Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.Von dem Embryo. zuzunehmen, ja sogar sich zu verkürzen. An dem Scheidengewölbedagegen sondert sich der Vaginaltheil der Gebärmutter deutlicher und bestimmter ab. Die Unebenheiten der inneren Oberfläche erscheinen schon sehr frühzeitig; sie werden selbst als Ansamm- lung dichterer und daher dunkeler Massen schon angelegt, sobald die Abschliessung der Harnröhre begonnen. So viel über die all- gemeinen Verhältnisse der äusseren Sphäre der weiblichen Geni- talien, wie sie bei den Säugethieren sowohl, als bei dem Men- schen leicht beobachtet werden können. Man sieht, dass diese aus eigenen Erfahrungen gewonnenen Resultate fast nur Bestä- tigungen der Beobachtungen von Tiedemann, Joh. Fr. Meckel, J. Müller und vorzüglich von Rathke sind. Nun sey es uns nur noch er- laubt, einige specielle Data, die vorzüglich den Menschen betreffen, hier anzureihen. Wir folgen hierin besonders J. Fr. Meckel, welcher an dem Menschen die meisten Untersuchungen angestellt hat. Nach ihm (menschl. Anat. IV. S. 591.) ist der Uterus bis zum Ende des dritten Monates zweihörnig und erweitert sich am Ende des vier- ten Monates, um den Fundus zu bilden. Während des ganzen Fruchtlebens und noch später finden sich auf der inneren Ober- fläche der Gebärmutter Runzeln, welche gegen die Mündungen der Trompeten zu convergiren. Der äussere Muttermund erscheint als ein kleiner Vorsprung der Gebärmutter in die Scheide, der sich jedoch so sehr vergrössert, dass in der letzten Zeit des Fö- tuslebens die portio vaginalis grösser ist, als späterhin. Sie ist anfangs uneben, faltig und ungleich, wird späterhin glatt, so dass der Muttermund zuletzt als eine einfache quere Spalte erscheint (S. 592.). Der Canalis uro-genitalis ist, wie J. Müller (Bildungsgesch. der Genitalien S. 88.) gezeigt hat und ich selbst bestätigen kann, ein Gang, welcher eben so gut den Harn- als den Geschlechtsor- ganen angehört. Später trennt er sich in die obere (vordere) noch verhältnissmässig sehr weite Harnröhre und die ziemlich lange und weite Scheide (vergl. die Abbildung. bei Joh. Müller l. c. tab. IV. fig. 9. c.), so dass man dann einen einfachen Kanal hat, welchen Joh. Müller (l. c. S. 89.) Aditus uro-genitalis nennt, der sich oben in die nach vorn gehende Urethra und das nach hinten gehende Scheidengewölbe spaltet. Dieses letztere vergrössert sich nun immer mehr auf Kosten der ersteren, so dass indem zugleich Uterus und Scheide sich nach vorn (oben) be- stimmter sondern, das Scheidengewölbe die Oberhand über die Von dem Embryo. zuzunehmen, ja sogar sich zu verkürzen. An dem Scheidengewölbedagegen sondert sich der Vaginaltheil der Gebärmutter deutlicher und bestimmter ab. Die Unebenheiten der inneren Oberfläche erscheinen schon sehr frühzeitig; sie werden selbst als Ansamm- lung dichterer und daher dunkeler Massen schon angelegt, sobald die Abschlieſsung der Harnröhre begonnen. So viel über die all- gemeinen Verhältnisse der äuſseren Sphäre der weiblichen Geni- talien, wie sie bei den Säugethieren sowohl, als bei dem Men- schen leicht beobachtet werden können. Man sieht, daſs diese aus eigenen Erfahrungen gewonnenen Resultate fast nur Bestä- tigungen der Beobachtungen von Tiedemann, Joh. Fr. Meckel, J. Müller und vorzüglich von Rathke sind. Nun sey es uns nur noch er- laubt, einige specielle Data, die vorzüglich den Menschen betreffen, hier anzureihen. Wir folgen hierin besonders J. Fr. Meckel, welcher an dem Menschen die meisten Untersuchungen angestellt hat. Nach ihm (menschl. Anat. IV. S. 591.) ist der Uterus bis zum Ende des dritten Monates zweihörnig und erweitert sich am Ende des vier- ten Monates, um den Fundus zu bilden. Während des ganzen Fruchtlebens und noch später finden sich auf der inneren Ober- fläche der Gebärmutter Runzeln, welche gegen die Mündungen der Trompeten zu convergiren. Der äuſsere Muttermund erscheint als ein kleiner Vorsprung der Gebärmutter in die Scheide, der sich jedoch so sehr vergröſsert, daſs in der letzten Zeit des Fö- tuslebens die portio vaginalis gröſser ist, als