Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Höhere Sinne. Auge.
Vor dieser letzteren legen sie sich wieder an einander und bilden
dann am vordersten Ende eine nach unten umgebogene Bucht
oder Grube, welche von dem innern Rande der Rückenplatten
umgeben wird und das einfache Urrudiment der beiden Augen
darstellt (l. c. S. 3.). Die Grube wird jedoch bald dadurch in
eine Blase verwandelt, dass von den beiden Leisten der Rücken-
platten eine feine Membran nach der Mittellinie zu wächst, wel-
che die früher oben offene Bucht deckend schliesst (l. c. S. 5.).
Noch communicirt diese Augenhöhlung mit der Hirnblase durch
eine Oeffnung. Bald aber zieht sich der hintere Rand der Au-
genbucht nach der Mitte zu, während das vordere stumpfe Ende
breiter wird, also vorderer und hinterer Augenbuchtrand näher
kommen, oder vielmehr beide mehr parallel und gerade von au-
ssen nach innen verlaufen. Unterdessen drängt sich die vordere
Hirnzelle zwischen die hinteren Theile der Augenbuchten mitten
ein, und so erhält jede Hälfte des früher einfachen und das vor-
derste Ende bildenden Augenrudiments eine mehr seitliche Lage,
indem es schief von innen nach aussen gedrängt wird. Die frü-
her offene Communication wird hierdurch in zwei immer noch
sehr weite Verbindungsöffnungen des Auges getheilt, welche bei
fernerer Ausbildung des Organes sich immer mehr verkleinern.
Denn der früher mit dem vordern Augenbuchtrande parallel lau-
fende hintere Augenbuchtrand erhält eine nach vorn convex ge-
bogene und, wie zum Theil der untere Augenbucht, schief von
unten und innen nach oben und aussen verlaufende Rich-
tung. Gegen die Mitte zu dagegen neigt er sich vorzüglich nach
dem untern Augenbucht hin, und so entsteht aus der frühern
Communication der Spalt des Auges. Das Auge selbst erhält,
wenn die beiden Buchten mit ihren Rücken an seiner Innenseite
an einander stossen, eine birnförmige Figur, wie es auch Rathke
bei Blennius viviparus in der ersten Zeit zum Theil gesehen
zu haben scheint (vgl. zur Erläuterung des Gesagten Meck. Arch.
1832. tab. I. fig. 1. 4. 5. und Huschke de pectinis in oculo
avium potestate. Jen
. 1827. 4. tab. I. fig. 1.). Mit Entstehung
der Nasen- und Mundhöhle, so wie mit Bildung des Oberkiefers
und Intermaxillartheils (Schnabeltheils) rücken die Augäpfel im-
mer weiter von einander. Die Spalte selbst bleibt noch eine
Zeit lang, läuft dann unter der Nase weg und verbindet sich
über dem Oberkiefer mit der der andern Seite, kömmt aber spä-

Höhere Sinne. Auge.
Vor dieser letzteren legen sie sich wieder an einander und bilden
dann am vordersten Ende eine nach unten umgebogene Bucht
oder Grube, welche von dem innern Rande der Rückenplatten
umgeben wird und das einfache Urrudiment der beiden Augen
darstellt (l. c. S. 3.). Die Grube wird jedoch bald dadurch in
eine Blase verwandelt, daſs von den beiden Leisten der Rücken-
platten eine feine Membran nach der Mittellinie zu wächst, wel-
che die früher oben offene Bucht deckend schlieſst (l. c. S. 5.).
Noch communicirt diese Augenhöhlung mit der Hirnblase durch
eine Oeffnung. Bald aber zieht sich der hintere Rand der Au-
genbucht nach der Mitte zu, während das vordere stumpfe Ende
breiter wird, also vorderer und hinterer Augenbuchtrand näher
kommen, oder vielmehr beide mehr parallel und gerade von au-
ſsen nach innen verlaufen. Unterdessen drängt sich die vordere
Hirnzelle zwischen die hinteren Theile der Augenbuchten mitten
ein, und so erhält jede Hälfte des früher einfachen und das vor-
derste Ende bildenden Augenrudiments eine mehr seitliche Lage,
indem es schief von innen nach auſsen gedrängt wird. Die frü-
her offene Communication wird hierdurch in zwei immer noch
sehr weite Verbindungsöffnungen des Auges getheilt, welche bei
fernerer Ausbildung des Organes sich immer mehr verkleinern.
