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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Höhere Sinne. Auge.
die Spaltung entweder bis nach der Bildung der Iris zu verhar-
ren oder wenigstens so tief einzugreifen, dass ihr Narbenüberrest
noch bei jungen Thieren deutlich, selbst an der Iris, zu sehen ist,
wie Carus (Zoot. S. 282.) beim Wels, Huschke (Beitr. zur Anat.
und Naturgesch. Bd. I. S. 55.) beim Karpfen und zum Theil Tre-
viranus (Verm. Schr. III. S. 159.) beim Stör gefunden hat. Rathke
dagegen (Abth. II. 1833. S. 27.) konnte beim Schleimfische keine
Spalte wahrnehmen. Dass ursprünglich die Spalte die Chorioi-
dea
treffe, erhellt daraus, dass jene meist früher verschwindet, als die
Iris erscheint. Walthers Ansicht (s. Journ. II. S. 591.), dass die
Spaltung die Entstehung des Auges aus zwei seitlichen Hälften
beweise, ist durchaus ungegründet, da sie sowohl durch die neue-
ren Data unmittelbar widerlegt wird, als auch, wie E. H. Weber
(Hildebr. Anat. IV. S. 100.) richtig bemerkt, die Spalte sich dann
oben und unten zugleich finden müsste. Den Streit dagegen,
ob das Coloboma iridis eine blosse Bildungshemmung sey (Joh.
Müller in Ammons Zeitschr. Bd. I. Hft. 2.) oder auf einem über
die Normalzeit sich erstreckenden Hiatus beruhe (v. Ammon in
s. Zeitschr. Bd. I. Hft. 1. und Bd. II. Hft. 3. S. 409. Gescheidt
de colobomate iridis p. 24.) halten wir nur für einen Wort-
streit; denn am Ende sind doch auch bei andern Spaltungen,
welche wir als Bildungshemmungen ansehen, wie Haasenscharte
und Wolfsrachen, Hypospadie und dgl., später sich entwickelnde
Theile von demselben abnormen Processe ergriffen, wie die im
Normal in frühester Zeit getrennten Urtheile. --

Die Augenhäute treten der Zeit nach verschieden auf; zuerst
bildet sich das Rudiment von Sclerotica und Chorioidea nach
aussen und von Retina nach innen, späterhin die Cornea und zu-
letzt die Iris. Es könnte aber nur verwirrend seyn, wenn wir
nach dieser Anordnung die Häute des Augapfels abhandeln woll-
ten. Die speciellen Data über ihre temporäre Entwickelung sol-
len bei den einzelnen angegeben werden, und wir werden daher
hier die Membranen nach der bei Beschreibung derselben aus
dem Erwachsenen gewöhnlichen Reihe durchgehen.

Die Hornhaut entsteht bei dem Menschen vor der sechsten
Woche als eine körnige Membran, welche zuerst der Oberfläche
der Linse überaus nahe ist, ja sie vielleicht zum Theil berührt.
Anfangs bildet sie eine theilweise Fortsetzung der Sclerotica
ohne sichtbare Grenze zwischen beiden und ohne bemerkbare

Höhere Sinne. Auge.
die Spaltung entweder bis nach der Bildung der Iris zu verhar-
ren oder wenigstens so tief einzugreifen, daſs ihr Narbenüberrest
noch bei jungen Thieren deutlich, selbst an der Iris, zu sehen ist,
wie Carus (Zoot. S. 282.) beim Wels, Huschke (Beitr. zur Anat.
und Naturgesch. Bd. I. S. 55.) beim Karpfen und zum Theil Tre-
viranus (Verm. Schr. III. S. 159.) beim Stör gefunden hat. Rathke
dagegen (Abth. II. 1833. S. 27.) konnte beim Schleimfische keine
Spalte wahrnehmen. Daſs ursprünglich die Spalte die Chorioi-
dea
treffe, erhellt daraus, daſs jene meist früher verschwindet, als die
Iris erscheint. Walthers Ansicht (s. Journ. II. S. 591.), daſs die
Spaltung die Entstehung des Auges aus zwei seitlichen Hälften
beweise, ist durchaus ungegründet, da sie sowohl durch die neue-
ren Data unmittelbar widerlegt wird, als auch, wie E. H. Weber
(Hildebr. Anat. IV. S. 100.) richtig bemerkt, die Spalte sich dann
oben und unten zugleich finden müſste. Den Streit dagegen,
ob das Coloboma iridis eine bloſse Bildungshemmung sey (Joh.
Müller in Ammons Zeitschr. Bd. I. Hft. 2.) oder auf einem über
die Normalzeit sich erstreckenden Hiatus beruhe (v. Ammon in
s. Zeitschr. Bd. I. Hft. 1. und Bd. II. Hft. 3. S. 409. Gescheidt
de colobomate iridis p. 24.) halten wir nur für einen Wort-
streit; denn am Ende sind doch auch bei andern Spaltungen,
welche wir als Bildungshemmungen ansehen, wie Haasenscharte
und Wolfsrachen, Hypospadie und dgl., später sich entwickelnde
Theile von demselben abnormen Processe ergriffen, wie die im
Normal in frühester Zeit getrennten Urtheile. —

