Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Embryo.
thieren hat es Rathke bisher nicht gesehen, vermuthet aber der
Analogie halber auch hier seine Existenz. Dies Rohr ist der
falsche Harnleiter. Es liegt immer in der Nähe des äusseren Ran-
des der falschen Niere, bald oben, bald unten. Es verschwindet
durch Resorbtion und seine Stelle nimmt der spätere Ei- oder
Saamenleiter ein, welcher sich mit den eigenthümlichen Gefässen
der falschen Niere verbindet. Bei den Amphibien besteht im
Weibchen seine hintere Hälfte fast so lange, als die falsche Niere
selbst, aus deren hinterm Ende er nach dem Verschwinden seiner
vorderen Hälfte herauszutreten scheint. Im Männchen ist der
falsche Harnleiter schon gänzlich geschwunden, bevor die Wolff-
schen Körper ihren grössten Umfang erreicht haben, wo der an
seine Stelle getretene Saamenleiter sich eben so mit der falschen
Niere verbindet, wie es der frühere falsche Harnleiter mit dieser
gethan, während bei dem Weibchen der Eileiter mit dem Wolff-
schen Körper nie in unmittelbare Communication tritt. -- Die
Wolffschen Körper bestehen bei den Säugethieren (S. 566.) aus
Gefässen, von welchen diejenigen, welche in die Ei- oder Saamen-
leiter einmünden, sich von diesen aus um die falsche Niere von
innen und unten nach aussen und oben und von da um den obern
Rand wieder nach innen und unten herum in die Tiefe sich um-
schlagen. Hier spalten sie sich in feinere Zweige, welche dicht
verschlungen das Innere der falschen Niere sowohl ausfüllen, als
auch an der innern Seite derselben unter der Oberfläche liegen.
Viele von ihnen endigen sich blind, manche dagegen in ein plat-
tes, senkrecht gestelltes Drüsenkorn, welches aus einigen zarten,
parallelen und stark geschlängelten Gefässen besteht. --

Die Nieren (S. 570.) keimen bei allen mit falschen Nieren
versehenen Thieren aus deren oberer und hinterer Seite hervor.
Die Harngefässe stellen zuerst (S. 579.) einige wenige Büschel
dar, die sich an dem inneren Rande der Nieren sammeln und an
ihrer Peripherie mit kleinen Anschwellungen, wie die Luftgefässe
in den Lungen versehen sind. Diese Gefässe vermehren sich,
werden relativ enger. Die geraden Theile eines Büschels dersel-
ben stellen, indem sie an einander rücken, die Ferreinschen Py-
ramiden dar, und bald zeigt sich mit vermehrtem Schleimstoffe
der Unterschied zwischen Medullar- und Corticalsubstanz. Der
Nebenhoden entsteht (S. 592.) nicht aus der falschen Niere, son-
dern aus dem Saamenleiter selbst.

Von dem Embryo.
thieren hat es Rathke bisher nicht gesehen, vermuthet aber der
Analogie halber auch hier seine Existenz. Dies Rohr ist der
falsche Harnleiter. Es liegt immer in der Nähe des äuſseren Ran-
des der falschen Niere, bald oben, bald unten. Es verschwindet
durch Resorbtion und seine Stelle nimmt der spätere Ei- oder
Saamenleiter ein, welcher sich mit den eigenthümlichen Gefäſsen
der falschen Niere verbindet. Bei den Amphibien besteht im
Weibchen seine hintere Hälfte fast so lange, als die falsche Niere
selbst, aus deren hinterm Ende er nach dem Verschwinden seiner
vorderen Hälfte herauszutreten scheint. Im Männchen ist der
falsche Harnleiter schon gänzlich geschwunden, bevor die Wolff-
schen Körper ihren gröſsten Umfang erreicht haben, wo der an
seine Stelle getretene Saamenleiter sich eben so mit der falschen
Niere verbindet, wie es der frühere falsche Harnleiter mit dieser
gethan, während bei dem Weibchen der Eileiter mit dem Wolff-
schen Körper nie in unmittelbare Communication tritt. — Die
Wolffschen Körper bestehen bei den Säugethieren (S. 566.) aus
Gefäſsen, von welchen diejenigen, welche in die Ei- oder Saamen-
leiter einmünden, sich von diesen aus um die falsche Niere von
innen und unten nach auſsen und oben und von da um den obern
Rand wieder nach innen und unten herum in die Tiefe sich um-
schlagen. Hier spalten sie sich in feinere Zweige, welche dicht
verschlungen das Innere der falschen Niere sowohl ausfüllen, als
auch an der innern Seite derselben unter der Oberfläche liegen.
