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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Eitheile d. m. d. Embryonalkörper in Verbindung stehen.
bracht werden. a. Gegenbeweise gegen die Analogie des Nabel-
bläschens mit dem Dotter der Vögel. Er läugnet jede Höhlen-
communikation des Nabelbläschens mit dem Darmkanale, welches,
wie wir schon oben ausführlich auseinander gesetzt, unrichtig ist.
b. Gründe für die Analogie der Allantois und der Nabelblase. Ge-
leitet durch unvollständige und zum Theil irrthümliche Ansichten
von Haller über den Urachus des Hühnchens (l. c. S. 64.) und
auf eine willkührliche Weise die verschiedenen Formen der
Harnhaut der Säugethiere mit einander verwechselnd (l. c. S. 65.)
glaubt er aus der Beständigkeit beider Gebilde, der Allantois der
Säugethiere und der Vesicula umbilicalis des Menschen, einen
Schluss auf ihre Identität herleiten zu können (l. c. S. 66.). Das
Folgende der Auseinandersetzung ist ein Convolut von Missver-
ständnissen und Irrthümern, welche theils aus eigenen, theils aus
Hallers unvollständigen und unrichtig gedeuteten Beobachtungen
hervorgegangen sind. Die Wiederlegung derselben folgt aus
den vielen Widersprüchen und Unklarheiten, in welche sich die
Auseinandersetzung verwickelt, von selbst und würde hier von
eben so geringen Interesse, als an dem unrechten Orte seyn.

4. Zwischen Chorion und Amnion findet sich eine gelatinöse
mit vielen Fäden durchzogene Masse, welche Einige entweder
selbst für die Allantois, wie z. B. in neuester Zeit vorzüglich
Velpeau, andere für das Contentum der Harnhaut angesehen ha-
ben, während diese als eine äusserst feine Lamelle an der Innen-
fläche des Chorion und der Aussenfläche des Amnion sich finde.
Die Beschreibung dieser gallertartigen Masse haben wir schon
oben am Schlusse der Geschichte des Chorion geliefert und schon
beiläufig berichtet, dass sie nach Pockels, Joh. Müller u. A. ein
Analogon des Eiweisses sey. Hier dürfte der Ort seyn, genauer
zu bestimmen, welchem Gebilde des Eies der Säugethiere dieser
Theil analog wäre und daraus zu folgern, ob man das Recht habe,
sie für die Allantois des Menschen oder deren Contentum zu
halten oder nicht. -- Wir haben es oben gesehen, dass von Bär
an der Innenfläche des Chorion sehr junger Säugethiereier eine
gelatinöse Schicht gefunden hat, welche er für das Eiweiss die-
ser Eier hält und dass wir selbst diese Erfahrung bestätigt gefun-
den haben. Das Endochorion tritt mit dieser Masse in ein eigen-
thümliches Verhältniss. Da es von dem Exochorion angezogen
die Allantois verlässt, so müssen die Gefässstämme desselben die

Eitheile d. m. d. Embryonalkörper in Verbindung stehen.
bracht werden. a. Gegenbeweise gegen die Analogie des Nabel-
bläschens mit dem Dotter der Vögel. Er läugnet jede Höhlen-
communikation des Nabelbläschens mit dem Darmkanale, welches,
wie wir schon oben ausführlich auseinander gesetzt, unrichtig ist.
b. Gründe für die Analogie der Allantois und der Nabelblase. Ge-
leitet durch unvollständige und zum Theil irrthümliche Ansichten
von Haller über den Urachus des Hühnchens (l. c. S. 64.) und
auf eine willkührliche Weise die verschiedenen Formen der
Harnhaut der Säugethiere mit einander verwechselnd (l. c. S. 65.)
glaubt er aus der Beständigkeit beider Gebilde, der Allantois der
Säugethiere und der Vesicula umbilicalis des Menschen, einen
Schluſs auf ihre Identität herleiten zu können (l. c. S. 66.). Das
Folgende der Auseinandersetzung ist ein Convolut von Miſsver-
ständnissen und Irrthümern, welche theils aus eigenen, theils aus
Hallers unvollständigen und unrichtig gedeuteten Beobachtungen
hervorgegangen sind. Die Wiederlegung derselben folgt aus
den vielen Widersprüchen und Unklarheiten, in welche sich die
Auseinandersetzung verwickelt, von selbst und würde hier von
eben so geringen Interesse, als an dem unrechten Orte seyn.

