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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
Eiweissschicht durchlaufen, um zu dem Exochorion zu gelangen.
Hiervon kann sich auch mit Leichtigkeit Jeder an jungen Eiern
des Schweines überzeugen. Ist nun die gallertartige Masse zwi-
schen Chorion und Amnion in dem Eie des Menschen ein Ana-
logon dieser bei den Säugethieren vorkommenden Eiweissschicht,
so müssten auch hier diese Blutgefässstämme durch dieselbe hin-
durchgehen, um zu dem Exochorion zu gelangen. Diese bisher
rein theoretisch ausgesprochene Ansicht hat auch in der neuesten
Zeit durch eine hierher gehörende, wirklich gemachte Beobachtung
eine nicht geringe Stütze erhalten. Bischoff (Beiträge zur Lehre
von den Eihüllen des menschlichen Fötus. 1834. 8. S. 75. 76.)
fand in Gemeinschaft mit Windischmann jun., Hergersberg und
Nägele jun., dass in der gallertartigen Masse eine sehr grosse
Menge von Blutgefässen sich befinden und durch die gallertartige
Masse hindurch zu dem Chorion gehen. Dadurch scheint also
die Indentität dieses Stoffes mit dem Eiweisse der Säugethiereier
fast jeden Zweifels überhoben zu seyn: Da er nun bis zum Ende
der Entwickelung bleibt und nur im Laufe der Schwangerschaft
eine veränderte, membranartige Gestalt annimmt, wie ältere Ana-
tomen schon wussten und Samuel, Velpeau und Bischoff in neue-
ster Zeit bestätigt haben, so wäre nur der Unterschied, dass er
bei dem Menschen, in einer sich metamorphosirenden Gestalt
während des ganzen Fruchtlebens verharrte. Aber selbst bei den
Säugethieren finden hier mannigfaltige Verschiedenheiten Statt.
So fand schon v. Bär, dass bei den Raubthieren die Eiweissschicht
viel früher schwindet, als bei den Pachydermen und den Wie-
derkäuern. -- Gegen die Identität der gallertartigen Masse mit
der Allantois spricht aber der Umstand, dass noch Keiner mit
Bestimmtheit eine gesonderte, den spinnwebeartigen Körper ein-
schliessende Haut, so wie eine offene Communication durch den
Urachus mit der Harnblase nachgewiesen hat. Wenn zwar Vel-
peau (l. c. p. 55.) durch einige Aehnlichkeit zwischen dem netz-
förmigen Körper und dem Inhalte der Allantois seine Ansicht zu
unterstützen sich bemüht, so muss er auch anderseits selbst ein-
gestehen, dass wesentliche, zum Theil noch grössere und wichti-
gere Verschiedenheiten zwischen ihnen Statt finden.

5. Es soll zwischen Chorion und Amnion eine eigenthümliche
Blase in frühester Zeit sich finden, welche späterhin im Laufe
der Entwickelung in eine Membran sich umwandelt. Für diese

An-

III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
Eiweiſsschicht durchlaufen, um zu dem Exochorion zu gelangen.
Hiervon kann sich auch mit Leichtigkeit Jeder an jungen Eiern
des Schweines überzeugen. Ist nun die gallertartige Masse zwi-
schen Chorion und Amnion in dem Eie des Menschen ein Ana-
logon dieser bei den Säugethieren vorkommenden Eiweiſsschicht,
so müſsten auch hier diese Blutgefäſsstämme durch dieselbe hin-
durchgehen, um zu dem Exochorion zu gelangen. Diese bisher
rein theoretisch ausgesprochene Ansicht hat auch in der neuesten
Zeit durch eine hierher gehörende, wirklich gemachte Beobachtung
eine nicht geringe Stütze erhalten. Bischoff (Beiträge zur Lehre
von den Eihüllen des menschlichen Fötus. 1834. 8. S. 75. 76.)
fand in Gemeinschaft mit Windischmann jun., Hergersberg und
Nägelé jun., daſs in der gallertartigen Masse eine sehr groſse
Menge von Blutgefäſsen sich befinden und durch die gallertartige
Masse hindurch zu dem Chorion gehen. Dadurch scheint also
die Indentität dieses Stoffes mit dem Eiweiſse der Säugethiereier
fast jeden Zweifels überhoben zu seyn: Da er nun bis zum Ende
der Entwickelung bleibt und nur im Laufe der Schwangerschaft
eine veränderte, membranartige Gestalt annimmt, wie ältere Ana-
tomen schon wuſsten und Samuel, Velpeau und Bischoff in neue-
ster Zeit bestätigt haben, so wäre nur der Unterschied, daſs er
bei dem Menschen, in einer sich metamorphosirenden Gestalt
während des ganzen Fruchtlebens verharrte. Aber selbst bei den
Säugethieren finden hier mannigfaltige Verschiedenheiten Statt.
So fand schon v. Bär, daſs bei den Raubthieren die Eiweiſsschicht
viel früher schwindet, als bei den Pachydermen und den Wie-
derkäuern. — Gegen die Identität der gallertartigen Masse mit
der Allantois spricht aber der Umstand, daſs noch Keiner mit
Bestimmtheit eine gesonderte, den spinnwebeartigen Körper ein-
schlieſsende Haut, so wie eine offene Communication durch den
Urachus mit der Harnblase nachgewiesen hat. Wenn zwar Vel-
peau (l. c. p. 55.) durch einige Aehnlichkeit zwischen dem netz-
förmigen Körper und dem Inhalte der Allantois seine Ansicht zu
unterstützen sich bemüht, so muſs er auch anderseits selbst ein-
gestehen, daſs wesentliche, zum Theil noch gröſsere und wichti-
gere Verschiedenheiten zwischen ihnen Statt finden.

