Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Entstehung des Blutes und der Blutgefässe.
scheinen hier die zwischen den einzelnen Ansammlungen befind-
lichen Lücken oben von dem serösen Blatte bedeckt, unten aber
von der Flüssigkeit, welche sich zwischen dem Keimblatte
und dem Dotter befindet, mittelbar dadurch ausgefüllt zu
werden, dass das Schleimblatt dem serösen Blatte näher tritt.
Doch konnte ich nicht entscheiden, ob auch in diesen Zwi-
schenräumen, zwischen dem serösen und dem Schleimblatte,
eine Quantität einer hellen Flüssigkeit oder eine durch-
sichtige Membran sich befinde. Das Letztere ist mir das Wahr-
scheinlichste. -- Die angesammelte, völlig durchsichtige Flüssig-
keit, also die metamorphosirten Theile des Gefässblattes selbst,
scheiden sich nach aussen zu völlig durchsichtigen, wasserhellen
Massen, den künftigen Gefässwänden, und nach innen in unbe-
stimmte kugligte oder längliche Körperchen, welche anfangs ganz
dicht an einander liegen, oft sogar noch ohne zu unterscheidende
Grenzen und Nuancen in einander übergehen und, so weit sich
eine Peripherie mit Sicherheit an ihnen wahrnehmen lässt, von
sehr verschiedener Grösse sind. Ich sah ihren Durchmesser von
0,000304 P. Z. bis 0,000665 P. Z. variiren. Diese Körperchen
sondern sich nun zu bestimmten Kugeln von runder Form, die
0,000608 P. Z. im Durchmesser haben und röthen sich, während
die sie umgebende Masse immer flüssiger wird. Die durchsichtigen
Streifen, welche die Gefässwandungen bezeichnen, werden in der
Folge immer schmäler -- ein Verhältniss, das wir weiter unten bei
der ersten Entstehung der Drüsen wiederkehren sehen werden. --
Ich muss daher nach meinen vielfach wiederholten und geprüften Un-
tersuchungen durchaus jede Entstehung der Blutkörperchen durch
unmittelbare Metamorphose der Dotterkugeln gänzlich läugnen.
Es hat zwar späterhin, wenn im Terminalgefässe schon rothes
Blut vorhanden ist, oft den Anschein, als ob einzelne Dotterku-
geln roth gefärbt seyen. Allein diese Täuschung rührt einzig und
allein von der darüber liegenden sehr kleinen Blutinsel her oder
ist nur die Folge der bei durchfallendem Lichte entstehenden
Brechung. Beleuchtet man daher bei schwarzem Grunde den Ge-
genstand von oben und gebraucht man als Ocular ein aplanati-
sches Glas, so sieht man bald seinen Irrthum ein Eine andere
Quelle der Täuschung kann hier, wie es auch bei Baumgärtner
geschehen, aus der Untersuchung von Embryonen der Amphibien
und Fische hervorgehen, wie wir bald auseinanderzusetzen Gele-

19

Entstehung des Blutes und der Blutgefäſse.
scheinen hier die zwischen den einzelnen Ansammlungen befind-
lichen Lücken oben von dem serösen Blatte bedeckt, unten aber
von der Flüssigkeit, welche sich zwischen dem Keimblatte
und dem Dotter befindet, mittelbar dadurch ausgefüllt zu
werden, daſs das Schleimblatt dem serösen Blatte näher tritt.