Die Augenhäute treten der Zeit nach verschieden auf; zuerst
bildet sich das Rudiment von Sclerotica und Chorioidea nach
auſsen und von Retina nach innen, späterhin die Cornea und zu-
letzt die Iris. Es könnte aber nur verwirrend seyn, wenn wir
nach dieser Anordnung die Häute des Augapfels abhandeln woll-
ten. Die speciellen Data über ihre temporäre Entwickelung sol-
len bei den einzelnen angegeben werden, und wir werden daher
hier die Membranen nach der bei Beschreibung derselben aus
dem Erwachsenen gewöhnlichen Reihe durchgehen.

Die Hornhaut entsteht bei dem Menschen vor der sechsten
Woche als eine körnige Membran, welche zuerst der Oberfläche
der Linse überaus nahe ist, ja sie vielleicht zum Theil berührt.
Anfangs bildet sie eine theilweise Fortsetzung der Sclerotica
ohne sichtbare Grenze zwischen beiden und ohne bemerkbare

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[191/0219] Höhere Sinne. Auge. die Spaltung entweder bis nach der Bildung der Iris zu verhar- ren oder wenigstens so tief einzugreifen, daſs ihr Narbenüberrest noch bei jungen Thieren deutlich, selbst an der Iris, zu sehen ist, wie Carus (Zoot. S. 282.) beim Wels, Huschke (Beitr. zur Anat. und Naturgesch. Bd. I. S. 55.) beim Karpfen und zum Theil Tre- viranus (Verm. Schr. III. S. 159.) beim Stör gefunden hat. Rathke dagegen (Abth. II. 1833. S. 27.) konnte beim Schleimfische keine Spalte wahrnehmen. Daſs ursprünglich die Spalte die Chorioi- dea treffe, erhellt daraus, daſs jene meist früher verschwindet, als die Iris erscheint. Walthers Ansicht (s. Journ. II. S. 591.), daſs die Spaltung die Entstehung des Auges aus zwei seitlichen Hälften beweise, ist durchaus ungegründet, da sie sowohl durch die neue- ren Data unmittelbar widerlegt wird, als auch, wie E. H. Weber (Hildebr. Anat. IV. S. 100.) richtig bemerkt, die Spalte sich dann oben und unten zugleich finden müſste. Den Streit dagegen, ob das Coloboma iridis eine bloſse Bildungshemmung sey (Joh. Müller in Ammons Zeitschr. Bd. I. Hft. 2.) oder auf einem über die Normalzeit sich erstreckenden Hiatus beruhe (v. Ammon in s. Zeitschr. Bd. I. Hft. 1. und Bd. II. Hft. 3. S. 409. Gescheidt de colobomate iridis p. 24.) halten wir nur für einen Wort- streit; denn am Ende sind doch auch bei andern Spaltungen, welche wir als Bildungshemmungen ansehen, wie Haasenscharte und Wolfsrachen, Hypospadie und dgl., später sich entwickelnde Theile von demselben abnormen Processe ergriffen, wie die im Normal in frühester Zeit getrennten Urtheile. — Die Augenhäute treten der Zeit nach verschieden auf; zuerst bildet sich das Rudiment von Sclerotica und Chorioidea nach auſsen und von Retina nach innen, späterhin die Cornea und zu- letzt die Iris. Es könnte aber nur verwirrend seyn, wenn wir nach dieser Anordnung die Häute des Augapfels abhandeln woll- ten. Die speciellen Data über ihre temporäre Entwickelung sol- len bei den einzelnen angegeben werden, und wir werden daher hier die Membranen nach der bei Beschreibung derselben aus dem Erwachsenen gewöhnlichen Reihe durchgehen. Die Hornhaut entsteht bei dem Menschen vor der sechsten Woche als eine körnige Membran, welche zuerst der Oberfläche der Linse überaus nahe ist, ja sie vielleicht zum Theil berührt. Anfangs bildet sie eine theilweise Fortsetzung der Sclerotica ohne sichtbare Grenze zwischen beiden und ohne bemerkbare

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/219>, abgerufen am 24.11.2024.