Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Embryo.
lin, Mery u. A. beschrieben es auf verschiedene Weise, wie es
Jedem von ihnen erschienen war, je nachdem er es gerade in
diesem oder jenem Momente der Schwangerschaft untersucht
hatte. Der geistreiche Sabatier (hist. de l'acad. roy. d. sc.
Annee
1774. Paris 1778. hist. p. 7. mem. p. 200.) fasste die
Bedeutung desselben allgemeiner auf und stellte es vorzüglich
mit der Valvula Eustachii in nähere Beziehung. Er sah näm-
lich die Eustachische Klappe für ein blosses Fötusorgan, eben so
gut, als das eirunde Loch an. Durch die erstere wird nach ihm
das rechte Atrium in zwei Theile geschieden und zwar in einen
Theil, welcher das Blut der vorderen Hohlvene aufnimmt, wäh-
rend das der hinteren Hohlvene durch das eirunde Loch unmit-
telbar in das linke Atrium gelangt. C. Fr. Wolff (Nov. Com-
ment. acad. Petrop. Vol. XX. leci. d.
11. Jan. 1776.) führte
die Untersuchung des eirunden Loches auf das Genaueste durch.
Nach ihm ist seine Form in beiden Vorhöfen sehr verschieden.
Im rechten wird es nach oben durch den isthmus Vieussenii,
nach unten durch eine halbmondförmige Klappe begrenzt; im lin-
ken dagegen befindet sich über jenem isthmus eine halbmond-
förmige zusammengehüllte Haut, die an beiden Seiten befestigt
ist und einen Sack bildet. Beugt man sie aber so weit zurück,
dass der Bogen zum Vorschein kommt, so zeigt sich zwischen
dem Bogen und der inneren Oberfläche der Membran eine von
diesen Theilen begrenzte Oeffnung. Es giebt also in jedem Ven-
trikel ein eigenes, von dem anderen verschiedenes foramen
ovale
. Beide Sinus communiciren keineswegs durch eine Oeff-
nung, sondern die hintere Hohlvene liegt nur zwischen beiden.
Die in dem rechten Atrium sichtbare Oeffnung führt in den Stamm
der hinteren Hohlvene, die in dem linken Atrium bemerkbare,
das besonders sogenannte foramen ovale, ist eine andere Mün-
dung derselben Hohlvene (p. 362.). Das Loch ist also nichts,
als die linke Oeffnung der hinteren Vena cava, wo sie sich in
den linken Vorhof einsenkt. Hier setzt sie sich an die Basis der
röhrenförmigen Klappe an (p. 371.). Nach der Geburt verwach-
sen beide Mündungen der Hohlvenen. "Et eo magis," fügt er
hinzu (p. 375.), "in hac opinione persuadeor, cum idem sen-
serit perill. L. B. de Haller, cujus magni viri testimonium,
uti in universa anatomia, ita inprimis in illis casibus ma-
ximi ponderis esse debet, ubi plurimus in pluribus cadaveribus

Von dem Embryo.
lin, Mery u. A. beschrieben es auf verschiedene Weise, wie es
Jedem von ihnen erschienen war, je nachdem er es gerade in
diesem oder jenem Momente der Schwangerschaft untersucht
hatte. Der geistreiche Sabatier (hist. de l’acad. roy. d. sc.
Année
1774. Paris 1778. hist. p. 7. mem. p. 200.) faſste die
Bedeutung desselben allgemeiner auf und stellte es vorzüglich
mit der Valvula Eustachii in nähere Beziehung. Er sah näm-
lich die Eustachische Klappe für ein bloſses Fötusorgan, eben so
gut, als das eirunde Loch an. Durch die erstere wird nach ihm
das rechte Atrium in zwei Theile geschieden und zwar in einen
Theil, welcher das Blut der vorderen Hohlvene aufnimmt, wäh-
rend das der hinteren Hohlvene durch das eirunde Loch unmit-
telbar in das linke Atrium gelangt. C. Fr. Wolff (Nov. Com-
ment. acad. Petrop. Vol. XX. leci. d.
11. Jan. 1776.) führte
die Untersuchung des eirunden Loches auf das Genaueste durch.
Nach ihm ist seine Form in beiden Vorhöfen sehr verschieden.
