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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
und hintere Abtheilung desselben blasenförmig an und verdickt
sich in seinen Wandungen, während der übrige Theil dünn und
kanalförmig bleibt, sich sogar immer mehr verdünnt, je stärker
die Ausbildung des unteren Theiles vor sich geht. Die untere
Anschwellung heisst nun Harnblase, die kanalförmige Communi-
cation zwischen dem ausserhalb des Embryonalkörpers befindli-
chen Theile der Allantois und der Harnblase heisst Urachus oder
Harnstrang. Bei dem Menschen und den meisten Säugethieren
ist der Urachus als die unmittelbare Fortsetzung der Harnblase
dadurch bezeichnet, dass er aus ihrem oberen und vorderen Ende
entspringt. Doch fand Rudolphi (über den Embryo der Affen
und einiger anderen Säugethiere. Gelesen in der Berl. Academie
1828. S. 7.), dass bei dem Faulthiere der Urachus nicht aus dem
Grunde, sondern aus der vorderen Wand der Harnblase näher dem
Halse entspringe. -- Die Harnblase des Menschen liegt in früher
Zeit, wie schon J. Fr. Meckel (Anat. IV. S. 487.) bemerkt, au-
sserhalb der Beckenhöhle. Der Harnstrang ist nach ihm noch bei
dem Neugeborenen hohl und lässt sich von der Blase aus eine
grössere oder geringere Strecke in den Nabelstrang hinein verfol-
gen und mit Quecksilber, wie es Röderer schon gethan, anfüllen.
Die Harnleiter münden zuerst in den hintersten und untersten
Theil der Harnblase; vor ihnen münden dagegen die keimberei-
tenden Geschlechtstheile in einen einfachen mittleren Gang, wel-
cher sich in den vordersten und untersten Theil des Canalis
uro-genitalis
einsenkt. Dieser einfache mittlere Geschlechtsgang
findet sich zuerst bei dem Männchen ebenso gut, als bei dem
Weibchen. Bei dem ersteren bleibt er sehr dünn und zart, nimmt
die beiden Saamengänge an seinen beiden Seiten auf, verkürzt
sich allmählig und wächst gleichsam in den bleibenden und sich
nur metamorphosirenden Theil des Canalis uro-genitalis hinein.
Dadurch erhält dann natürlich jeder Saamengang seine eigene, von
dem anderen getrennte Mündung. Bei dem Weibchen dagegen wird
dieser unpaare Geschlechtstheil grösser, verlängert sich besonders
von hinten nach vorn, erhält eine dichtere Textur und bleibt als
Fruchthälter oder Uterus. Die Trompeten bilden entweder, in-
dem sie sich an ihren Mündungsstellen berühren, einen Uterus
bicornis
, wie bei den meisten Säugethieren, oder werden durch
das sich fortbildende Mittelstück, welches hier zum fundus uteri
wird, getrennt, wie bei dem Menschen. Indem sich aber der

