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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Eitheile d. m. d. Embryonalkörper in Verbindung stehen.
äusseren Blattes desselben, da es hier bestimmt zwei Lamellen
hat. Man bemerkt bald kleine rundliche Erhebungen, welche in
die Vertiefungen des Fruchthälters passen. Jene werden nun
bald kolbig. Ihr dunkeler Ueberzug wird lose und fällt dann
ab, während die kleinen Kolben durchsichtig werden und später
durch ihren Blutinhalt sich röthen. Die Fruchtkuchen bilden
sich nun immer inniger in und an die Produktionen des Fruchthäl-
ters oder die Mutterkuchen (S. im zweiten Abschn. die Genese
des Blutgefässsystems.) 3. Das Ei des Hundes (l. c. S. 20.) hat
in der dritten Woche die Grösse eines Lercheneies und ist mit
zwei spitz zulaufenden Enden versehen. Mit Ausnahme dieser
beiden Enden ist es überall mit Zotten besetzt, welche zwischen
die Zotten des Fruchthälters eingreifen. Die Allantois ist um
diese Zeit noch im Hervorkeimen und, wie in dem Vogel, eine
Ausstülpung des hinteren Endes des Darmrohres. Später werden
die beiden Enden noch von dem Exochorion gebildet, während
der rechts aus dem Leibe hervortretende Harnsack das Exocho-
rion schon erreicht hat. Die Blutgefässe des Endochorion biegen
sich da, wo die Allantois das Exochorion erreicht, von derselben
ab, verlaufen an der Innenfläche des Exochorion und werden so
mit Ausnahme der beiden Enden durch eine eiweissartige Masse
von der Harnhaut getrennt. Später zeigen sich die zottenlosen
Enden (l. c. S. 21.) an der Grenze der zottentragenden Gürtel
verengt und so, indem sie sich dann bedeutend ausdehnen, von
pilzförmiger Gestalt. Das Exochorion war wahrscheinlich durch-
rissen. Bei drei Zoll grossen Früchten hat sich der Harnsack
ganz innig mit der Innenfläche des Chorion und der Aussenfläche
des Amnion verbunden, da jede Spur des hier in geringer Menge
vorhandenen Eiweisses geschwunden ist. Mutter- und Fruchtku-
chen waren aber schon auf innige Weise (s. d. zweiten Abschn.)
mit einander verschmolzen.

Nach dieser aus den vielfachen Beobachtungen ausgewählten
Darstellung des Wichtigsten, was von den Säugethieren in Be-
zug auf unseren Gegenstand berichtet worden ist, kommen wir zu
dem Endziele unserer Untersuchung, dem Menschen. Es frägt
sich nun hier zuvörderst, welches Gebilde die Allantois oder die
Harnhaut des menschlichen Embryo sey. Trotz der ungeheuren
Menge von Beobachtungen, die an gesunden und kranken mensch-
lichen Früchten angestellt wurden, hat doch Niemand die Harn-

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äuſseren Blattes desselben, da es hier bestimmt zwei Lamellen
hat. Man bemerkt bald kleine rundliche Erhebungen, welche in
die Vertiefungen des Fruchthälters passen. Jene werden nun
bald kolbig. Ihr dunkeler Ueberzug wird lose und fällt dann
ab, während die kleinen Kolben durchsichtig werden und später
durch ihren Blutinhalt sich röthen. Die Fruchtkuchen bilden
sich nun immer inniger in und an die Produktionen des Fruchthäl-
ters oder die Mutterkuchen (S. im zweiten Abschn. die Genese
des Blutgefäſssystems.) 3. Das Ei des Hundes (l. c. S. 20.) hat
in der dritten Woche die Gröſse eines Lercheneies und ist mit
zwei spitz zulaufenden Enden versehen. Mit Ausnahme dieser
beiden Enden ist es überall mit Zotten besetzt, welche zwischen
die Zotten des Fruchthälters eingreifen. Die Allantois ist um
diese Zeit noch im Hervorkeimen und, wie in dem Vogel, eine
Ausstülpung des hinteren Endes des Darmrohres. Später werden
die beiden Enden noch von dem Exochorion gebildet, während
der rechts aus dem Leibe hervortretende Harnsack das Exocho-
rion schon erreicht hat. Die Blutgefäſse des Endochorion biegen
sich da, wo die Allantois das Exochorion erreicht, von derselben
ab, verlaufen an der Innenfläche des Exochorion und werden so
mit Ausnahme der beiden Enden durch eine eiweiſsartige Masse
von der Harnhaut getrennt. Später zeigen sich die zottenlosen
Enden (l. c. S. 21.) an der Grenze der zottentragenden Gürtel
verengt und so, indem sie sich dann bedeutend ausdehnen, von
pilzförmiger Gestalt. Das Exochorion war wahrscheinlich durch-
rissen. Bei drei Zoll groſsen Früchten hat sich der Harnsack
ganz innig mit der Innenfläche des Chorion und der Auſsenfläche
des Amnion verbunden, da jede Spur des hier in geringer Menge
vorhandenen Eiweiſses geschwunden ist. Mutter- und Fruchtku-
chen waren aber schon auf innige Weise (s. d. zweiten Abschn.)
mit einander verschmolzen.