Im rechten wird es nach oben durch den isthmus Vieussenii,
nach unten durch eine halbmondförmige Klappe begrenzt; im lin-
ken dagegen befindet sich über jenem isthmus eine halbmond-
förmige zusammengehüllte Haut, die an beiden Seiten befestigt
ist und einen Sack bildet. Beugt man sie aber so weit zurück,
daſs der Bogen zum Vorschein kommt, so zeigt sich zwischen
dem Bogen und der inneren Oberfläche der Membran eine von
diesen Theilen begrenzte Oeffnung. Es giebt also in jedem Ven-
trikel ein eigenes, von dem anderen verschiedenes foramen
ovale
. Beide Sinus communiciren keineswegs durch eine Oeff-
nung, sondern die hintere Hohlvene liegt nur zwischen beiden.
Die in dem rechten Atrium sichtbare Oeffnung führt in den Stamm
der hinteren Hohlvene, die in dem linken Atrium bemerkbare,
das besonders sogenannte foramen ovale, ist eine andere Mün-
dung derselben Hohlvene (p. 362.). Das Loch ist also nichts,
als die linke Oeffnung der hinteren Vena cava, wo sie sich in
den linken Vorhof einsenkt. Hier setzt sie sich an die Basis der
röhrenförmigen Klappe an (p. 371.). Nach der Geburt verwach-
sen beide Mündungen der Hohlvenen. „Et eo magis,“ fügt er
hinzu (p. 375.), „in hac opinione persuadeor, cum idem sen-
serit perill. L. B. de Haller, cujus magni viri testimonium,
uti in universa anatomia, ita inprimis in illis casibus ma-
ximi ponderis esse debet, ubi plurimus in pluribus cadaveribus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0370" n="342"/><fw place="top" type="header">Von dem Embryo.</fw><lb/>
lin, Mery u. A. beschrieben es auf verschiedene Weise, wie es<lb/>
Jedem von ihnen erschienen war, je nachdem er es gerade in<lb/>
diesem oder jenem Momente der Schwangerschaft untersucht<lb/>
hatte. Der geistreiche Sabatier (<hi rendition="#i">hist. de l&#x2019;acad. roy. d. sc.<lb/>
Année</hi> 1774. <hi rendition="#i">Paris</hi> 1778. <hi rendition="#i">hist. p.</hi> 7. <hi rendition="#i">mem. p.</hi> 200.) fa&#x017F;ste die<lb/>
Bedeutung desselben allgemeiner auf und stellte es vorzüglich<lb/>
mit der <hi rendition="#i">Valvula Eustachii</hi> in nähere Beziehung. Er sah näm-<lb/>
lich die Eustachische Klappe für ein blo&#x017F;ses Fötusorgan, eben so<lb/>
gut, als das eirunde Loch an. Durch die erstere wird nach ihm<lb/>
das rechte Atrium in zwei Theile geschieden und zwar in einen<lb/>
Theil, welcher das Blut der vorderen Hohlvene aufnimmt, wäh-<lb/>
rend das der hinteren Hohlvene durch das eirunde Loch unmit-<lb/>
telbar in das linke Atrium gelangt. C. Fr. Wolff (<hi rendition="#i">Nov. Com-<lb/>
ment. acad. Petrop. Vol. XX. leci. d.</hi> 11. <hi rendition="#i">Jan.</hi> 1776.) führte<lb/>
die Untersuchung des eirunden Loches auf das Genaueste durch.<lb/>
Nach ihm ist seine Form in beiden Vorhöfen sehr verschieden.<lb/>
Im rechten wird es nach oben durch den <hi rendition="#i">isthmus Vieussenii</hi>,<lb/>
nach unten durch eine halbmondförmige Klappe begrenzt; im lin-<lb/>
ken dagegen befindet sich über jenem <hi rendition="#i">isthmus</hi> eine halbmond-<lb/>
förmige zusammengehüllte Haut, die an beiden Seiten befestigt<lb/>
ist und einen Sack bildet. Beugt man sie aber so weit zurück,<lb/>
da&#x017F;s der Bogen zum Vorschein kommt, so zeigt sich zwischen<lb/>
dem Bogen und der inneren Oberfläche der Membran eine von<lb/>
diesen Theilen begrenzte Oeffnung. Es giebt also in jedem Ven-<lb/>
trikel ein eigenes, von dem anderen verschiedenes <hi rendition="#i">foramen<lb/>
ovale</hi>. Beide <hi rendition="#i">Sinus</hi> communiciren keineswegs durch eine Oeff-<lb/>