Von dem Embryo.
und hintere Abtheilung desselben blasenförmig an und verdickt
sich in seinen Wandungen, während der übrige Theil dünn und
kanalförmig bleibt, sich sogar immer mehr verdünnt, je stärker
die Ausbildung des unteren Theiles vor sich geht. Die untere
Anschwellung heiſst nun Harnblase, die kanalförmige Communi-
cation zwischen dem auſserhalb des Embryonalkörpers befindli-
chen Theile der Allantois und der Harnblase heiſst Urachus oder
Harnstrang. Bei dem Menschen und den meisten Säugethieren
ist der Urachus als die unmittelbare Fortsetzung der Harnblase
dadurch bezeichnet, daſs er aus ihrem oberen und vorderen Ende
entspringt. Doch fand Rudolphi (über den Embryo der Affen
und einiger anderen Säugethiere. Gelesen in der Berl. Academie
1828. S. 7.), daſs bei dem Faulthiere der Urachus nicht aus dem
Grunde, sondern aus der vorderen Wand der Harnblase näher dem
Halse entspringe. — Die Harnblase des Menschen liegt in früher
Zeit, wie schon J. Fr. Meckel (Anat. IV. S. 487.) bemerkt, au-
ſserhalb der Beckenhöhle. Der Harnstrang ist nach ihm noch bei
dem Neugeborenen hohl und läſst sich von der Blase aus eine
gröſsere oder geringere Strecke in den Nabelstrang hinein verfol-
gen und mit Quecksilber, wie es Röderer schon gethan, anfüllen.
Die Harnleiter münden zuerst in den hintersten und untersten
Theil der Harnblase; vor ihnen münden dagegen die keimberei-
tenden Geschlechtstheile in einen einfachen mittleren Gang, wel-
cher sich in den vordersten und untersten Theil des Canalis
uro-genitalis
einsenkt. Dieser einfache mittlere Geschlechtsgang
findet sich zuerst bei dem Männchen ebenso gut, als bei dem
Weibchen. Bei dem ersteren bleibt er sehr dünn und zart, nimmt
die beiden Saamengänge an seinen beiden Seiten auf, verkürzt
sich allmählig und wächst gleichsam in den bleibenden und sich
nur metamorphosirenden Theil des Canalis uro-genitalis hinein.
Dadurch erhält dann natürlich jeder Saamengang seine eigene, von
dem anderen getrennte Mündung. Bei dem Weibchen dagegen wird
dieser unpaare Geschlechtstheil gröſser, verlängert sich besonders
von hinten nach vorn, erhält eine dichtere Textur und bleibt als
Fruchthälter oder Uterus. Die Trompeten bilden entweder, in-
dem sie sich an ihren Mündungsstellen berühren, einen Uterus
bicornis
, wie bei den meisten Säugethieren, oder werden durch
das sich fortbildende Mittelstück, welches hier zum fundus uteri
wird, getrennt, wie bei dem Menschen. Indem sich aber der

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[418/0446] Von dem Embryo. und hintere Abtheilung desselben blasenförmig an und verdickt sich in seinen Wandungen, während der übrige Theil dünn und kanalförmig bleibt, sich sogar immer mehr verdünnt, je stärker die Ausbildung des unteren Theiles vor sich geht. Die untere Anschwellung heiſst nun Harnblase, die kanalförmige Communi- cation zwischen dem auſserhalb des Embryonalkörpers befindli- chen Theile der Allantois und der Harnblase heiſst Urachus oder Harnstrang. Bei dem Menschen und den meisten Säugethieren ist der Urachus als die unmittelbare Fortsetzung der Harnblase dadurch bezeichnet, daſs er aus ihrem oberen und vorderen Ende entspringt. Doch fand Rudolphi (über den Embryo der Affen und einiger anderen Säugethiere. Gelesen in der Berl. Academie 1828. S. 7.), daſs bei dem Faulthiere der Urachus nicht aus dem Grunde, sondern aus der vorderen Wand der Harnblase näher dem Halse entspringe. — Die Harnblase des Menschen liegt in früher Zeit, wie schon J. Fr. Meckel (Anat. IV. S. 487.) bemerkt, au- ſserhalb der Beckenhöhle. Der Harnstrang ist nach ihm noch bei dem Neugeborenen hohl und läſst sich von der Blase aus eine gröſsere oder geringere Strecke in den Nabelstrang hinein verfol- gen und mit Quecksilber, wie es Röderer schon gethan, anfüllen. Die Harnleiter münden zuerst in den hintersten und untersten Theil der Harnblase; vor ihnen münden dagegen die keimberei- tenden Geschlechtstheile in einen einfachen mittleren Gang, wel- cher sich in den vordersten und untersten Theil des Canalis uro-genitalis einsenkt. Dieser einfache mittlere Geschlechtsgang findet sich zuerst bei dem Männchen ebenso gut, als bei dem Weibchen. Bei dem ersteren bleibt er sehr dünn und zart, nimmt die beiden Saamengänge an seinen beiden Seiten auf, verkürzt sich allmählig und wächst gleichsam in den bleibenden und sich nur metamorphosirenden Theil des Canalis uro-genitalis hinein. Dadurch erhält dann natürlich jeder Saamengang seine eigene, von dem anderen getrennte Mündung. Bei dem Weibchen dagegen wird dieser unpaare Geschlechtstheil gröſser, verlängert sich besonders von hinten nach vorn, erhält eine dichtere Textur und bleibt als Fruchthälter oder Uterus. Die Trompeten bilden entweder, in- dem sie sich an ihren Mündungsstellen berühren, einen Uterus bicornis, wie bei den meisten Säugethieren, oder werden durch das sich fortbildende Mittelstück, welches hier zum fundus uteri wird, getrennt, wie bei dem Menschen. Indem sich aber der

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/446>, abgerufen am 25.11.2024.