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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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Bell's Versuche und Publicationen über das Photophon gaben Anlaß zu
ausgedehnten Untersuchungen von Seite verschiedener Forscher. Hierbei stellte es sich
heraus, daß die Schallübertragung auch ohne Anwendung von Selenzellen und
galvanischen Batterien möglich sei und daß nichtleuchtende Wärmestrahlen schall-
erregend wirken können. Das letzterwähnte Ergebniß veranlaßte Mercadier für
Photophon die Bezeichnung Radiophon vorzuschlagen. Bei diesem dient eine dünne
Platte aus irgend einem Materiale als Empfänger; die von dieser Platte erzeugten
Töne werden durch ein Hörrohr dem Ohre übermittelt. Den Tongeber änderte
Mercadier in der Weise ab, daß er die an ihrem Rande durchlöcherte Scheibe
durch eine solide Glasscheibe ersetzte, welche mit schwarzem Papier überklebt wurde;
in diesem waren in concentrischen Kreisen die Oeffnungen ausgeschnitten. Hierdurch
wurden jene Geräusche vermieden, welche bei der Anordnung Bell's durch die
Reibung der Luft in den Löchern entstanden. Es stellte sich nun bald heraus, daß
die Empfängerplatten durch die intermittirenden Lichtstrahlen nicht in transversale
Schwingungen versetzt werden, also derart schwingen wie gewöhnliche tönende
Platten. So giebt z. B. eine und dieselbe Platte die tiefsten wie die höchsten Töne
gleich gut; die Dicke und Breite der Platte hat keinen Einfluß auf die Tonhöhe
oder auf die Klangfarbe; treffen mehrere mit verschiedener Geschwindigkeit inter-
mittirende Lichtstrahlen die Platte, so giebt diese ganze Accorde. Auch die Ver-
schiedenheit der Stoffe, aus welchen die Platten hergestellt werden, bleibt dies-
bezüglich ohne Einfluß; wohl aber wird hierdurch die Intensität des Tones
geändert.

Hingegen machte sich eine Veränderung der Oberfläche sehr stark geltend;
jede Veränderung, welche das Reflexionsvermögen beeinflußte, änderte auch die
Intensität des Tones, so zwar, daß geritzte oder oxydirte Flächen sich besonders
günstig erwiesen, während eine versilberte Glastafel gar keinen Ton hören ließ.
Im Allgemeinen zeigten sich jene Platten am wirksamsten, welche die Strahlen
stark absorbiren, aber wenig reflectiren. So wurden besonders gute Resultate bei
Anwendung von Platten erzielt, deren Oberfläche man mit chinesischer Tusche,
Platinschwarz oder Ruß überzogen hatte. Papier, welches im gewöhnlichen Zustande
keine Töne hören läßt, tönt ganz deutlich, wenn man die bestrahlte Fläche berußt.
Einen sehr empfindlichen Empfänger erhält man dadurch, daß man ein Glimmer-
plättchen mit Ruß überzieht.

Die außergewöhnliche Empfindlichkeit berußter Flächen brachte auch Tainter
auf den Gedanken, in der Selenzelle das Selen durch Ruß zu ersetzen. Zu diesem
Behufe ist auf einer Glasplatte P (Fig. 741) Silber niedergeschlagen und dann
dieser Niederschlag theilweise wieder entfernt, so daß die silberfreien Stellen eine
Zickzacklinie Z Z bilden. Letztere füllt man mit Ruß aus und erhält dadurch einen
Silberbeleg, der durch den zickzackförmigen Rußstreifen in zwei Theile getheilt ist.
Die beiden Theile des Silberbeleges können dann durch die Klemmen K K mit
der Batterie und dem Telephone verbunden werden. Treffen auf eine solche Ruß-
zelle intermittirende Lichtstrahlen auf, so rufen sie im Telephone laute Töne hervor;
die Zelle kann auch zum Fernsprechen benützt werden.