Nach dieser aus den vielfachen Beobachtungen ausgewählten
Darstellung des Wichtigsten, was von den Säugethieren in Be-
zug auf unseren Gegenstand berichtet worden ist, kommen wir zu
dem Endziele unserer Untersuchung, dem Menschen. Es frägt
sich nun hier zuvörderst, welches Gebilde die Allantois oder die
Harnhaut des menschlichen Embryo sey. Trotz der ungeheuren
Menge von Beobachtungen, die an gesunden und kranken mensch-
lichen Früchten angestellt wurden, hat doch Niemand die Harn-

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[125/0153] Eitheile d. m. d. Embryonalkörper in Verbindung stehen. äuſseren Blattes desselben, da es hier bestimmt zwei Lamellen hat. Man bemerkt bald kleine rundliche Erhebungen, welche in die Vertiefungen des Fruchthälters passen. Jene werden nun bald kolbig. Ihr dunkeler Ueberzug wird lose und fällt dann ab, während die kleinen Kolben durchsichtig werden und später durch ihren Blutinhalt sich röthen. Die Fruchtkuchen bilden sich nun immer inniger in und an die Produktionen des Fruchthäl- ters oder die Mutterkuchen (S. im zweiten Abschn. die Genese des Blutgefäſssystems.) 3. Das Ei des Hundes (l. c. S. 20.) hat in der dritten Woche die Gröſse eines Lercheneies und ist mit zwei spitz zulaufenden Enden versehen. Mit Ausnahme dieser beiden Enden ist es überall mit Zotten besetzt, welche zwischen die Zotten des Fruchthälters eingreifen. Die Allantois ist um diese Zeit noch im Hervorkeimen und, wie in dem Vogel, eine Ausstülpung des hinteren Endes des Darmrohres. Später werden die beiden Enden noch von dem Exochorion gebildet, während der rechts aus dem Leibe hervortretende Harnsack das Exocho- rion schon erreicht hat. Die Blutgefäſse des Endochorion biegen sich da, wo die Allantois das Exochorion erreicht, von derselben ab, verlaufen an der Innenfläche des Exochorion und werden so mit Ausnahme der beiden Enden durch eine eiweiſsartige Masse von der Harnhaut getrennt. Später zeigen sich die zottenlosen Enden (l. c. S. 21.) an der Grenze der zottentragenden Gürtel verengt und so, indem sie sich dann bedeutend ausdehnen, von pilzförmiger Gestalt. Das Exochorion war wahrscheinlich durch- rissen. Bei drei Zoll groſsen Früchten hat sich der Harnsack ganz innig mit der Innenfläche des Chorion und der Auſsenfläche des Amnion verbunden, da jede Spur des hier in geringer Menge vorhandenen Eiweiſses geschwunden ist. Mutter- und Fruchtku- chen waren aber schon auf innige Weise (s. d. zweiten Abschn.) mit einander verschmolzen. Nach dieser aus den vielfachen Beobachtungen ausgewählten Darstellung des Wichtigsten, was von den Säugethieren in Be- zug auf unseren Gegenstand berichtet worden ist, kommen wir zu dem Endziele unserer Untersuchung, dem Menschen. Es frägt sich nun hier zuvörderst, welches Gebilde die Allantois oder die Harnhaut des menschlichen Embryo sey. Trotz der ungeheuren Menge von Beobachtungen, die an gesunden und kranken mensch- lichen Früchten angestellt wurden, hat doch Niemand die Harn-

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/153>, abgerufen am 18.05.2024.