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Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

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Lyrische Gedichte
Doch hört ihr, was die Wahrheit spricht?
Verwöhnt, verwöhnt die Seele nicht
Zu rauschenden Ergötzlichkeiten,
Die, wann der Geist sie lieb gewinnt,
Von Rosen unter Dörner leiten;
Und kein Vergnügen aller Zeiten,
Nur Augenblicke reizend sind.
Die Weisheit richtet meinen Sinn
Auf dauerndes Vergnügen hin,
Das aus der Seele selbst entspringet.
Geschmack und Wahrheit! ihr entzückt,
Auch wann kein Saitenspiel erklinget:
Auch wann mein Mund nicht lacht und singet,
Bin ich in euerm Arm beglückt.
Die Anmuth prächtiger Natur
Vergnügt mich auf beblühmter Flur,
Auf Hügeln und im dunkeln Hayne.
Jch jauchz' an stiller Musen Brust
So fröhlig, als bey Cyperns Weine:
Ja wenn ich Thoren einsam scheine,
Vertraut sich mir die reinste Lust.
So
Lyriſche Gedichte
Doch hoͤrt ihr, was die Wahrheit ſpricht?
Verwoͤhnt, verwoͤhnt die Seele nicht
Zu rauſchenden Ergoͤtzlichkeiten,
Die, wann der Geiſt ſie lieb gewinnt,
Von Roſen unter Doͤrner leiten;
Und kein Vergnuͤgen aller Zeiten,
Nur Augenblicke reizend ſind.
Die Weisheit richtet meinen Sinn
Auf dauerndes Vergnuͤgen hin,
Das aus der Seele ſelbſt entſpringet.
Geſchmack und Wahrheit! ihr entzuͤckt,
Auch wann kein Saitenſpiel erklinget:
Auch wann mein Mund nicht lacht und ſinget,
Bin ich in euerm Arm begluͤckt.
Die Anmuth praͤchtiger Natur
Vergnuͤgt mich auf bebluͤhmter Flur,
Auf Huͤgeln und im dunkeln Hayne.
Jch jauchz’ an ſtiller Muſen Bruſt
So froͤhlig, als bey Cyperns Weine:
Ja wenn ich Thoren einſam ſcheine,
Vertraut ſich mir die reinſte Luſt.
So
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[102/0116] Lyriſche Gedichte Doch hoͤrt ihr, was die Wahrheit ſpricht? Verwoͤhnt, verwoͤhnt die Seele nicht Zu rauſchenden Ergoͤtzlichkeiten, Die, wann der Geiſt ſie lieb gewinnt, Von Roſen unter Doͤrner leiten; Und kein Vergnuͤgen aller Zeiten, Nur Augenblicke reizend ſind. Die Weisheit richtet meinen Sinn Auf dauerndes Vergnuͤgen hin, Das aus der Seele ſelbſt entſpringet. Geſchmack und Wahrheit! ihr entzuͤckt, Auch wann kein Saitenſpiel erklinget: Auch wann mein Mund nicht lacht und ſinget, Bin ich in euerm Arm begluͤckt. Die Anmuth praͤchtiger Natur Vergnuͤgt mich auf bebluͤhmter Flur, Auf Huͤgeln und im dunkeln Hayne. Jch jauchz’ an ſtiller Muſen Bruſt So froͤhlig, als bey Cyperns Weine: Ja wenn ich Thoren einſam ſcheine, Vertraut ſich mir die reinſte Luſt. So

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Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/116>, abgerufen am 18.05.2024.