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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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III. Das Ei während der Fruchten[t]wickelung.
ein membranartiges Gewebe zu einer Haut, dem Endochorion, ver-
bunden. Die Gefässstämme desselben schliessen sich nicht dicht
an die Allantois an, sondern gehen durch das Eiweiss (s. oben)
zu dem Exochorion, in welches sie sich hineinbilden. Nun er-
heben sich auf dem Eie die Zottenfalten und besonders die Zot-
ten immer mehr. Jene nehmen allmählig nach den Enden zu ab
und hören mit einer weissen Narbe, in welcher das Endochorion
mit dem Exochorion genau verwachsen ist, auf. Hinter dieser fin-
den sich nun die Anhänge, welche zwar zottenleer sind, aber ausser
der durchsichtigen Allantois Blutgefässe besitzen. Der Harnsack
(l. c. S. 6.) durchreisst daher bei seinem Wachsthume das Exo-
chorion an seinen beiden Enden und stellt so die beiden Diverti-
kel dar. Die Gefässe der Anhänge sterben bald ab, so wie sie
selbst, welche anfangs frei liegen, bald sich gegenseitig in ein-
ander einstülpen. Diese Einstülpung betrifft zuerst nur die An-
hänge, endlich aber, da sie im Laufe der Entwickelung immer
fortgeht, auch einen mit Zotten versehenen Theil des Chorion.
An den eingestülpten Stellen vergehen jedoch bald alle Blutgefä-
sse. Der Fruchtkuchen des Schweines reicht über die ganze
Oberfläche des Eies, da die Zotten des Chorion an der ganzen
Oberfläche in die Maschen des Uterus treten und die Gefässe bei-
der in die nächste, durch dünne häutige Gebilde vermittelte Be-
rührung kommen. Er umgiebt also das ganze Ei (mit Ausnahme
der eingestülpten Theile) gürtelförmig. 2. Das Ei der Wieder-
käuer hat anfangs ein durchaus glattes Exochorion (l. c. S. 13.).
Während die Allantois breiter als das Amnion ist, wird die ganze
rechte Seite des Amnion mit dem Endochorion bedeckt, welches
etwas über die obere Wölbung der Allantois hinauszugehen
scheint. Daher ist später das Amnion, wenn die Allantois nur
auf seiner rechten Seite liegt, mit einem Gefässnetze bedeckt, zu
dem nur noch einige Gefässe aus den Nabelgefässen unmittelbar
auf der linken Seite treten. -- Die Anhänge des Eies sind hier
noch länger und dünner, immer unter einander ungleich und ha-
ben dieselbe Genese, wie in dem Schweine. Die Placenten ent-
stehen aber auf folgende Weise (l. c. S. 14.): Schon vor der
Befruchtung finden sich an zerstreuten Stellen der Innenfläche
des Fruchthälters kreisrunde, flache Hervorragungen mit ziemlich
tiefen Gruben. An den correspondirenden Stellen des Eies ent-
steht ein Fleck, eine Verdickung des Exochorion, vorzüglich des

