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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Höhere Sinne. Ohr.
Röthe von allen Nachbartheilen unterscheiden, so sieht man zwei
gürtelförmige Streifen, die vorn ziemlich parallel neben einander
liegen und hinten durch eine bogenförmige Krümmung zusammen-
stossen. Der obere sowohl, als der untere Seitenast rückt zwar
dem entsprechenden der anderen Seite nahe; beide aber sind, sobald
Verknorpelung eingetreten ist, immer durch eine weiche Mittellinie
von einander getrennt, während sie vorher ununterbrochen und von
gleichartiger Masse, wie es scheint, in einander übergehen. Der
obere Seitenast ist der Meckelsche Fortsatz, der untere das Zungen-
bein, die bogenförmige Krümmung dagegen das Rudiment des Ham-
mers, Ambosses und zum Theil des griffelförmigen Fortsatzes. Durch
die Bildung des Trommelfellringes wird die Continuität der Kette
auf den ersten Blick, doch nur scheinbar unterbrochen. Denn
wie dieser eine kleine Stelle des Meckelschen Fortsatzes bedeckt,
so verhüllt er auch die weisse, verbindende Masse des Ambosses
und des Zungenbeines. Sie verdünnt sich zwar, erhält sich aber
noch eine Zeit lang, selbst bei dem Menschen und geht als liga-
mentöse Verbindungsmasse zwischen dem kurzen Fortsatze des Am-
bosses und dem Zungenbeinhorne fort. Das Zungenbein nun, wel-
ches den hinteren Rand des Trommelfellringes tangental berührt,
verlängert sich nach hinten und oben, erreicht so die pars mastoi-
dea
, verdickt und verbreitert sich und stellt nun den Griffelfort-
satz dar, der dann ein dichtes Continuum mit dem Zungenbeine
bildet. Später werden sie wieder von einander geschieden und
vereinigen von nun an sich in der Regel nur durch ein Ligament. --
Aus dem eben Dargestellten dürfte wohl Folgendes mit Wahr-
scheinlichkeit zu entnehmen seyn. Am Halse bilden sich zuerst
zwei parallele Querleisten, welche gegen einander umbiegen und
sich erreichen. Die obere Querleiste ist der Meckelsche Fortsatz,
die untere das Zungenbein und der kurze Fortsatz des Ambosses.
In der Indifferenzstelle, wo beide zusammenstossen, entsteht nun
der Hammer mit seinen Fortsätzen und der Körper des Ambosses
mit seinem langen Fortsatze.

b. Der Steigbügel erscheint zuerst als eine kleine pyrami-
dale Warze, welche an ihren beiden Seitenflächen abgeplattet
wird und in der Mitte endlich sich noch mehr verdünnt. Er
stösst noch als Warze an den Amboss und articulirt sich bald
mit ihm. Wenn alle drei Gehörknöchelchen verknorpelt sind,

Höhere Sinne. Ohr.
Röthe von allen Nachbartheilen unterscheiden, so sieht man zwei
gürtelförmige Streifen, die vorn ziemlich parallel neben einander
liegen und hinten durch eine bogenförmige Krümmung zusammen-
stoſsen. Der obere sowohl, als der untere Seitenast rückt zwar
dem entsprechenden der anderen Seite nahe; beide aber sind, sobald
Verknorpelung eingetreten ist, immer durch eine weiche Mittellinie
von einander getrennt, während sie vorher ununterbrochen und von
gleichartiger Masse, wie es scheint, in einander übergehen. Der
obere Seitenast ist der Meckelsche Fortsatz, der untere das Zungen-
bein, die bogenförmige Krümmung dagegen das Rudiment des Ham-
mers, Ambosses und zum Theil des griffelförmigen Fortsatzes. Durch
die Bildung des Trommelfellringes wird die Continuität der Kette
auf den ersten Blick, doch nur scheinbar unterbrochen. Denn
wie dieser eine kleine Stelle des Meckelschen Fortsatzes bedeckt,
so verhüllt er auch die weiſse, verbindende Masse des Ambosses
und des Zungenbeines. Sie verdünnt sich zwar, erhält sich aber
noch eine Zeit lang, selbst bei dem Menschen und geht als liga-
mentöse Verbindungsmasse zwischen dem kurzen Fortsatze des Am-
bosses und dem Zungenbeinhorne fort. Das Zungenbein nun, wel-
ches den hinteren Rand des Trommelfellringes tangental berührt,
verlängert sich nach hinten und oben, erreicht so die pars mastoi-
dea
, verdickt und verbreitert sich und stellt nun den Griffelfort-
satz dar, der dann ein dichtes Continuum mit dem Zungenbeine
bildet. Später werden sie wieder von einander geschieden und
vereinigen von nun an sich in der Regel nur durch ein Ligament. —
Aus dem eben Dargestellten dürfte wohl Folgendes mit Wahr-
scheinlichkeit zu entnehmen seyn. Am Halse bilden sich zuerst
zwei parallele Querleisten, welche gegen einander umbiegen und
sich erreichen. Die obere Querleiste ist der Meckelsche Fortsatz,
die untere das Zungenbein und der kurze Fortsatz des Ambosses.
In der Indifferenzstelle, wo beide zusammenstoſsen, entsteht nun
der Hammer mit seinen Fortsätzen und der Körper des Ambosses
mit seinem langen Fortsatze.