Doch konnte ich nicht entscheiden, ob auch in diesen Zwi-
schenräumen, zwischen dem serösen und dem Schleimblatte,
eine Quantität einer hellen Flüssigkeit oder eine durch-
sichtige Membran sich befinde. Das Letztere ist mir das Wahr-
scheinlichste. — Die angesammelte, völlig durchsichtige Flüssig-
keit, also die metamorphosirten Theile des Gefäſsblattes selbst,
scheiden sich nach auſsen zu völlig durchsichtigen, wasserhellen
Massen, den künftigen Gefäſswänden, und nach innen in unbe-
stimmte kugligte oder längliche Körperchen, welche anfangs ganz
dicht an einander liegen, oft sogar noch ohne zu unterscheidende
Grenzen und Nuancen in einander übergehen und, so weit sich
eine Peripherie mit Sicherheit an ihnen wahrnehmen läſst, von
sehr verschiedener Gröſse sind. Ich sah ihren Durchmesser von
0,000304 P. Z. bis 0,000665 P. Z. variiren. Diese Körperchen
sondern sich nun zu bestimmten Kugeln von runder Form, die
0,000608 P. Z. im Durchmesser haben und röthen sich, während
die sie umgebende Masse immer flüssiger wird. Die durchsichtigen
Streifen, welche die Gefäſswandungen bezeichnen, werden in der
Folge immer schmäler — ein Verhältniſs, das wir weiter unten bei
der ersten Entstehung der Drüsen wiederkehren sehen werden. —
Ich muſs daher nach meinen vielfach wiederholten und geprüften Un-
tersuchungen durchaus jede Entstehung der Blutkörperchen durch
unmittelbare Metamorphose der Dotterkugeln gänzlich läugnen.
Es hat zwar späterhin, wenn im Terminalgefäſse schon rothes
Blut vorhanden ist, oft den Anschein, als ob einzelne Dotterku-
geln roth gefärbt seyen. Allein diese Täuschung rührt einzig und
allein von der darüber liegenden sehr kleinen Blutinsel her oder
ist nur die Folge der bei durchfallendem Lichte entstehenden
Brechung. Beleuchtet man daher bei schwarzem Grunde den Ge-
genstand von oben und gebraucht man als Ocular ein aplanati-
sches Glas, so sieht man bald seinen Irrthum ein Eine andere
Quelle der Täuschung kann hier, wie es auch bei Baumgärtner
geschehen, aus der Untersuchung von Embryonen der Amphibien
und Fische hervorgehen, wie wir bald auseinanderzusetzen Gele-

19
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0317" n="289"/><fw place="top" type="header">Entstehung des Blutes und der Blutgefä&#x017F;se.</fw><lb/>
scheinen hier die zwischen den einzelnen Ansammlungen befind-<lb/>
lichen Lücken oben von dem serösen Blatte bedeckt, unten aber<lb/>
von der Flüssigkeit, welche sich zwischen dem Keimblatte<lb/>
und dem Dotter befindet, mittelbar dadurch ausgefüllt zu<lb/>
werden, da&#x017F;s das Schleimblatt dem serösen Blatte näher tritt.<lb/>
Doch konnte ich nicht entscheiden, ob auch in diesen Zwi-<lb/>
schenräumen, zwischen dem serösen und dem Schleimblatte,<lb/>
eine Quantität einer hellen Flüssigkeit oder eine durch-<lb/>
sichtige Membran sich befinde. Das Letztere ist mir das Wahr-<lb/>
scheinlichste. &#x2014; Die angesammelte, völlig durchsichtige Flüssig-<lb/>
keit, also die metamorphosirten Theile des Gefä&#x017F;sblattes selbst,<lb/>
scheiden sich nach au&#x017F;sen zu völlig durchsichtigen, wasserhellen<lb/>
Massen, den künftigen Gefä&#x017F;swänden, und nach innen in unbe-<lb/>
stimmte kugligte oder längliche Körperchen, welche anfangs ganz<lb/>
dicht an einander liegen, oft sogar noch ohne zu unterscheidende<lb/>
Grenzen und Nuancen in einander übergehen und, so weit sich<lb/>
eine Peripherie mit Sicherheit an ihnen wahrnehmen lä&#x017F;st, von<lb/>
sehr verschiedener Grö&#x017F;se sind. Ich sah ihren Durchmesser von<lb/>
0,000304 P. Z. bis 0,000665 P. Z. variiren. Diese Körperchen<lb/>
sondern sich nun zu bestimmten Kugeln von runder Form, die<lb/>
0,000608 P. Z. im Durchmesser haben und röthen sich, während<lb/>
die sie umgebende Masse immer flüssiger wird. Die durchsichtigen<lb/>
Streifen, welche die Gefä&#x017F;swandungen bezeichnen, werden in der<lb/>
