Standkugel bleibt somit, nachdem die zweite Kugel entfernt worden ist, die Hälfte der ursprünglichen Elektricitätsmenge zurück. Diese übt auf die Kugel des Wage- balkens eine geringere Abstoßungskraft aus, und die Kugel des Wagebalkens wird sich daher der Standkugel nähern; durch Drehung am Torsionskreise kann jedoch der Wagebalken wieder in die früher innegehabte Stellung gebracht werden. Man findet dabei, daß die Torsionskraft im letzteren Falle die Hälfte der Torsion beim ersten Versuche beträgt. Nun berührt man die Standkugel mit einem nicht isolirten Leiter und entzieht ihr auf diese Weise die ganze Elektricität. Der Wagebalken dreht sich dann bis zur Berührung seiner Kugel mit der Standkugel zurück und giebt an diese die Hälfte seiner Elektricität ab; nun stoßen sich die Kugeln neuerdings ab, und der Winkel wird mit Hilfe des Torsionskreises wieder auf dieselbe Größe gebracht. Die Torsionskraft zeigt sich abermals um die Hälfte verringert. Also z. B. in der Art: Die der Standkugel anfänglich mitgetheilte Elektricitätsmenge betrage 4 Einheiten irgend welchen Maßsystemes. Durch Berührung mit der Kugel des Wagebalkens vertheilen sich diese 4 Einheiten zu 2 und 2 auf die Standkugel und jene des Wagebalkens. Durch Berühren der Standkugel mit einer ihr gleich großen Kugel giebt sie die Hälfte ihrer Elektricität ab und somit bleiben auf der Standkugel die Elektricitätsmenge 1 und auf der Kugel des Wagebalkens die Menge 2. Dann wird die Standkugel entladen, beide Kugeln zur Berührung gebracht, also die Elektricitätsmenge 2 auf der Kugel des Wagebalkens halbirt und man hat jetzt auf jeder Kugel die Menge 1. Die Experimente geben aber, wenn man z. B. den Wagebalken immer auf 30 Grad einstellt, im ersten Falle eine Torsion von 96 Grad, im zweiten Falle von 38 Grad und im dritten Falle von 4 Grad. Die Torsionskräfte verhalten sich daher wie 30 + 4 zu 30 + 38 zu 30 + 96 oder 34 zu 68 zu 126.
Die Elektricitätsmengen aber wie 2mal 2 zu 2mal 1 zu 1mal 1 oder 4 zu 2 zu 1, d. h. wird die Elektricitätsmenge halbirt, so muß auch die entgegenwirkende Torsionskraft halbirt werden, wenn der Ausschlagwinkel des Wagebalkens gleich- bleiben soll, oder mit anderen Worten: Die elektrischen Abstoßungen verhalten sich gerade so wie die Producte aus den aufeinander einwirkenden Elektricitäts- mengen.
Fassen wir nun die Versuche mit der Torsionswage, wie sie jetzt beschrieben wurden, zusammen und bedenken wir noch, daß bei einer elektrisirten Kugel die von allen Punkten ihrer Oberfläche gleichförmig ausgeübten Kräfte in ihrem Mittel- punkte vereinigt angenommen werden können, so ergiebt sich folgendes Gesetz: Zwei elektrisirte Punkte ziehen sich an oder stoßen sich ab, propor- tional dem Producte der auf beiden vorhandenen Elektricitätsmengen und umgekehrt proportional dem Quadrate ihres Abstandes.
Standkugel bleibt ſomit, nachdem die zweite Kugel entfernt worden iſt, die Hälfte der urſprünglichen Elektricitätsmenge zurück. Dieſe übt auf die Kugel des Wage- balkens eine geringere Abſtoßungskraft aus, und die Kugel des Wagebalkens wird ſich daher der Standkugel nähern; durch Drehung am Torſionskreiſe kann jedoch der Wagebalken wieder in die früher innegehabte Stellung gebracht werden. Man findet dabei, daß die Torſionskraft im letzteren Falle die Hälfte der Torſion beim erſten Verſuche beträgt. Nun berührt man die Standkugel mit einem nicht iſolirten Leiter und entzieht ihr auf dieſe Weiſe die ganze Elektricität. Der Wagebalken dreht ſich dann bis zur Berührung ſeiner Kugel mit der Standkugel zurück und giebt an dieſe die Hälfte ſeiner Elektricität ab; nun ſtoßen ſich die Kugeln neuerdings ab, und der Winkel wird mit Hilfe des Torſionskreiſes wieder auf dieſelbe Größe gebracht. Die Torſionskraft zeigt ſich abermals um die Hälfte verringert. Alſo z. B. in der Art: Die der Standkugel anfänglich mitgetheilte Elektricitätsmenge betrage 4 Einheiten irgend welchen Maßſyſtemes. Durch Berührung mit der Kugel des Wagebalkens vertheilen ſich dieſe 4 Einheiten zu 2 und 2 auf die Standkugel und jene des Wagebalkens. Durch Berühren der Standkugel mit einer ihr gleich großen Kugel giebt ſie die Hälfte ihrer Elektricität ab und ſomit bleiben auf der Standkugel die Elektricitätsmenge 1 und auf der Kugel des Wagebalkens die Menge 2. Dann wird die Standkugel entladen, beide Kugeln zur Berührung gebracht, alſo die Elektricitätsmenge 2 auf der Kugel des Wagebalkens halbirt und man hat jetzt auf jeder Kugel die Menge 1. Die Experimente geben aber, wenn man z. B. den Wagebalken immer auf 30 Grad einſtellt, im erſten Falle eine Torſion von 96 Grad, im zweiten Falle von 38 Grad und im dritten Falle von 4 Grad. Die Torſionskräfte verhalten ſich daher wie 30 + 4 zu 30 + 38 zu 30 + 96 oder 34 zu 68 zu 126.