Es ist nun die Frage zu beantworten, in welcher Weise die oben geschilderten
Erscheinungen zu erklären sind. Verwendet man eine Selenzelle, welche mit einem
Telephone in den Stromkreis einer Batterie geschaltet ist, so ändern die auf die
Selenzellen auffallenden Lichtstrahlen das Leitungsvermögen des Selens in einer
der Intermittenz der Strahlen entsprechenden Weise. Es muß sich folglich auch die

Bell’s Verſuche und Publicationen über das Photophon gaben Anlaß zu
ausgedehnten Unterſuchungen von Seite verſchiedener Forſcher. Hierbei ſtellte es ſich
heraus, daß die Schallübertragung auch ohne Anwendung von Selenzellen und
galvaniſchen Batterien möglich ſei und daß nichtleuchtende Wärmeſtrahlen ſchall-
erregend wirken können. Das letzterwähnte Ergebniß veranlaßte Mercadier für
Photophon die Bezeichnung Radiophon vorzuſchlagen. Bei dieſem dient eine dünne
Platte aus irgend einem Materiale als Empfänger; die von dieſer Platte erzeugten
Töne werden durch ein Hörrohr dem Ohre übermittelt. Den Tongeber änderte
Mercadier in der Weiſe ab, daß er die an ihrem Rande durchlöcherte Scheibe
durch eine ſolide Glasſcheibe erſetzte, welche mit ſchwarzem Papier überklebt wurde;
in dieſem waren in concentriſchen Kreiſen die Oeffnungen ausgeſchnitten. Hierdurch
wurden jene Geräuſche vermieden, welche bei der Anordnung Bell’s durch die
Reibung der Luft in den Löchern entſtanden. Es ſtellte ſich nun bald heraus, daß
die Empfängerplatten durch die intermittirenden Lichtſtrahlen nicht in transverſale
Schwingungen verſetzt werden, alſo derart ſchwingen wie gewöhnliche tönende
Platten. So giebt z. B. eine und dieſelbe Platte die tiefſten wie die höchſten Töne
gleich gut; die Dicke und Breite der Platte hat keinen Einfluß auf die Tonhöhe
oder auf die Klangfarbe; treffen mehrere mit verſchiedener Geſchwindigkeit inter-
mittirende Lichtſtrahlen die Platte, ſo giebt dieſe ganze Accorde. Auch die Ver-
ſchiedenheit der Stoffe, aus welchen die Platten hergeſtellt werden, bleibt dies-
bezüglich ohne Einfluß; wohl aber wird hierdurch die Intenſität des Tones
geändert.

Hingegen machte ſich eine Veränderung der Oberfläche ſehr ſtark geltend;
jede Veränderung, welche das Reflexionsvermögen beeinflußte, änderte auch die
Intenſität des Tones, ſo zwar, daß geritzte oder oxydirte Flächen ſich beſonders
günſtig erwieſen, während eine verſilberte Glastafel gar keinen Ton hören ließ.
Im Allgemeinen zeigten ſich jene Platten am wirkſamſten, welche die Strahlen
ſtark abſorbiren, aber wenig reflectiren. So wurden beſonders gute Reſultate bei
Anwendung von Platten erzielt, deren Oberfläche man mit chineſiſcher Tuſche,
Platinſchwarz oder Ruß überzogen hatte. Papier, welches im gewöhnlichen Zuſtande
keine Töne hören läßt, tönt ganz deutlich, wenn man die beſtrahlte Fläche berußt.
Einen ſehr empfindlichen Empfänger erhält man dadurch, daß man ein Glimmer-
plättchen mit Ruß überzieht.

Die außergewöhnliche Empfindlichkeit berußter Flächen brachte auch Tainter
auf den Gedanken, in der Selenzelle das Selen durch Ruß zu erſetzen. Zu dieſem
Behufe iſt auf einer Glasplatte P (Fig. 741) Silber niedergeſchlagen und dann
dieſer Niederſchlag theilweiſe wieder entfernt, ſo daß die ſilberfreien Stellen eine
Zickzacklinie Z Z bilden. Letztere füllt man mit Ruß aus und erhält dadurch einen
Silberbeleg, der durch den zickzackförmigen Rußſtreifen in zwei Theile getheilt iſt.
Die beiden Theile des Silberbeleges können dann durch die Klemmen K K mit
der Batterie und dem Telephone verbunden werden. Treffen auf eine ſolche Ruß-
zelle intermittirende Lichtſtrahlen auf, ſo rufen ſie im Telephone laute Töne hervor;
die Zelle kann auch zum Fernſprechen benützt werden.

