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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
ausserhalb des Mutterleibes in Fäulniss übergegangen ist, und soll,
wie es scheint, mit dem Mangel der Arteria centralis verbun-
den seyn.

Ohne Zweifel hat das Linsensystem seine eigene, besondere
Genese, wenn auch der Hergang dieser Formation noch keines-
wegs mit allen zu wünschenden Specialitäten gekannt ist. Die
meisten Schriftsteller gaben über die Entstehung der Linse nichts
Genaueres an und beschrieben sie nur als eine verhältnissmässig sehr
grosse und dichtere Eiweisskugel, die v. Bär (l. c. S. 65. bei Bur-
dach S. 295.) bei dem Hühnchen schon am dritten Tage und v.
Ammon (Zeitschr. II. S. 505.) bei dem Menschen in der sieben-
ten Woche deutlich erkannte. Huschke vermuthete früher (Beitr.
S. 67.), dass sie aus dem Grunde der Augenhöhle nach vorn her-
vorwachse und dann von hinten nach vorn sich löse, fand aber
nach einer Reihe späterer Untersuchungen (Isis 1831. S. 950. u.
Meck. Arch. 1832. S. 17.), dass die Linsenkapsel durch Einstül-
pung der Integumente nach Art einer Hautdrüse entstehe. Es
gräbt sich nämlich die schleierartige Hülle, welche die Augen-
bucht zuerst schliesst, von aussen nach innen ein und stellt so
die in frühester Zeit vorn noch ganz offene Linsenkapsel dar,
welche allmählig sich verengt und abschnürt, so dass man bis zu
Ende des dritten Tages mit einem Pferdehaar hineindringen, spä-
ter dagegen die Sehliessungsstelle als dunkeleren Punkt wahrneh-
men kann. Das Letztere konnten v. Ammon und Gescheidt
(Zeitschr. III. S. 358.) nicht finden. Jedenfalls deutet diese Beob-
achtung aber auf ein auch durch andere Thatsachen unterstütztes
merkwürdiges Verhältniss bei erster Bildung der Linse hin, wel-
ches sich bei Säugethieren vielleicht eher eruiren lassen wird, da
bei ihnen die Linse in frühester Zeit um Vieles grösser ist, als
bei den Vögeln. -- So liegt nun die Linse in der bald darauf
folgenden Bildungsperiode mit einem grossen Theile frei und nur
von einer sehr dünnen Integumentalschicht, der künftigen Hornhaut,
bedeckt. Die Pupille wird einzig und allein von dem vorderen
Ende der Chorioidea gebildet und die Linse selbst berührt fast
unmittelbar die hintere Wand der Cornea. Sie wird nun von
einem Gefässblatte, dem Kapselpupillarsacke, vollkommen umschlos-
sen, welcher zum grössten Theile aus der durch den Glaskörper
dringenden Arteria capsularis gebildet wird. Dieses Gefässblatt
erleidet aber bald, sowohl durch die intercurrirende Iris, als durch

Von dem Embryo.
auſserhalb des Mutterleibes in Fäulniſs übergegangen ist, und soll,
wie es scheint, mit dem Mangel der Arteria centralis verbun-
den seyn.