Viele von ihnen endigen sich blind, manche dagegen in ein plat-
tes, senkrecht gestelltes Drüsenkorn, welches aus einigen zarten,
parallelen und stark geschlängelten Gefäſsen besteht. —

Die Nieren (S. 570.) keimen bei allen mit falschen Nieren
versehenen Thieren aus deren oberer und hinterer Seite hervor.
Die Harngefäſse stellen zuerst (S. 579.) einige wenige Büschel
dar, die sich an dem inneren Rande der Nieren sammeln und an
ihrer Peripherie mit kleinen Anschwellungen, wie die Luftgefäſse
in den Lungen versehen sind. Diese Gefäſse vermehren sich,
werden relativ enger. Die geraden Theile eines Büschels dersel-
ben stellen, indem sie an einander rücken, die Ferreinschen Py-
ramiden dar, und bald zeigt sich mit vermehrtem Schleimstoffe
der Unterschied zwischen Medullar- und Corticalsubstanz. Der
Nebenhoden entsteht (S. 592.) nicht aus der falschen Niere, son-
dern aus dem Saamenleiter selbst.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0394" n="366"/><fw place="top" type="header">Von dem Embryo.</fw><lb/>
thieren hat es Rathke bisher nicht gesehen, vermuthet aber der<lb/>
Analogie halber auch hier seine Existenz. Dies Rohr ist der<lb/>
falsche Harnleiter. Es liegt immer in der Nähe des äu&#x017F;seren Ran-<lb/>
des der falschen Niere, bald oben, bald unten. Es verschwindet<lb/>
durch Resorbtion und seine Stelle nimmt der spätere Ei- oder<lb/>
Saamenleiter ein, welcher sich mit den eigenthümlichen Gefä&#x017F;sen<lb/>
der falschen Niere verbindet. Bei den Amphibien besteht im<lb/>
Weibchen seine hintere Hälfte fast so lange, als die falsche Niere<lb/>
selbst, aus deren hinterm Ende er nach dem Verschwinden seiner<lb/>
vorderen Hälfte herauszutreten scheint. Im Männchen ist der<lb/>
falsche Harnleiter schon gänzlich geschwunden, bevor die Wolff-<lb/>
schen Körper ihren grö&#x017F;sten Umfang erreicht haben, wo der an<lb/>
seine Stelle getretene Saamenleiter sich eben so mit der falschen<lb/>
Niere verbindet, wie es der frühere falsche Harnleiter mit dieser<lb/>
gethan, während bei dem Weibchen der Eileiter mit dem Wolff-<lb/>
schen Körper nie in unmittelbare Communication tritt. &#x2014; Die<lb/>
Wolffschen Körper bestehen bei den Säugethieren (S. 566.) aus<lb/>
Gefä&#x017F;sen, von welchen diejenigen, welche in die Ei- oder Saamen-<lb/>
leiter einmünden, sich von diesen aus um die falsche Niere von<lb/>
innen und unten nach au&#x017F;sen und oben und von da um den obern<lb/>
Rand wieder nach innen und unten herum in die Tiefe sich um-<lb/>
schlagen. Hier spalten sie sich in feinere Zweige, welche dicht<lb/>
verschlungen das Innere der falschen Niere sowohl ausfüllen, als<lb/>
auch an der innern Seite derselben unter der Oberfläche liegen.<lb/>
Viele von ihnen endigen sich blind, manche dagegen in ein plat-<lb/>
tes, senkrecht gestelltes Drüsenkorn, welches aus einigen zarten,<lb/>
parallelen und stark geschlängelten Gefä&#x017F;sen besteht. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Die Nieren (S. 570.) keimen bei allen mit falschen Nieren<lb/>
versehenen Thieren aus deren oberer und hinterer Seite hervor.<lb/>
Die Harngefä&#x017F;se stellen zuerst (S. 579.) einige wenige Büschel<lb/>