4. Zwischen Chorion und Amnion findet sich eine gelatinöse
mit vielen Fäden durchzogene Masse, welche Einige entweder
selbst für die Allantois, wie z. B. in neuester Zeit vorzüglich
Velpeau, andere für das Contentum der Harnhaut angesehen ha-
ben, während diese als eine äuſserst feine Lamelle an der Innen-
fläche des Chorion und der Auſsenfläche des Amnion sich finde.
Die Beschreibung dieser gallertartigen Masse haben wir schon
oben am Schlusse der Geschichte des Chorion geliefert und schon
beiläufig berichtet, daſs sie nach Pockels, Joh. Müller u. A. ein
Analogon des Eiweiſses sey. Hier dürfte der Ort seyn, genauer
zu bestimmen, welchem Gebilde des Eies der Säugethiere dieser
Theil analog wäre und daraus zu folgern, ob man das Recht habe,
sie für die Allantois des Menschen oder deren Contentum zu
halten oder nicht. — Wir haben es oben gesehen, daſs von Bär
an der Innenfläche des Chorion sehr junger Säugethiereier eine
gelatinöse Schicht gefunden hat, welche er für das Eiweiſs die-
ser Eier hält und daſs wir selbst diese Erfahrung bestätigt gefun-
den haben. Das Endochorion tritt mit dieser Masse in ein eigen-
thümliches Verhältniſs. Da es von dem Exochorion angezogen
die Allantois verläſst, so müssen die Gefäſsstämme desselben die

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[127/0155] Eitheile d. m. d. Embryonalkörper in Verbindung stehen. bracht werden. a. Gegenbeweise gegen die Analogie des Nabel- bläschens mit dem Dotter der Vögel. Er läugnet jede Höhlen- communikation des Nabelbläschens mit dem Darmkanale, welches, wie wir schon oben ausführlich auseinander gesetzt, unrichtig ist. b. Gründe für die Analogie der Allantois und der Nabelblase. Ge- leitet durch unvollständige und zum Theil irrthümliche Ansichten von Haller über den Urachus des Hühnchens (l. c. S. 64.) und auf eine willkührliche Weise die verschiedenen Formen der Harnhaut der Säugethiere mit einander verwechselnd (l. c. S. 65.) glaubt er aus der Beständigkeit beider Gebilde, der Allantois der Säugethiere und der Vesicula umbilicalis des Menschen, einen Schluſs auf ihre Identität herleiten zu können (l. c. S. 66.). Das Folgende der Auseinandersetzung ist ein Convolut von Miſsver- ständnissen und Irrthümern, welche theils aus eigenen, theils aus Hallers unvollständigen und unrichtig gedeuteten Beobachtungen hervorgegangen sind. Die Wiederlegung derselben folgt aus den vielen Widersprüchen und Unklarheiten, in welche sich die Auseinandersetzung verwickelt, von selbst und würde hier von eben so geringen Interesse, als an dem unrechten Orte seyn. 4. Zwischen Chorion und Amnion findet sich eine gelatinöse mit vielen Fäden durchzogene Masse, welche Einige entweder selbst für die Allantois, wie z. B. in neuester Zeit vorzüglich Velpeau, andere für das Contentum der Harnhaut angesehen ha- ben, während diese als eine äuſserst feine Lamelle an der Innen- fläche des Chorion und der Auſsenfläche des Amnion sich finde. Die Beschreibung dieser gallertartigen Masse haben wir schon oben am Schlusse der Geschichte des Chorion geliefert und schon beiläufig berichtet, daſs sie nach Pockels, Joh. Müller u. A. ein Analogon des Eiweiſses sey. Hier dürfte der Ort seyn, genauer zu bestimmen, welchem Gebilde des Eies der Säugethiere dieser Theil analog wäre und daraus zu folgern, ob man das Recht habe, sie für die Allantois des Menschen oder deren Contentum zu halten oder nicht. — Wir haben es oben gesehen, daſs von Bär an der Innenfläche des Chorion sehr junger Säugethiereier eine gelatinöse Schicht gefunden hat, welche er für das Eiweiſs die- ser Eier hält und daſs wir selbst diese Erfahrung bestätigt gefun- den haben. Das Endochorion tritt mit dieser Masse in ein eigen- thümliches Verhältniſs. Da es von dem Exochorion angezogen die Allantois verläſst, so müssen die Gefäſsstämme desselben die

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/155>, abgerufen am 24.11.2024.