Denn der früher mit dem vordern Augenbuchtrande parallel lau-
fende hintere Augenbuchtrand erhält eine nach vorn convex ge-
bogene und, wie zum Theil der untere Augenbucht, schief von
unten und innen nach oben und auſsen verlaufende Rich-
tung. Gegen die Mitte zu dagegen neigt er sich vorzüglich nach
dem untern Augenbucht hin, und so entsteht aus der frühern
Communication der Spalt des Auges. Das Auge selbst erhält,
wenn die beiden Buchten mit ihren Rücken an seiner Innenseite
an einander stoſsen, eine birnförmige Figur, wie es auch Rathke
bei Blennius viviparus in der ersten Zeit zum Theil gesehen
zu haben scheint (vgl. zur Erläuterung des Gesagten Meck. Arch.
1832. tab. I. fig. 1. 4. 5. und Huschke de pectinis in oculo
avium potestate. Jen
. 1827. 4. tab. I. fig. 1.). Mit Entstehung
der Nasen- und Mundhöhle, so wie mit Bildung des Oberkiefers
und Intermaxillartheils (Schnabeltheils) rücken die Augäpfel im-
mer weiter von einander. Die Spalte selbst bleibt noch eine
Zeit lang, läuft dann unter der Nase weg und verbindet sich
über dem Oberkiefer mit der der andern Seite, kömmt aber spä-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0215" n="187"/><fw place="top" type="header">Höhere Sinne. Auge.</fw><lb/>
Vor dieser letzteren legen sie sich wieder an einander und bilden<lb/>
dann am vordersten Ende eine nach unten umgebogene Bucht<lb/>
oder Grube, welche von dem innern Rande der Rückenplatten<lb/>
umgeben wird und das einfache Urrudiment der beiden Augen<lb/>
darstellt (l. c. S. 3.). Die Grube wird jedoch bald dadurch in<lb/>
eine Blase verwandelt, da&#x017F;s von den beiden Leisten der Rücken-<lb/>
platten eine feine Membran nach der Mittellinie zu wächst, wel-<lb/>
che die früher oben offene Bucht deckend schlie&#x017F;st (l. c. S. 5.).<lb/>
Noch communicirt diese Augenhöhlung mit der Hirnblase durch<lb/><hi rendition="#g">eine</hi> Oeffnung. Bald aber zieht sich der hintere Rand der Au-<lb/>
genbucht nach der Mitte zu, während das vordere stumpfe Ende<lb/>
breiter wird, also vorderer und hinterer Augenbuchtrand näher<lb/>
kommen, oder vielmehr beide mehr parallel und gerade von au-<lb/>
&#x017F;sen nach innen verlaufen. Unterdessen drängt sich die vordere<lb/>
Hirnzelle zwischen die hinteren Theile der Augenbuchten mitten<lb/>
ein, und so erhält jede Hälfte des früher einfachen und das vor-<lb/>
derste Ende bildenden Augenrudiments eine mehr seitliche Lage,<lb/>
indem es schief von innen nach au&#x017F;sen gedrängt wird. Die frü-<lb/>
her offene Communication wird hierdurch in zwei immer noch<lb/>
sehr weite Verbindungsöffnungen des Auges getheilt, welche bei<lb/>
fernerer Ausbildung des Organes sich immer mehr verkleinern.<lb/>
Denn der früher mit dem vordern Augenbuchtrande parallel lau-<lb/>
fende hintere Augenbuchtrand erhält eine nach vorn convex ge-<lb/>
bogene und, wie zum Theil der untere Augenbucht, schief von<lb/>
unten und innen nach oben und au&#x017F;sen verlaufende Rich-<lb/>
tung. Gegen die Mitte zu dagegen neigt er sich vorzüglich nach<lb/>
dem untern Augenbucht hin, und so entsteht aus der frühern<lb/>
Communication der Spalt des Auges. Das Auge selbst erhält,<lb/>
wenn die beiden Buchten mit ihren Rücken an seiner Innenseite<lb/>
an einander sto&#x017F;sen, eine birnförmige Figur, wie es auch Rathke<lb/>
