannt geblieben, weil dann jeder Körper die auf ihm er- regte Elektricität ſofort an die Luft abgeben würde. Auch der leere Raum oder das Vacuum iſt kein Leiter der Elektricität. Iſt jedoch die Luft feucht, ſo wird ſie ein Halbleiter, und dies iſt der Grund, warum viele elektriſche Experimente bei feuchter Luft nicht gelingen.
Wir unterſchieden weiter oben (S. 64) idioelektriſche oder elektriſirbare und anelektriſche oder nicht elektriſirbare Körper. Sehen wir nun auf die Tabelle der Elektricitätsleiter oder Conductoren und der Nichtleiter oder Iſolatoren, ſo finden wir jene Körper, welche als nicht elektriſirbare angegeben wurden, in der Gruppe der Leiter, jene, welche als elektriſirbare angegeben wurden, in der Gruppe der Nichtleiter. Wir kennen nun bereits auch den Grund dieſes verſchiedenen Verhaltens und ſehen ein, daß es nicht genügt, einen Körper in die Hand zu nehmen und zu reiben, um feſtzuſtellen, ob dieſer Körper elektriſirbar ſei oder nicht. Wir müſſen vielmehr, wenn es ſich um einen Elektricitätsleiter handelt, dieſen ſorgfältig iſoliren, d. h. mit Subſtanzen umgeben, welche die Elektricität nicht leiten; dann erſt können wir unterſuchen, ob er durch Reiben elektriſch wird oder nicht. Dies hat man auch in der That ausgeführt, ſobald man den Unterſchied zwiſchen Leiter und Nichtleiter erkannt hatte, und dabei ſtellte
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mehr oder weniger hygroſkopiſch, d. h. geneigt, Waſſer an ihrer Oberfläche zu
condenſiren, und ändern dann ihre Leitungsfähigkeit auch mit dem Wechſel der
Temperatur, ſo daß im Großen und Ganzen Nichtleiter in Folge des letzterwähnten
Umſtandes bei niedrigerer Temperatur die Elektricität beſſer leiten als bei höherer,
weil ſie bei erſterer mehr Waſſer aufnehmen. Hingegen können ſtarke Temperatur-
erhöhungen gerade das Gegentheil bewirken. So werden z. B. glühendes Glas
und geſchmolzenes Harz zu guten Leitern der Elektricität.
Bei der Aufſtellung der obigen Tabelle wurde mit dem beſten Leiter begonnen
und mit dem ſchlechteſten geſchloſſen. Den Schluß bilden Schellack, Bernſtein, Harze,
Schwefel und Glas, während die Metalle an der Spitze ſtehen. Es iſt daher
erklärlich, warum man ſchon in früheſter Zeit die Beobachtung machte, daß Bern-
ſtein durch Reiben elektriſch werde und daß andererſeits ſelbſt Gilbert noch glaubte,
Metalle werden durch Reiben nicht elektriſch. Die ſchlechten Leiter oder Iſolatoren,
[Abbildung Fig. 36.
Elektricität
durch Reibung.]
wie Bernſtein, Schwefel und Harze, konnte man beim Reiben
in der Hand halten, ohne durch dieſe die Elektricität gleich zur
Erde abzuleiten; ſie blieben eben wegen ihrer ſchlechten Leitungs-
fähigkeit an der geriebenen Stelle elektriſch. Die Metalle hin-
gegen leiten die durch Reiben hervorgerufene Elektricität durch
die Hand ſofort zur Erde ab und erſcheinen deshalb unelektriſch.
Verſieht man jedoch Metallſtücke mit Glasgriffen und hält ſie
beim Reiben nur an dieſen, ſo werden ſie ebenfalls elektriſch.
Sehr merkwürdig iſt eine Beobachtung, welche Sale
im Jahre 1873 am Selen gemacht hat. Dieſer entdeckte nämlich,
daß das Selen ſeine Leitungsfähigkeit erhöht, wenn es vom
Lichte beſtrahlt wird. Dieſe Entdeckung führte, wie wir in der
zweiten Abtheilung dieſes Buches ſehen werden, zur Erfindung
des Photophons.
Die Gaſe gehören zu den ſchlechten Leitern der Elektricität;
wäre dies nicht der Fall, ſo wäre uns die Elektricität wohl
unbekannt geblieben, weil dann jeder Körper die auf ihm er-
regte Elektricität ſofort an die Luft abgeben würde. Auch der
leere Raum oder das Vacuum iſt kein Leiter der Elektricität.
Iſt jedoch die Luft feucht, ſo wird ſie ein Halbleiter, und dies
iſt der Grund, warum viele elektriſche Experimente bei feuchter
Luft nicht gelingen.
Wir unterſchieden weiter oben (S. 64) idioelektriſche oder elektriſirbare
und anelektriſche oder nicht elektriſirbare Körper. Sehen wir nun auf die
Tabelle der Elektricitätsleiter oder Conductoren und der Nichtleiter oder Iſolatoren,
ſo finden wir jene Körper, welche als nicht elektriſirbare angegeben wurden, in der
Gruppe der Leiter, jene, welche als elektriſirbare angegeben wurden, in der
Gruppe der Nichtleiter. Wir kennen nun bereits auch den Grund dieſes
verſchiedenen Verhaltens und ſehen ein, daß es nicht genügt, einen Körper in
die Hand zu nehmen und zu reiben, um feſtzuſtellen, ob dieſer Körper elektriſirbar
ſei oder nicht. Wir müſſen vielmehr, wenn es ſich um einen Elektricitätsleiter
handelt, dieſen ſorgfältig iſoliren, d. h. mit Subſtanzen umgeben, welche die
Elektricität nicht leiten; dann erſt können wir unterſuchen, ob er durch Reiben
elektriſch wird oder nicht. Dies hat man auch in der That ausgeführt, ſobald
man den Unterſchied zwiſchen Leiter und Nichtleiter erkannt hatte, und dabei ſtellte
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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/84>, abgerufen am 21.11.2024.
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