5. Es soll zwischen Chorion und Amnion eine eigenthümliche
Blase in frühester Zeit sich finden, welche späterhin im Laufe
der Entwickelung in eine Membran sich umwandelt. Für diese

An-
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[128/0156] III. Das Ei während der Fruchtentwickelung. Eiweiſsschicht durchlaufen, um zu dem Exochorion zu gelangen. Hiervon kann sich auch mit Leichtigkeit Jeder an jungen Eiern des Schweines überzeugen. Ist nun die gallertartige Masse zwi- schen Chorion und Amnion in dem Eie des Menschen ein Ana- logon dieser bei den Säugethieren vorkommenden Eiweiſsschicht, so müſsten auch hier diese Blutgefäſsstämme durch dieselbe hin- durchgehen, um zu dem Exochorion zu gelangen. Diese bisher rein theoretisch ausgesprochene Ansicht hat auch in der neuesten Zeit durch eine hierher gehörende, wirklich gemachte Beobachtung eine nicht geringe Stütze erhalten. Bischoff (Beiträge zur Lehre von den Eihüllen des menschlichen Fötus. 1834. 8. S. 75. 76.) fand in Gemeinschaft mit Windischmann jun., Hergersberg und Nägelé jun., daſs in der gallertartigen Masse eine sehr groſse Menge von Blutgefäſsen sich befinden und durch die gallertartige Masse hindurch zu dem Chorion gehen. Dadurch scheint also die Indentität dieses Stoffes mit dem Eiweiſse der Säugethiereier fast jeden Zweifels überhoben zu seyn: Da er nun bis zum Ende der Entwickelung bleibt und nur im Laufe der Schwangerschaft eine veränderte, membranartige Gestalt annimmt, wie ältere Ana- tomen schon wuſsten und Samuel, Velpeau und Bischoff in neue- ster Zeit bestätigt haben, so wäre nur der Unterschied, daſs er bei dem Menschen, in einer sich metamorphosirenden Gestalt während des ganzen Fruchtlebens verharrte. Aber selbst bei den Säugethieren finden hier mannigfaltige Verschiedenheiten Statt. So fand schon v. Bär, daſs bei den Raubthieren die Eiweiſsschicht viel früher schwindet, als bei den Pachydermen und den Wie- derkäuern. — Gegen die Identität der gallertartigen Masse mit der Allantois spricht aber der Umstand, daſs noch Keiner mit Bestimmtheit eine gesonderte, den spinnwebeartigen Körper ein- schlieſsende Haut, so wie eine offene Communication durch den Urachus mit der Harnblase nachgewiesen hat. Wenn zwar Vel- peau (l. c. p. 55.) durch einige Aehnlichkeit zwischen dem netz- förmigen Körper und dem Inhalte der Allantois seine Ansicht zu unterstützen sich bemüht, so muſs er auch anderseits selbst ein- gestehen, daſs wesentliche, zum Theil noch gröſsere und wichti- gere Verschiedenheiten zwischen ihnen Statt finden. 5. Es soll zwischen Chorion und Amnion eine eigenthümliche Blase in frühester Zeit sich finden, welche späterhin im Laufe der Entwickelung in eine Membran sich umwandelt. Für diese An-

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/156>, abgerufen am 24.11.2024.