Es iſt nun die Frage zu beantworten, in welcher Weiſe die oben geſchilderten
Erſcheinungen zu erklären ſind. Verwendet man eine Selenzelle, welche mit einem
Telephone in den Stromkreis einer Batterie geſchaltet iſt, ſo ändern die auf die
Selenzellen auffallenden Lichtſtrahlen das Leitungsvermögen des Selens in einer
der Intermittenz der Strahlen entſprechenden Weiſe. Es muß ſich folglich auch die

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[976/0990] Bell’s Verſuche und Publicationen über das Photophon gaben Anlaß zu ausgedehnten Unterſuchungen von Seite verſchiedener Forſcher. Hierbei ſtellte es ſich heraus, daß die Schallübertragung auch ohne Anwendung von Selenzellen und galvaniſchen Batterien möglich ſei und daß nichtleuchtende Wärmeſtrahlen ſchall- erregend wirken können. Das letzterwähnte Ergebniß veranlaßte Mercadier für Photophon die Bezeichnung Radiophon vorzuſchlagen. Bei dieſem dient eine dünne Platte aus irgend einem Materiale als Empfänger; die von dieſer Platte erzeugten Töne werden durch ein Hörrohr dem Ohre übermittelt. Den Tongeber änderte Mercadier in der Weiſe ab, daß er die an ihrem Rande durchlöcherte Scheibe durch eine ſolide Glasſcheibe erſetzte, welche mit ſchwarzem Papier überklebt wurde; in dieſem waren in concentriſchen Kreiſen die Oeffnungen ausgeſchnitten. Hierdurch wurden jene Geräuſche vermieden, welche bei der Anordnung Bell’s durch die Reibung der Luft in den Löchern entſtanden. Es ſtellte ſich nun bald heraus, daß die Empfängerplatten durch die intermittirenden Lichtſtrahlen nicht in transverſale Schwingungen verſetzt werden, alſo derart ſchwingen wie gewöhnliche tönende Platten. So giebt z. B. eine und dieſelbe Platte die tiefſten wie die höchſten Töne gleich gut; die Dicke und Breite der Platte hat keinen Einfluß auf die Tonhöhe oder auf die Klangfarbe; treffen mehrere mit verſchiedener Geſchwindigkeit inter- mittirende Lichtſtrahlen die Platte, ſo giebt dieſe ganze Accorde. Auch die Ver- ſchiedenheit der Stoffe, aus welchen die Platten hergeſtellt werden, bleibt dies- bezüglich ohne Einfluß; wohl aber wird hierdurch die Intenſität des Tones geändert. Hingegen machte ſich eine Veränderung der Oberfläche ſehr ſtark geltend; jede Veränderung, welche das Reflexionsvermögen beeinflußte, änderte auch die Intenſität des Tones, ſo zwar, daß geritzte oder oxydirte Flächen ſich beſonders günſtig erwieſen, während eine verſilberte Glastafel gar keinen Ton hören ließ. Im Allgemeinen zeigten ſich jene Platten am wirkſamſten, welche die Strahlen ſtark abſorbiren, aber wenig reflectiren. So wurden beſonders gute Reſultate bei Anwendung von Platten erzielt, deren Oberfläche man mit chineſiſcher Tuſche, Platinſchwarz oder Ruß überzogen hatte. Papier, welches im gewöhnlichen Zuſtande keine Töne hören läßt, tönt ganz deutlich, wenn man die beſtrahlte Fläche berußt. Einen ſehr empfindlichen Empfänger erhält man dadurch, daß man ein Glimmer- plättchen mit Ruß überzieht. Die außergewöhnliche Empfindlichkeit berußter Flächen brachte auch Tainter auf den Gedanken, in der Selenzelle das Selen durch Ruß zu erſetzen. Zu dieſem Behufe iſt auf einer Glasplatte P (Fig. 741) Silber niedergeſchlagen und dann dieſer Niederſchlag theilweiſe wieder entfernt, ſo daß die ſilberfreien Stellen eine Zickzacklinie Z Z bilden. Letztere füllt man mit Ruß aus und erhält dadurch einen Silberbeleg, der durch den zickzackförmigen Rußſtreifen in zwei Theile getheilt iſt. Die beiden Theile des Silberbeleges können dann durch die Klemmen K K mit der Batterie und dem Telephone verbunden werden. Treffen auf eine ſolche Ruß- zelle intermittirende Lichtſtrahlen auf, ſo rufen ſie im Telephone laute Töne hervor; die Zelle kann auch zum Fernſprechen benützt werden. Es iſt nun die Frage zu beantworten, in welcher Weiſe die oben geſchilderten Erſcheinungen zu erklären ſind. Verwendet man eine Selenzelle, welche mit einem Telephone in den Stromkreis einer Batterie geſchaltet iſt, ſo ändern die auf die Selenzellen auffallenden Lichtſtrahlen das Leitungsvermögen des Selens in einer der Intermittenz der Strahlen entſprechenden Weiſe. Es muß ſich folglich auch die

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 976. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/990>, abgerufen am 22.11.2024.