nung, sondern die hintere Hohlvene liegt nur zwischen beiden.<lb/>
Die in dem rechten Atrium sichtbare Oeffnung führt in den Stamm<lb/>
der hinteren Hohlvene, die in dem linken Atrium bemerkbare,<lb/>
das besonders sogenannte <hi rendition="#i">foramen ovale</hi>, ist eine andere Mün-<lb/>
dung derselben Hohlvene (p. 362.). Das Loch ist also nichts,<lb/>
als die linke Oeffnung der hinteren <hi rendition="#i">Vena cava</hi>, wo sie sich in<lb/>
den linken Vorhof einsenkt. Hier setzt sie sich an die Basis der<lb/>
röhrenförmigen Klappe an (p. 371.). Nach der Geburt verwach-<lb/>
sen beide Mündungen der Hohlvenen. &#x201E;<hi rendition="#i">Et eo magis</hi>,&#x201C; fügt er<lb/>
hinzu (p. 375.), &#x201E;<hi rendition="#i">in hac opinione persuadeor, cum idem sen-<lb/>
serit perill. L. B. de Haller, cujus magni viri testimonium,<lb/>
uti in universa anatomia, ita inprimis in illis casibus ma-<lb/>
ximi ponderis esse debet, ubi plurimus in pluribus cadaveribus</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0370] Von dem Embryo. lin, Mery u. A. beschrieben es auf verschiedene Weise, wie es Jedem von ihnen erschienen war, je nachdem er es gerade in diesem oder jenem Momente der Schwangerschaft untersucht hatte. Der geistreiche Sabatier (hist. de l’acad. roy. d. sc. Année 1774. Paris 1778. hist. p. 7. mem. p. 200.) faſste die Bedeutung desselben allgemeiner auf und stellte es vorzüglich mit der Valvula Eustachii in nähere Beziehung. Er sah näm- lich die Eustachische Klappe für ein bloſses Fötusorgan, eben so gut, als das eirunde Loch an. Durch die erstere wird nach ihm das rechte Atrium in zwei Theile geschieden und zwar in einen Theil, welcher das Blut der vorderen Hohlvene aufnimmt, wäh- rend das der hinteren Hohlvene durch das eirunde Loch unmit- telbar in das linke Atrium gelangt. C. Fr. Wolff (Nov. Com- ment. acad. Petrop. Vol. XX. leci. d. 11. Jan. 1776.) führte die Untersuchung des eirunden Loches auf das Genaueste durch. Nach ihm ist seine Form in beiden Vorhöfen sehr verschieden. Im rechten wird es nach oben durch den isthmus Vieussenii, nach unten durch eine halbmondförmige Klappe begrenzt; im lin- ken dagegen befindet sich über jenem isthmus eine halbmond- förmige zusammengehüllte Haut, die an beiden Seiten befestigt ist und einen Sack bildet. Beugt man sie aber so weit zurück, daſs der Bogen zum Vorschein kommt, so zeigt sich zwischen dem Bogen und der inneren Oberfläche der Membran eine von diesen Theilen begrenzte Oeffnung. Es giebt also in jedem Ven- trikel ein eigenes, von dem anderen verschiedenes foramen ovale. Beide Sinus communiciren keineswegs durch eine Oeff- nung, sondern die hintere Hohlvene liegt nur zwischen beiden. Die in dem rechten Atrium sichtbare Oeffnung führt in den Stamm der hinteren Hohlvene, die in dem linken Atrium bemerkbare, das besonders sogenannte foramen ovale, ist eine andere Mün- dung derselben Hohlvene (p. 362.). Das Loch ist also nichts, als die linke Oeffnung der hinteren Vena cava, wo sie sich in den linken Vorhof einsenkt. Hier setzt sie sich an die Basis der röhrenförmigen Klappe an (p. 371.). Nach der Geburt verwach- sen beide Mündungen der Hohlvenen. „Et eo magis,“ fügt er hinzu (p. 375.), „in hac opinione persuadeor, cum idem sen- serit perill. L. B. de Haller, cujus magni viri testimonium, uti in universa anatomia, ita inprimis in illis casibus ma- ximi ponderis esse debet, ubi plurimus in pluribus cadaveribus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/370
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/370>, abgerufen am 16.06.2024.