Ohne Zweifel hat das Linsensystem seine eigene, besondere
Genese, wenn auch der Hergang dieser Formation noch keines-
wegs mit allen zu wünschenden Specialitäten gekannt ist. Die
meisten Schriftsteller gaben über die Entstehung der Linse nichts
Genaueres an und beschrieben sie nur als eine verhältniſsmäſsig sehr
groſse und dichtere Eiweiſskugel, die v. Bär (l. c. S. 65. bei Bur-
dach S. 295.) bei dem Hühnchen schon am dritten Tage und v.
Ammon (Zeitschr. II. S. 505.) bei dem Menschen in der sieben-
ten Woche deutlich erkannte. Huschke vermuthete früher (Beitr.
S. 67.), daſs sie aus dem Grunde der Augenhöhle nach vorn her-
vorwachse und dann von hinten nach vorn sich löse, fand aber
nach einer Reihe späterer Untersuchungen (Isis 1831. S. 950. u.
Meck. Arch. 1832. S. 17.), daſs die Linsenkapsel durch Einstül-
pung der Integumente nach Art einer Hautdrüse entstehe. Es
gräbt sich nämlich die schleierartige Hülle, welche die Augen-
bucht zuerst schlieſst, von auſsen nach innen ein und stellt so
die in frühester Zeit vorn noch ganz offene Linsenkapsel dar,
welche allmählig sich verengt und abschnürt, so daſs man bis zu
Ende des dritten Tages mit einem Pferdehaar hineindringen, spä-
ter dagegen die Sehlieſsungsstelle als dunkeleren Punkt wahrneh-
men kann. Das Letztere konnten v. Ammon und Gescheidt
(Zeitschr. III. S. 358.) nicht finden. Jedenfalls deutet diese Beob-
achtung aber auf ein auch durch andere Thatsachen unterstütztes
merkwürdiges Verhältniſs bei erster Bildung der Linse hin, wel-
ches sich bei Säugethieren vielleicht eher eruiren lassen wird, da
bei ihnen die Linse in frühester Zeit um Vieles gröſser ist, als
bei den Vögeln. — So liegt nun die Linse in der bald darauf
folgenden Bildungsperiode mit einem groſsen Theile frei und nur
von einer sehr dünnen Integumentalschicht, der künftigen Hornhaut,
bedeckt. Die Pupille wird einzig und allein von dem vorderen
Ende der Chorioidea gebildet und die Linse selbst berührt fast
unmittelbar die hintere Wand der Cornea. Sie wird nun von
einem Gefäſsblatte, dem Kapselpupillarsacke, vollkommen umschlos-
sen, welcher zum gröſsten Theile aus der durch den Glaskörper
dringenden Arteria capsularis gebildet wird. Dieses Gefäſsblatt
erleidet aber bald, sowohl durch die intercurrirende Iris, als durch

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[198/0226] Von dem Embryo. auſserhalb des Mutterleibes in Fäulniſs übergegangen ist, und soll, wie es scheint, mit dem Mangel der Arteria centralis verbun- den seyn. Ohne Zweifel hat das Linsensystem seine eigene, besondere Genese, wenn auch der Hergang dieser Formation noch keines- wegs mit allen zu wünschenden Specialitäten gekannt ist. Die meisten Schriftsteller gaben über die Entstehung der Linse nichts Genaueres an und beschrieben sie nur als eine verhältniſsmäſsig sehr groſse und dichtere Eiweiſskugel, die v. Bär (l. c. S. 65. bei Bur- dach S. 295.) bei dem Hühnchen schon am dritten Tage und v. Ammon (Zeitschr. II. S. 505.) bei dem Menschen in der sieben- ten Woche deutlich erkannte. Huschke vermuthete früher (Beitr. S. 67.), daſs sie aus dem Grunde der Augenhöhle nach vorn her- vorwachse und dann von hinten nach vorn sich löse, fand aber nach einer Reihe späterer Untersuchungen (Isis 1831. S. 950. u. Meck. Arch. 1832. S. 17.), daſs die Linsenkapsel durch Einstül- pung der Integumente nach Art einer Hautdrüse entstehe. Es gräbt sich nämlich die schleierartige Hülle, welche die Augen- bucht zuerst schlieſst, von auſsen nach innen ein und stellt so die in frühester Zeit vorn noch ganz offene Linsenkapsel dar, welche allmählig sich verengt und abschnürt, so daſs man bis zu Ende des dritten Tages mit einem Pferdehaar hineindringen, spä- ter dagegen die Sehlieſsungsstelle als dunkeleren Punkt wahrneh- men kann. Das Letztere konnten v. Ammon und Gescheidt (Zeitschr. III. S. 358.) nicht finden. Jedenfalls deutet diese Beob- achtung aber auf ein auch durch andere Thatsachen unterstütztes merkwürdiges Verhältniſs bei erster Bildung der Linse hin, wel- ches sich bei Säugethieren vielleicht eher eruiren lassen wird, da bei ihnen die Linse in frühester Zeit um Vieles gröſser ist, als bei den Vögeln. — So liegt nun die Linse in der bald darauf folgenden Bildungsperiode mit einem groſsen Theile frei und nur von einer sehr dünnen Integumentalschicht, der künftigen Hornhaut, bedeckt. Die Pupille wird einzig und allein von dem vorderen Ende der Chorioidea gebildet und die Linse selbst berührt fast unmittelbar die hintere Wand der Cornea. Sie wird nun von einem Gefäſsblatte, dem Kapselpupillarsacke, vollkommen umschlos- sen, welcher zum gröſsten Theile aus der durch den Glaskörper dringenden Arteria capsularis gebildet wird. Dieses Gefäſsblatt erleidet aber bald, sowohl durch die intercurrirende Iris, als durch

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/226>, abgerufen am 24.11.2024.