Folge immer schmäler &#x2014; ein Verhältni&#x017F;s, das wir weiter unten bei<lb/>
der ersten Entstehung der Drüsen wiederkehren sehen werden. &#x2014;<lb/>
Ich mu&#x017F;s daher nach meinen vielfach wiederholten und geprüften Un-<lb/>
tersuchungen durchaus jede Entstehung der Blutkörperchen durch<lb/>
unmittelbare Metamorphose der Dotterkugeln gänzlich läugnen.<lb/>
Es hat zwar späterhin, wenn im Terminalgefä&#x017F;se schon rothes<lb/>
Blut vorhanden ist, oft den Anschein, als ob einzelne Dotterku-<lb/>
geln roth gefärbt seyen. Allein diese Täuschung rührt einzig und<lb/>
allein von der darüber liegenden sehr kleinen Blutinsel her oder<lb/>
ist nur die Folge der bei durchfallendem Lichte entstehenden<lb/>
Brechung. Beleuchtet man daher bei schwarzem Grunde den Ge-<lb/>
genstand von oben und gebraucht man als Ocular ein aplanati-<lb/>
sches Glas, so sieht man bald seinen Irrthum ein Eine andere<lb/>
Quelle der Täuschung kann hier, wie es auch bei Baumgärtner<lb/>
geschehen, aus der Untersuchung von Embryonen der Amphibien<lb/>
und Fische hervorgehen, wie wir bald auseinanderzusetzen Gele-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">19</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0317] Entstehung des Blutes und der Blutgefäſse. scheinen hier die zwischen den einzelnen Ansammlungen befind- lichen Lücken oben von dem serösen Blatte bedeckt, unten aber von der Flüssigkeit, welche sich zwischen dem Keimblatte und dem Dotter befindet, mittelbar dadurch ausgefüllt zu werden, daſs das Schleimblatt dem serösen Blatte näher tritt. Doch konnte ich nicht entscheiden, ob auch in diesen Zwi- schenräumen, zwischen dem serösen und dem Schleimblatte, eine Quantität einer hellen Flüssigkeit oder eine durch- sichtige Membran sich befinde. Das Letztere ist mir das Wahr- scheinlichste. — Die angesammelte, völlig durchsichtige Flüssig- keit, also die metamorphosirten Theile des Gefäſsblattes selbst, scheiden sich nach auſsen zu völlig durchsichtigen, wasserhellen Massen, den künftigen Gefäſswänden, und nach innen in unbe- stimmte kugligte oder längliche Körperchen, welche anfangs ganz dicht an einander liegen, oft sogar noch ohne zu unterscheidende Grenzen und Nuancen in einander übergehen und, so weit sich eine Peripherie mit Sicherheit an ihnen wahrnehmen läſst, von sehr verschiedener Gröſse sind. Ich sah ihren Durchmesser von 0,000304 P. Z. bis 0,000665 P. Z. variiren. Diese Körperchen sondern sich nun zu bestimmten Kugeln von runder Form, die 0,000608 P. Z. im Durchmesser haben und röthen sich, während die sie umgebende Masse immer flüssiger wird. Die durchsichtigen Streifen, welche die Gefäſswandungen bezeichnen, werden in der Folge immer schmäler — ein Verhältniſs, das wir weiter unten bei der ersten Entstehung der Drüsen wiederkehren sehen werden. — Ich muſs daher nach meinen vielfach wiederholten und geprüften Un- tersuchungen durchaus jede Entstehung der Blutkörperchen durch unmittelbare Metamorphose der Dotterkugeln gänzlich läugnen. Es hat zwar späterhin, wenn im Terminalgefäſse schon rothes Blut vorhanden ist, oft den Anschein, als ob einzelne Dotterku- geln roth gefärbt seyen. Allein diese Täuschung rührt einzig und allein von der darüber liegenden sehr kleinen Blutinsel her oder ist nur die Folge der bei durchfallendem Lichte entstehenden Brechung. Beleuchtet man daher bei schwarzem Grunde den Ge- genstand von oben und gebraucht man als Ocular ein aplanati- sches Glas, so sieht man bald seinen Irrthum ein Eine andere Quelle der Täuschung kann hier, wie es auch bei Baumgärtner geschehen, aus der Untersuchung von Embryonen der Amphibien und Fische hervorgehen, wie wir bald auseinanderzusetzen Gele- 19

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/317
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/317>, abgerufen am 22.11.2024.