b. Der Steigbügel erscheint zuerst als eine kleine pyrami-
dale Warze, welche an ihren beiden Seitenflächen abgeplattet
wird und in der Mitte endlich sich noch mehr verdünnt. Er
stöſst noch als Warze an den Amboſs und articulirt sich bald
mit ihm. Wenn alle drei Gehörknöchelchen verknorpelt sind,

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[215/0243] Höhere Sinne. Ohr. Röthe von allen Nachbartheilen unterscheiden, so sieht man zwei gürtelförmige Streifen, die vorn ziemlich parallel neben einander liegen und hinten durch eine bogenförmige Krümmung zusammen- stoſsen. Der obere sowohl, als der untere Seitenast rückt zwar dem entsprechenden der anderen Seite nahe; beide aber sind, sobald Verknorpelung eingetreten ist, immer durch eine weiche Mittellinie von einander getrennt, während sie vorher ununterbrochen und von gleichartiger Masse, wie es scheint, in einander übergehen. Der obere Seitenast ist der Meckelsche Fortsatz, der untere das Zungen- bein, die bogenförmige Krümmung dagegen das Rudiment des Ham- mers, Ambosses und zum Theil des griffelförmigen Fortsatzes. Durch die Bildung des Trommelfellringes wird die Continuität der Kette auf den ersten Blick, doch nur scheinbar unterbrochen. Denn wie dieser eine kleine Stelle des Meckelschen Fortsatzes bedeckt, so verhüllt er auch die weiſse, verbindende Masse des Ambosses und des Zungenbeines. Sie verdünnt sich zwar, erhält sich aber noch eine Zeit lang, selbst bei dem Menschen und geht als liga- mentöse Verbindungsmasse zwischen dem kurzen Fortsatze des Am- bosses und dem Zungenbeinhorne fort. Das Zungenbein nun, wel- ches den hinteren Rand des Trommelfellringes tangental berührt, verlängert sich nach hinten und oben, erreicht so die pars mastoi- dea, verdickt und verbreitert sich und stellt nun den Griffelfort- satz dar, der dann ein dichtes Continuum mit dem Zungenbeine bildet. Später werden sie wieder von einander geschieden und vereinigen von nun an sich in der Regel nur durch ein Ligament. — Aus dem eben Dargestellten dürfte wohl Folgendes mit Wahr- scheinlichkeit zu entnehmen seyn. Am Halse bilden sich zuerst zwei parallele Querleisten, welche gegen einander umbiegen und sich erreichen. Die obere Querleiste ist der Meckelsche Fortsatz, die untere das Zungenbein und der kurze Fortsatz des Ambosses. In der Indifferenzstelle, wo beide zusammenstoſsen, entsteht nun der Hammer mit seinen Fortsätzen und der Körper des Ambosses mit seinem langen Fortsatze. b. Der Steigbügel erscheint zuerst als eine kleine pyrami- dale Warze, welche an ihren beiden Seitenflächen abgeplattet wird und in der Mitte endlich sich noch mehr verdünnt. Er stöſst noch als Warze an den Amboſs und articulirt sich bald mit ihm. Wenn alle drei Gehörknöchelchen verknorpelt sind,

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/243>, abgerufen am 23.11.2024.