Die Elektricitätsmengen aber wie 2mal 2 zu 2mal 1 zu 1mal 1 oder 4 zu 2 zu 1, d. h. wird die Elektricitätsmenge halbirt, ſo muß auch die entgegenwirkende Torſionskraft halbirt werden, wenn der Ausſchlagwinkel des Wagebalkens gleich- bleiben ſoll, oder mit anderen Worten: Die elektriſchen Abſtoßungen verhalten ſich gerade ſo wie die Producte aus den aufeinander einwirkenden Elektricitäts- mengen.
Faſſen wir nun die Verſuche mit der Torſionswage, wie ſie jetzt beſchrieben wurden, zuſammen und bedenken wir noch, daß bei einer elektriſirten Kugel die von allen Punkten ihrer Oberfläche gleichförmig ausgeübten Kräfte in ihrem Mittel- punkte vereinigt angenommen werden können, ſo ergiebt ſich folgendes Geſetz: Zwei elektriſirte Punkte ziehen ſich an oder ſtoßen ſich ab, propor- tional dem Producte der auf beiden vorhandenen Elektricitätsmengen und umgekehrt proportional dem Quadrate ihres Abſtandes.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0089"n="75"/>
Standkugel bleibt ſomit, nachdem die zweite Kugel entfernt worden iſt, die Hälfte<lb/>
der urſprünglichen Elektricitätsmenge zurück. Dieſe übt auf die Kugel des Wage-<lb/>
balkens eine geringere Abſtoßungskraft aus, und die Kugel des Wagebalkens wird<lb/>ſich daher der Standkugel nähern; durch Drehung am Torſionskreiſe kann jedoch<lb/>
der Wagebalken wieder in die früher innegehabte Stellung gebracht werden. Man<lb/>
findet dabei, daß die Torſionskraft im letzteren Falle die Hälfte der Torſion beim<lb/>
erſten Verſuche beträgt. Nun berührt man die Standkugel mit einem nicht iſolirten<lb/>
Leiter und entzieht ihr auf dieſe Weiſe die ganze Elektricität. Der Wagebalken dreht<lb/>ſich dann bis zur Berührung ſeiner Kugel mit der Standkugel zurück und giebt an<lb/>
dieſe die Hälfte ſeiner Elektricität ab; nun ſtoßen ſich die Kugeln neuerdings ab,<lb/>
und der Winkel wird mit Hilfe des Torſionskreiſes wieder auf dieſelbe Größe<lb/>
gebracht. Die Torſionskraft zeigt ſich abermals um die Hälfte verringert. Alſo<lb/>
z. B. in der Art: Die der Standkugel anfänglich mitgetheilte Elektricitätsmenge<lb/>
betrage 4 Einheiten irgend welchen Maßſyſtemes. Durch Berührung mit der Kugel<lb/>
des Wagebalkens vertheilen ſich dieſe 4 Einheiten zu 2 und 2 auf die Standkugel<lb/>
und jene des Wagebalkens. Durch Berühren der Standkugel mit einer ihr gleich<lb/>
großen Kugel giebt ſie die Hälfte ihrer Elektricität ab und ſomit bleiben auf der<lb/>
Standkugel die Elektricitätsmenge 1 und auf der Kugel des Wagebalkens die<lb/>
Menge 2. Dann wird die Standkugel entladen, beide Kugeln zur Berührung<lb/>
gebracht, alſo die Elektricitätsmenge 2 auf der Kugel des Wagebalkens halbirt und<lb/>
man hat jetzt auf jeder Kugel die Menge 1. Die Experimente geben aber, wenn<lb/>
man z. B. den Wagebalken immer auf 30 Grad einſtellt, im erſten Falle eine Torſion<lb/>
von 96 Grad, im zweiten Falle von 38 Grad und im dritten Falle von 4 Grad.<lb/>
Die Torſionskräfte verhalten ſich daher wie<lb/><hirendition="#c">30 + 4 zu 30 + 38 zu 30 + 96<lb/>
oder<lb/>
34 zu 68 zu 126.</hi></p><lb/><p>Die Elektricitätsmengen aber wie<lb/><hirendition="#c">2mal 2 zu 2mal 1 zu 1mal 1<lb/>
oder<lb/>
4 zu 2 zu 1,</hi><lb/>
d. h. wird die Elektricitätsmenge halbirt, ſo muß auch die entgegenwirkende<lb/>
Torſionskraft halbirt werden, wenn der Ausſchlagwinkel des Wagebalkens gleich-<lb/>
bleiben ſoll, oder mit anderen Worten: Die elektriſchen Abſtoßungen verhalten<lb/>ſich gerade ſo wie die Producte aus den aufeinander einwirkenden Elektricitäts-<lb/>