dar, die sich an dem inneren Rande der Nieren sammeln und an<lb/>
ihrer Peripherie mit kleinen Anschwellungen, wie die Luftgefä&#x017F;se<lb/>
in den Lungen versehen sind. Diese Gefä&#x017F;se vermehren sich,<lb/>
werden relativ enger. Die geraden Theile eines Büschels dersel-<lb/>
ben stellen, indem sie an einander rücken, die Ferreinschen Py-<lb/>
ramiden dar, und bald zeigt sich mit vermehrtem Schleimstoffe<lb/>
der Unterschied zwischen Medullar- und Corticalsubstanz. Der<lb/>
Nebenhoden entsteht (S. 592.) nicht aus der falschen Niere, son-<lb/>
dern aus dem Saamenleiter selbst.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366/0394] Von dem Embryo. thieren hat es Rathke bisher nicht gesehen, vermuthet aber der Analogie halber auch hier seine Existenz. Dies Rohr ist der falsche Harnleiter. Es liegt immer in der Nähe des äuſseren Ran- des der falschen Niere, bald oben, bald unten. Es verschwindet durch Resorbtion und seine Stelle nimmt der spätere Ei- oder Saamenleiter ein, welcher sich mit den eigenthümlichen Gefäſsen der falschen Niere verbindet. Bei den Amphibien besteht im Weibchen seine hintere Hälfte fast so lange, als die falsche Niere selbst, aus deren hinterm Ende er nach dem Verschwinden seiner vorderen Hälfte herauszutreten scheint. Im Männchen ist der falsche Harnleiter schon gänzlich geschwunden, bevor die Wolff- schen Körper ihren gröſsten Umfang erreicht haben, wo der an seine Stelle getretene Saamenleiter sich eben so mit der falschen Niere verbindet, wie es der frühere falsche Harnleiter mit dieser gethan, während bei dem Weibchen der Eileiter mit dem Wolff- schen Körper nie in unmittelbare Communication tritt. — Die Wolffschen Körper bestehen bei den Säugethieren (S. 566.) aus Gefäſsen, von welchen diejenigen, welche in die Ei- oder Saamen- leiter einmünden, sich von diesen aus um die falsche Niere von innen und unten nach auſsen und oben und von da um den obern Rand wieder nach innen und unten herum in die Tiefe sich um- schlagen. Hier spalten sie sich in feinere Zweige, welche dicht verschlungen das Innere der falschen Niere sowohl ausfüllen, als auch an der innern Seite derselben unter der Oberfläche liegen. Viele von ihnen endigen sich blind, manche dagegen in ein plat- tes, senkrecht gestelltes Drüsenkorn, welches aus einigen zarten, parallelen und stark geschlängelten Gefäſsen besteht. — Die Nieren (S. 570.) keimen bei allen mit falschen Nieren versehenen Thieren aus deren oberer und hinterer Seite hervor. Die Harngefäſse stellen zuerst (S. 579.) einige wenige Büschel dar, die sich an dem inneren Rande der Nieren sammeln und an ihrer Peripherie mit kleinen Anschwellungen, wie die Luftgefäſse in den Lungen versehen sind. Diese Gefäſse vermehren sich, werden relativ enger. Die geraden Theile eines Büschels dersel- ben stellen, indem sie an einander rücken, die Ferreinschen Py- ramiden dar, und bald zeigt sich mit vermehrtem Schleimstoffe der Unterschied zwischen Medullar- und Corticalsubstanz. Der Nebenhoden entsteht (S. 592.) nicht aus der falschen Niere, son- dern aus dem Saamenleiter selbst.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/394
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/394>, abgerufen am 15.06.2024.