bei <hi rendition="#i">Blennius viviparus</hi> in der ersten Zeit zum Theil gesehen<lb/>
zu haben scheint (vgl. zur Erläuterung des Gesagten Meck. Arch.<lb/>
1832. tab. I. fig. 1. 4. 5. und Huschke <hi rendition="#i">de pectinis in oculo<lb/>
avium potestate. Jen</hi>. 1827. 4. tab. I. fig. 1.). Mit Entstehung<lb/>
der Nasen- und Mundhöhle, so wie mit Bildung des Oberkiefers<lb/>
und Intermaxillartheils (Schnabeltheils) rücken die Augäpfel im-<lb/>
mer weiter von einander. Die Spalte selbst bleibt noch eine<lb/>
Zeit lang, läuft dann unter der Nase weg und verbindet sich<lb/>
über dem Oberkiefer mit der der andern Seite, kömmt aber spä-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0215] Höhere Sinne. Auge. Vor dieser letzteren legen sie sich wieder an einander und bilden dann am vordersten Ende eine nach unten umgebogene Bucht oder Grube, welche von dem innern Rande der Rückenplatten umgeben wird und das einfache Urrudiment der beiden Augen darstellt (l. c. S. 3.). Die Grube wird jedoch bald dadurch in eine Blase verwandelt, daſs von den beiden Leisten der Rücken- platten eine feine Membran nach der Mittellinie zu wächst, wel- che die früher oben offene Bucht deckend schlieſst (l. c. S. 5.). Noch communicirt diese Augenhöhlung mit der Hirnblase durch eine Oeffnung. Bald aber zieht sich der hintere Rand der Au- genbucht nach der Mitte zu, während das vordere stumpfe Ende breiter wird, also vorderer und hinterer Augenbuchtrand näher kommen, oder vielmehr beide mehr parallel und gerade von au- ſsen nach innen verlaufen. Unterdessen drängt sich die vordere Hirnzelle zwischen die hinteren Theile der Augenbuchten mitten ein, und so erhält jede Hälfte des früher einfachen und das vor- derste Ende bildenden Augenrudiments eine mehr seitliche Lage, indem es schief von innen nach auſsen gedrängt wird. Die frü- her offene Communication wird hierdurch in zwei immer noch sehr weite Verbindungsöffnungen des Auges getheilt, welche bei fernerer Ausbildung des Organes sich immer mehr verkleinern. Denn der früher mit dem vordern Augenbuchtrande parallel lau- fende hintere Augenbuchtrand erhält eine nach vorn convex ge- bogene und, wie zum Theil der untere Augenbucht, schief von unten und innen nach oben und auſsen verlaufende Rich- tung. Gegen die Mitte zu dagegen neigt er sich vorzüglich nach dem untern Augenbucht hin, und so entsteht aus der frühern Communication der Spalt des Auges. Das Auge selbst erhält, wenn die beiden Buchten mit ihren Rücken an seiner Innenseite an einander stoſsen, eine birnförmige Figur, wie es auch Rathke bei Blennius viviparus in der ersten Zeit zum Theil gesehen zu haben scheint (vgl. zur Erläuterung des Gesagten Meck. Arch. 1832. tab. I. fig. 1. 4. 5. und Huschke de pectinis in oculo avium potestate. Jen. 1827. 4. tab. I. fig. 1.). Mit Entstehung der Nasen- und Mundhöhle, so wie mit Bildung des Oberkiefers und Intermaxillartheils (Schnabeltheils) rücken die Augäpfel im- mer weiter von einander. Die Spalte selbst bleibt noch eine Zeit lang, läuft dann unter der Nase weg und verbindet sich über dem Oberkiefer mit der der andern Seite, kömmt aber spä-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/215
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/215>, abgerufen am 24.11.2024.