mengen.</p><lb/><p>Faſſen wir nun die Verſuche mit der Torſionswage, wie ſie jetzt beſchrieben<lb/>
wurden, zuſammen und bedenken wir noch, daß bei einer elektriſirten Kugel die<lb/>
von allen Punkten ihrer Oberfläche gleichförmig ausgeübten Kräfte in ihrem Mittel-<lb/>
punkte vereinigt angenommen werden können, ſo ergiebt ſich folgendes Geſetz:<lb/><hirendition="#g">Zwei elektriſirte Punkte ziehen ſich an oder ſtoßen ſich ab, propor-<lb/>
tional dem Producte der auf beiden vorhandenen Elektricitätsmengen<lb/>
und umgekehrt proportional dem Quadrate ihres Abſtandes</hi>.</p></div><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[75/0089]
Standkugel bleibt ſomit, nachdem die zweite Kugel entfernt worden iſt, die Hälfte
der urſprünglichen Elektricitätsmenge zurück. Dieſe übt auf die Kugel des Wage-
balkens eine geringere Abſtoßungskraft aus, und die Kugel des Wagebalkens wird
ſich daher der Standkugel nähern; durch Drehung am Torſionskreiſe kann jedoch
der Wagebalken wieder in die früher innegehabte Stellung gebracht werden. Man
findet dabei, daß die Torſionskraft im letzteren Falle die Hälfte der Torſion beim
erſten Verſuche beträgt. Nun berührt man die Standkugel mit einem nicht iſolirten
Leiter und entzieht ihr auf dieſe Weiſe die ganze Elektricität. Der Wagebalken dreht
ſich dann bis zur Berührung ſeiner Kugel mit der Standkugel zurück und giebt an
dieſe die Hälfte ſeiner Elektricität ab; nun ſtoßen ſich die Kugeln neuerdings ab,
und der Winkel wird mit Hilfe des Torſionskreiſes wieder auf dieſelbe Größe
gebracht. Die Torſionskraft zeigt ſich abermals um die Hälfte verringert. Alſo
z. B. in der Art: Die der Standkugel anfänglich mitgetheilte Elektricitätsmenge
betrage 4 Einheiten irgend welchen Maßſyſtemes. Durch Berührung mit der Kugel
des Wagebalkens vertheilen ſich dieſe 4 Einheiten zu 2 und 2 auf die Standkugel
und jene des Wagebalkens. Durch Berühren der Standkugel mit einer ihr gleich
großen Kugel giebt ſie die Hälfte ihrer Elektricität ab und ſomit bleiben auf der
Standkugel die Elektricitätsmenge 1 und auf der Kugel des Wagebalkens die
Menge 2. Dann wird die Standkugel entladen, beide Kugeln zur Berührung
gebracht, alſo die Elektricitätsmenge 2 auf der Kugel des Wagebalkens halbirt und
man hat jetzt auf jeder Kugel die Menge 1. Die Experimente geben aber, wenn
man z. B. den Wagebalken immer auf 30 Grad einſtellt, im erſten Falle eine Torſion
von 96 Grad, im zweiten Falle von 38 Grad und im dritten Falle von 4 Grad.
Die Torſionskräfte verhalten ſich daher wie
30 + 4 zu 30 + 38 zu 30 + 96
oder
34 zu 68 zu 126.
Die Elektricitätsmengen aber wie
2mal 2 zu 2mal 1 zu 1mal 1
oder
4 zu 2 zu 1,
d. h. wird die Elektricitätsmenge halbirt, ſo muß auch die entgegenwirkende
Torſionskraft halbirt werden, wenn der Ausſchlagwinkel des Wagebalkens gleich-
bleiben ſoll, oder mit anderen Worten: Die elektriſchen Abſtoßungen verhalten
ſich gerade ſo wie die Producte aus den aufeinander einwirkenden Elektricitäts-
mengen.
Faſſen wir nun die Verſuche mit der Torſionswage, wie ſie jetzt beſchrieben
wurden, zuſammen und bedenken wir noch, daß bei einer elektriſirten Kugel die
von allen Punkten ihrer Oberfläche gleichförmig ausgeübten Kräfte in ihrem Mittel-
punkte vereinigt angenommen werden können, ſo ergiebt ſich folgendes Geſetz:
Zwei elektriſirte Punkte ziehen ſich an oder ſtoßen ſich ab, propor-
tional dem Producte der auf beiden vorhandenen Elektricitätsmengen
und umgekehrt proportional dem Quadrate ihres Abſtandes.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/89>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.