III. Das Ei während der Fruchten[t]wickelung.
ein membranartiges Gewebe zu einer Haut, dem Endochorion, ver-
bunden. Die Gefäſsstämme desselben schlieſsen sich nicht dicht
an die Allantois an, sondern gehen durch das Eiweiſs (s. oben)
zu dem Exochorion, in welches sie sich hineinbilden. Nun er-
heben sich auf dem Eie die Zottenfalten und besonders die Zot-
ten immer mehr. Jene nehmen allmählig nach den Enden zu ab
und hören mit einer weiſsen Narbe, in welcher das Endochorion
mit dem Exochorion genau verwachsen ist, auf. Hinter dieser fin-
den sich nun die Anhänge, welche zwar zottenleer sind, aber auſser
der durchsichtigen Allantois Blutgefäſse besitzen. Der Harnsack
(l. c. S. 6.) durchreiſst daher bei seinem Wachsthume das Exo-
chorion an seinen beiden Enden und stellt so die beiden Diverti-
kel dar. Die Gefäſse der Anhänge sterben bald ab, so wie sie
selbst, welche anfangs frei liegen, bald sich gegenseitig in ein-
ander einstülpen. Diese Einstülpung betrifft zuerst nur die An-
hänge, endlich aber, da sie im Laufe der Entwickelung immer
fortgeht, auch einen mit Zotten versehenen Theil des Chorion.
An den eingestülpten Stellen vergehen jedoch bald alle Blutgefä-
ſse. Der Fruchtkuchen des Schweines reicht über die ganze
Oberfläche des Eies, da die Zotten des Chorion an der ganzen
Oberfläche in die Maschen des Uterus treten und die Gefäſse bei-
der in die nächste, durch dünne häutige Gebilde vermittelte Be-
rührung kommen. Er umgiebt also das ganze Ei (mit Ausnahme
der eingestülpten Theile) gürtelförmig. 2. Das Ei der Wieder-
käuer hat anfangs ein durchaus glattes Exochorion (l. c. S. 13.).
Während die Allantois breiter als das Amnion ist, wird die ganze
rechte Seite des Amnion mit dem Endochorion bedeckt, welches
etwas über die obere Wölbung der Allantois hinauszugehen
scheint. Daher ist später das Amnion, wenn die Allantois nur
auf seiner rechten Seite liegt, mit einem Gefäſsnetze bedeckt, zu
dem nur noch einige Gefäſse aus den Nabelgefäſsen unmittelbar
auf der linken Seite treten. — Die Anhänge des Eies sind hier
noch länger und dünner, immer unter einander ungleich und ha-
ben dieselbe Genese, wie in dem Schweine. Die Placenten ent-
stehen aber auf folgende Weise (l. c. S. 14.): Schon vor der
Befruchtung finden sich an zerstreuten Stellen der Innenfläche
des Fruchthälters kreisrunde, flache Hervorragungen mit ziemlich
tiefen Gruben. An den correspondirenden Stellen des Eies ent-
steht ein Fleck, eine Verdickung des Exochorion, vorzüglich des

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[124/0152] III. Das Ei während der Fruchtentwickelung. ein membranartiges Gewebe zu einer Haut, dem Endochorion, ver- bunden. Die Gefäſsstämme desselben schlieſsen sich nicht dicht an die Allantois an, sondern gehen durch das Eiweiſs (s. oben) zu dem Exochorion, in welches sie sich hineinbilden. Nun er- heben sich auf dem Eie die Zottenfalten und besonders die Zot- ten immer mehr. Jene nehmen allmählig nach den Enden zu ab und hören mit einer weiſsen Narbe, in welcher das Endochorion mit dem Exochorion genau verwachsen ist, auf. Hinter dieser fin- den sich nun die Anhänge, welche zwar zottenleer sind, aber auſser der durchsichtigen Allantois Blutgefäſse besitzen. Der Harnsack (l. c. S. 6.) durchreiſst daher bei seinem Wachsthume das Exo- chorion an seinen beiden Enden und stellt so die beiden Diverti- kel dar. Die Gefäſse der Anhänge sterben bald ab, so wie sie selbst, welche anfangs frei liegen, bald sich gegenseitig in ein- ander einstülpen. Diese Einstülpung betrifft zuerst nur die An- hänge, endlich aber, da sie im Laufe der Entwickelung immer fortgeht, auch einen mit Zotten versehenen Theil des Chorion. An den eingestülpten Stellen vergehen jedoch bald alle Blutgefä- ſse. Der Fruchtkuchen des Schweines reicht über die ganze Oberfläche des Eies, da die Zotten des Chorion an der ganzen Oberfläche in die Maschen des Uterus treten und die Gefäſse bei- der in die nächste, durch dünne häutige Gebilde vermittelte Be- rührung kommen. Er umgiebt also das ganze Ei (mit Ausnahme der eingestülpten Theile) gürtelförmig. 2. Das Ei der Wieder- käuer hat anfangs ein durchaus glattes Exochorion (l. c. S. 13.). Während die Allantois breiter als das Amnion ist, wird die ganze rechte Seite des Amnion mit dem Endochorion bedeckt, welches etwas über die obere Wölbung der Allantois hinauszugehen scheint. Daher ist später das Amnion, wenn die Allantois nur auf seiner rechten Seite liegt, mit einem Gefäſsnetze bedeckt, zu dem nur noch einige Gefäſse aus den Nabelgefäſsen unmittelbar auf der linken Seite treten. — Die Anhänge des Eies sind hier noch länger und dünner, immer unter einander ungleich und ha- ben dieselbe Genese, wie in dem Schweine. Die Placenten ent- stehen aber auf folgende Weise (l. c. S. 14.): Schon vor der Befruchtung finden sich an zerstreuten Stellen der Innenfläche des Fruchthälters kreisrunde, flache Hervorragungen mit ziemlich tiefen Gruben. An den correspondirenden Stellen des Eies ent- steht ein Fleck, eine Verdickung des Exochorion, vorzüglich des

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/152>, abgerufen am 18.05.2024.