späterhin. Sie ist anfangs uneben, faltig und ungleich, wird späterhin glatt, so daſs der Muttermund zuletzt als eine einfache quere Spalte erscheint (S. 592.). Der Canalis uro-genitalis ist, wie J. Müller (Bildungsgesch. der Genitalien S. 88.) gezeigt hat und ich selbst bestätigen kann, ein Gang, welcher eben so gut den Harn- als den Geschlechtsor- ganen angehört. Später trennt er sich in die obere (vordere) noch verhältniſsmäſsig sehr weite Harnröhre und die ziemlich lange und weite Scheide (vergl. die Abbildung. bei Joh. Müller l. c. tab. IV. fig. 9. c.), so daſs man dann einen einfachen Kanal hat, welchen Joh. Müller (l. c. S. 89.) Aditus uro-genitalis nennt, der sich oben in die nach vorn gehende Urethra und das nach hinten gehende Scheidengewölbe spaltet. Dieses letztere vergröſsert sich nun immer mehr auf Kosten der ersteren, so daſs indem zugleich Uterus und Scheide sich nach vorn (oben) be- stimmter sondern, das Scheidengewölbe die Oberhand über die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0452" n="424"/><fw place="top" type="header">Von dem Embryo.</fw><lb/> zuzunehmen, ja sogar sich zu verkürzen. An dem Scheidengewölbe<lb/> dagegen sondert sich der Vaginaltheil der Gebärmutter deutlicher<lb/> und bestimmter ab. Die Unebenheiten der inneren Oberfläche<lb/> erscheinen schon sehr frühzeitig; sie werden selbst als Ansamm-<lb/> lung dichterer und daher dunkeler Massen schon angelegt, sobald<lb/> die Abschlieſsung der Harnröhre begonnen. 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Von dem Embryo.
zuzunehmen, ja sogar sich zu verkürzen. An dem Scheidengewölbe
dagegen sondert sich der Vaginaltheil der Gebärmutter deutlicher
und bestimmter ab. Die Unebenheiten der inneren Oberfläche
erscheinen schon sehr frühzeitig; sie werden selbst als Ansamm-
lung dichterer und daher dunkeler Massen schon angelegt, sobald
die Abschlieſsung der Harnröhre begonnen. So viel über die all-
gemeinen Verhältnisse der äuſseren Sphäre der weiblichen Geni-
talien, wie sie bei den Säugethieren sowohl, als bei dem Men-
schen leicht beobachtet werden können. Man sieht, daſs diese
aus eigenen Erfahrungen gewonnenen Resultate fast nur Bestä-
tigungen der Beobachtungen von Tiedemann, Joh. Fr. Meckel, J.
Müller und vorzüglich von Rathke sind. Nun sey es uns nur noch er-
laubt, einige specielle Data, die vorzüglich den Menschen betreffen,
hier anzureihen. Wir folgen hierin besonders J. Fr. Meckel, welcher
an dem Menschen die meisten Untersuchungen angestellt hat. Nach
ihm (menschl. Anat. IV. S. 591.) ist der Uterus bis zum Ende des
dritten Monates zweihörnig und erweitert sich am Ende des vier-
ten Monates, um den Fundus zu bilden. Während des ganzen
Fruchtlebens und noch später finden sich auf der inneren Ober-
fläche der Gebärmutter Runzeln, welche gegen die Mündungen
der Trompeten zu convergiren. Der äuſsere Muttermund erscheint
als ein kleiner Vorsprung der Gebärmutter in die Scheide, der
sich jedoch so sehr vergröſsert, daſs in der letzten Zeit des Fö-
tuslebens die portio vaginalis gröſser ist, als späterhin. Sie ist
anfangs uneben, faltig und ungleich, wird späterhin glatt, so daſs
der Muttermund zuletzt als eine einfache quere Spalte erscheint (S.
592.). Der Canalis uro-genitalis ist, wie J. Müller (Bildungsgesch.
der Genitalien S. 88.) gezeigt hat und ich selbst bestätigen kann,
ein Gang, welcher eben so gut den Harn- als den Geschlechtsor-
ganen angehört. Später trennt er sich in die obere (vordere)
noch verhältniſsmäſsig sehr weite Harnröhre und die ziemlich
lange und weite Scheide (vergl. die Abbildung. bei Joh. Müller
l. c. tab. IV. fig. 9. c.), so daſs man dann einen einfachen Kanal
hat, welchen Joh. Müller (l. c. S. 89.) Aditus uro-genitalis
nennt, der sich oben in die nach vorn gehende Urethra und das
nach hinten gehende Scheidengewölbe spaltet. Dieses letztere
vergröſsert sich nun immer mehr auf Kosten der ersteren, so daſs
indem zugleich Uterus und Scheide sich nach vorn (oben) be-
stimmter sondern, das Scheidengewölbe die Oberhand über die
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